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Kiel: Climate Emergency

In der Ratsversammlung vom 16. Mai beschlossen SPD, Grüne, FDP, Linke, die Partei Und SSW, dass in Kiel Climate Emergency (Klimanotstand) ausgerufen wird. Das bedeutet eine höhere Priorität für den Klimaschutz : “Bei allen Handlungen und Beschlüssen der Landeshauptstadt Kiel und der Selbstverwaltung werden wir die Auswirkung auf das Klima berücksichtigen. Ziel ist es, bei allen Maßnahmen die Auswirkung auf das Klima so gering wie möglich zu halten bzw. Maßnahmen mit höherer Klimafreundlichkeit zu fördern. Diesen Grundsatz werden wir auf die städtischen Beteiligungen übertragen.”

Außerdem sollen Maßnahmen aus dem Masterplan „100 Prozent Klimaschutz“ zügiger umgesetzt werden. Da müssen dann mehr Radwege eingerichtet und die Stadtbahn energisch vorangetrieben werden. In der Diskussion in der Ratsversammlung wurde sogar ein autofreier Sonntag angedacht. Obwohl auch die Fraktion der CDU die Notwendigkeit von mehr Klimaschutz anerkennt, hat sie sich dem Beschluss nicht angeschlossen. Sie hält den Begriff Emergency (Notstand) für übertrieben.

Was steht im Masterplan Klimaschutz?

Letztendlich sind es die Bürger*innen, die den Klimaschutz leben oder auch nicht. Aber einige Stellschrauben hat auch die Kommunalpolitik. Wie der Bericht zum Masterplan Klimaschutz darlegt, ist der Verkehr der wichtigste Einflussbereich für die Verwaltung. Dabei geht es nicht nur um mehr Elektromobilität, sondern um weniger Verkehr insgesamt. Das Mittel der Wahl ist hier die Parkraumverknappung. Wichtig sind aber auch alle Alternativen zum Individualverkehr. Ob Fahrradwege, günstiger und guter öffentlicher Nahverkehr oder Carsharing: alle Maßnahmen, die das Auto überflüssig machen, sind im Sinne des Klimaschutzes.

Fridays for Future zeigt Wirkung: Kiel ruft den Klimanotstand aus

Der anhaltende Protest der Kinder und Jugendlichen, die in Kiel und weltweit freitags in den „Schulstreik“ treten, zeigt Wirkung. Die Kinder und Jugendlichen fordern mehr Klimaschutz, denn sie sind es, die die Auswirkungen der Klimakatastrophe am meisten zu spüren bekommen werden. Darauf hat die Ratsversammlung jetzt reagiert: “Ziel ist es, als Teil der Weltgemeinschaft zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens mit den verfügbaren kommunalen Einflussmöglichkeiten beizutragen“, so steht es im Antrag. Auch wenn die Ausrufung des Klimanotstands nur eine politische Selbstverpflichtung ist, bedeutet sie doch, dass das Klima in Zukunft ein wichtigeres Thema sein wird. Bei allen anstehenden Beschlüssen kann darauf verwiesen werden. Diesen Weg gehen auch Konstanz, Vancouver, Oakland, Los Angeles, Basel und Großbritannien. Auf Englisch heißt das Climate Emergency, und das ist auch der Begriff, den der Beschluss verwendet. Der englische Begriff wurde gewählt, um die juristischen Konnotationen des Wortes Notstand zu umgehen. Außerdem kann sich Kiel so in eine internationale Bewegung einreihen.

Das Foto zeigt ein Stück „Urwald“ mitten in Kiel. Für den Klimaschutz wäre es auch wünschenswert, Grünflächen zu erhalten.

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Bericht in den Kieler Nachrichten

Fridays for Future: Schule verpassen fürs Klima

Neulich am Ende einer Fridays for Future Demo in Kiel hatte ich die Gelegenheit mit einigen Schüler*innen zu sprechen. Ich wollte wissen, ob ihre Teilnahme zu Problemen mit der Schule führt. Der jüngste Schüler war 10 Jahre alt, der älteste ging in die 10. Klasse, war also etwa 15 Jahre alt. Es regnete, und wir standen gemeinsam an einer Bushaltestelle.

Was passiert, wenn man unentschuldigt fehlt?

Die verpassten Stunden kommen als unentschuldigte Fehltage ins Zeugnis. Eine Schülerin war zum ersten Mal demonstrieren und hatte sich für den ganzen Vormittag abgemeldet. Die Routinierteren gehen aber nach der Demo wieder in die Schule.

Wie ist es mit verpasstem Stoff?

Das kann tatsächlich ärgerlich sein. Die Schüler*innen erklären mir, dass es nichts macht, Unterricht zu verpassen in Fächern, in denen sie gut sind. Aber da, wo sie schwächeln, ist es mühsam, sich den Stoff dann privat anzueignen.

Wie gehen die Kieler Schulen mit dem Phänomen Fridays for Future um?

Es kommt vor, dass freitags Klassenarbeiten geschrieben werden. Dann gehen sie nicht demonstrieren, da sind sich meine Gesprächspartner*innen einig. Natürlich müssen Schulleiter*innen ihrem Amt gemäß für die Schulpflicht eintreten. Dennoch scheint es Unterschiede zu geben. Die Hebbelschule wird als besonders streng empfunden. “Am Tag der großen Demo haben sie uns nicht rausgelassen”, sagt eine Schülerin dieser Schule. Dagegen wurde die Vermutung geäußert, dass die Schulleiterin der Gelehrtenschule insgeheim Sympathie für die Bewegung hegt.

Es gehen nicht alle Schüler*innen demonstrieren.

Meistens entscheidet eine Gruppe von Freunden, gemeinsam zur Demo zu gehen. Aber es bleiben auch immer viele Schüler*innen im Unterricht. Es ist eine ganz individuelle Entscheidung, die von den anderen respektiert wird. Das zumindest ist die Erfahrung der Kinder und Jugendlichen, mit denen ich sprach. Nur am Tag der großen Demonstration war es anders. “Da sind in meiner Klasse nur drei Leute in der Schule geblieben”, erzählt eine Schülerin.

Das größte Opfer, das die Jugendlichen für Fridays for Future erbringen, scheint der verpasste Unterricht zu sein. Bei schwächeren Schüler*innen kann das die Noten drücken, was ihre weiteren Ausbildungsmöglichkeiten einschränkt. Andererseits ist die Teilhabe an einer Bewegung, die möglicherweise die Welt verändert, auch eine wichtige Erfahrung. Vielleicht wichtiger als Noten.

Anlässlich der Europawahl wird in mindestens 250 Orten am Freitag, den 24. Mai gestreikt. Auch in Kiel – um 9:30 Uhr am Rathaus. https://fridaysforfuture.de/klimawahl/

Rentnerin vermisst

Nachtrag vom 5.5. um 15.33: Die Vermisste ist gefunden worden!

Polizeiliche Mitteilung: Seit Samstagabend wird die 71 Jahre alte Edeltraut Rennemann aus Kiel-Hassee vermisst. Sie ist orientierungslos und könnte sich im gesamten Kieler Stadtgebiet aufhalten. Bisherige Suchmaßnahmen der Polizei haben zu keinem Erfolg geführt. Wir bitten Medien und Bevölkerung um Mithilfe.

Frau Rennemann ist 168cm groß und auffallend dünn. Ebenfalls auffallend sind große Zahnlücken und eine frische Wunde am Kinn. Sie dürfte einen Wintermantel aus Kunstfell tragen und insgesamt dunkel gekleidet sein.

Wer die Frau gesehen hat oder Angaben zu ihrem Aufenthaltsort machen kann, wird gebeten, sich mit der Polizei über 110 oder 0431 / 160 3333 in Verbindung zu setzen.

Arbeiten mit Kind am Rockzipfel

Das Coworking-Büro Rockzipfel verbindet Kinderbetreuung mit Arbeitszeit für die Eltern. Es richtet sich an Eltern, die keinen Kitaplatz finden oder die ganz bewusst ihr Kind erst spät oder gar nicht in Fremdbetreuung geben möchten. Was früher normal war – die Kinder selber erziehen – ist heute ein neuer Trend und heißt Attachment Parenting. Dazu gleich mehr.

Rockzipfel in einer geräumigen Wohnung.

Die geräumige Altbauwohnung ganz in der Nähe des Blücherplatzes hat ein großes Spielzimmer, eine Küche, einen Büroraum und einen Ruheraum mit Kinderbett und Matratzen. Wenn niemand ruht, kann der Ruheraum auch zum Telefonieren genutzt werden. 16 Stunden kosten 100 Euro für Mitglieder und 120 Euro für Nichtmitglieder. Die Mitgliedschaft im Verein Rockzipfel wird eigentlich gewünscht, weil die Gemeinschaft und nicht der Service im Mittelpunkt stehen soll. Eine Schnupperwoche ist möglich. Die Eltern beaufsichtigen abwechselnd die Kinder während die anderen Eltern am Laptop arbeiten oder die Zeit nutzen , um zu lesen oder Emails zu beantworten. Von den 16 Stunden sollten etwa vier Stunden für Kinderbetreuung eingeplant werden. Die Kinder, die zur Zeit das Angebot nutzen rangieren im Alter von 10 Monaten bis zu fünf Jahren.

Attachment Parenting

Der Rockzipfel sieht sich in der Tradition des Attachment Parenting. Diese pädagogische Richtung orientiert sich radikal an den Bedürfnissen des Kindes. Maßgebliche Bücher sind Benjamin Spocks “Säuglings- und Kinderpflege” von 1946, dann Jean Liedloffs “Auf der Suche nach dem verlorenen Glück” von 1975 und William Sears “Creative Parenting” von 1982. Der Begriff Attachment Parenting bürgerte sich erst später ein. Empfohlen wird , die Babys viel zu tragen, sie bei den Eltern schlafen zu lassen, und sie erst in den Kindergarten zu schicken, wenn sie sprechen können. Die Idee ist, dass Kinder, deren Bedürfnis nach Geborgenheit maximal erfüllt wird, zu seelisch robusten Erwachsenen werden. Das Attachment Parenting verlangt den Eltern einiges an Zeit und Geduld ab. Vor allem das Erziehen zu Hause wird immer schwieriger, da immer mehr Kinder in die Kita gehen und somit nicht mehr als Spielkameraden in der Nachbarschaft zur Verfügung stehen. So entstand bei den Gründerinnen des Rockzipfels die Idee, die Kinder gemeinsam zu betreuen, sodass sie mit anderen Kindern spielen können und die Eltern gleichzeitig ein wenig arbeiten können.

Rockzipfel eröffnete im August 2018

Das Gründerteam um Sabrina Theophil und Gina Jaschik recherchierte nach Modellen, wie man Kinder gemeinsam aufwachsen lässt, ohne sie von den Eltern zu trennen. Leitidee war das afrikanische Sprichwort, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen. In Leipzig fanden sie ein Vorbild für das Konzept des Rockzipfels: ein Coworking-Space mit gemeinsamer Kinderbetreuung. Sie lernten, wie man einen Verein gründet und suchten eine Wohnung. Im August 2018 war es dann so weit: der Verein konnte seine Arbeit aufnehmen. Sie erreichten auch eine Finanzhilfe vom Jugendamt von knapp 6.000 Euro für das Jahr 2019, was nicht viel ist im Vergleich zu den Zuwendungen, die Kitas erhalten.

Ausblick und Zukunftssorgen

Da es zur Zeit wenig Nutzer*innen gibt, hat das Büro nur an zwei Tagen in der Woche geöffnet und zwei Ehrenamtliche arbeiten mit, damit die Eltern auf ihre Stunden kommen. Geplant sind aber weitere Öffnungstage. Svenja, mit der ich sprach sagt, der Verein suche dringend Familien, die sich von diesem Konzept angesprochen fühlen. “Die nächsten Monate sind entscheidend für unser Fortbestehen“. Es wäre doch schade, wenn eine so kinderfreundliche Idee keinen Fortbestand in Kiel hätte.

Kontakt:

Rockzipfel Kiel e.V., Esmarchstraße 44, 24105 Kiel, Tel 0431 6966 3835

www.rockzipfel-kiel.de

facebook.com/Rockzipfel.Kiel

Infos über Attachment Parenting: https://de.wikipedia.org/wiki/Attachment_Parenting

www.naturalchild.org

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Große Kieler Demo für eine autofreie Stadt

Etwa 2.000 Teilnehmer*innen (Schätzung VCD) , oder 1.600 (Schätzung Polizei) demonstrierten für eine autofreie Stadt. Es ist eine der größeren Demonstrationen, die Kiel erlebt hat. Es begann mit einer Auftaktveranstaltung auf dem Platz der Matrosen. Dann bewegte sich der Demonstrationszug zum Theodor-Heuss-Ring westlich vom Barkauer Kreuz. Eine Seite der Straße war für die Demonstration genehmigt worden. Am Ende machten etwa 200 Personen eine Sitzblockade. Die letzten 20 Personen wurden nach 19 Uhr von der Polizei von der Straße weggetragen.

Straßenparty auf dem Theodor-Heuss-ring
autofrei-Demonstration in Kiel

Die Klimaaktivisten TKKG hatten zur Demonstration aufgerufen. Das Motto war: Straßenparty statt rush hour! Zahlreiche verkehrspolitisch oder klimapolitisch engagierte Gruppen schlossen sich dem Aufruf an.

Bevor es losging, fragte ich einige der Demonstrierenden nach ihren Motiven. Es sei wichtig, auf die verfehlte Verkehrspolitik zu reagieren, sagte eine Person. Sie nannte Kiel eine autofreundliche Stadt. Der ÖPNV sei zu teuer, sagte eine andere Person. Zwei leidenschaftliche Fahrradfahrerinnen stören sich an den Abgasen, die sie einatmen müssen. Und auch an die armen Anwohner*innen des Theodor-Heuss-Rings wurde gedacht.

Aus Holz gezimmerte Gehrahmen veranschaulichten den Platz , den jedes Auto beansprucht.

Eine Sprecherin von Extinction Rebellion bedauerte, dass sich die Welt vom 1,5 Grad Ziel anscheinend verabschiedet hat. Verheerende Naturkatastrophen wären die Konsequenz. Eine Sache könne jede*r für das Klima tun: Das Auto stehen lassen. Der Sprecher von der Antifaschistischen Jugend Kiel brachte die Problematik auf die knackige Formel: “March now, swim later.” Sehr passend für Kiel mit seiner Lage am Meer!

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Wagengruppe Schlagloch jetzt in der Stormarnstraße

Für die Wagengruppe Schlagloch beginnt wieder eine Zeit der Unsicherheit. Sie haben sich letzten Freitag auf dem Parkplatz gegenüber dem ehemaligen Baumarkt Bauhaus in der Stormarnstraße niedergelassen. Die Besitzerin scheint eine Frau Merle Glüsing von der Firma Glüsing aus Cuxhaven zu sein, die über die Besetzung ihres Grundstücks nicht so glücklich sein soll. Aber man ist im direkten Kontakt. Die Gruppe wäre bereit, eine angemessene Pacht zu zahlen. Ihre Anwesenheit hätte auch für die Besitzerin den Vorteil, dass der Parkplatz nicht zu einem spontanen Müllabladeplatz verkommt.

Abschied von der Werftbahnstraße

Davor hatte die Gruppe Schlagloch für ca ein halbes Jahr auf einem ehemaligen Gebrauchtwagenplatz an der Ecke Werftstraße/ Werftbahnstraße ihr Domizil. Es war mit den Besitzern abgemacht , dass sie den Platz bis zum 15. April räumen. Daran haben sie sich gehalten. Nach einem rauschenden Abschiedsfest mit über 400 Teilnehmer*innen, zog die Gruppe weiter. Hannah sagte: “Wir wollen zuverlässig sein, denn es gibt ja immer wieder Möglichkeiten der Zwischennutzung.” Auf dem Gelände in der Werftbahnstraße, das mit der Kreativschmiede W8 zusammenhängt, soll “Kool-Kiel” entstehen, ein Hochhaus mit Hotel und Wohnraum.

Suche nach einem Platz

Optimal wäre ein dauerhafter Platz, erklärten mir meine Gesprächspartner*innen, aber Zwischennutzungen von einigen Monaten sind auch eine willkommene Option. “Wir sind ja mobil”, sagte einer der Bewohner über ihre Häuser auf Rädern. Der Parkplatz in der Stormarnstraße gefällt der Gruppe sehr gut. Sie haben hier einen ausreichend großen Platz mit festem Untergrund. Der Platz ist relativ zentral und ruhiger als in der Werftbahnstraße. Es sind keine Wohnhäuser in direkter Nähe, sodass sie nicht stören. Der Parkplatz wird nicht genutzt, seitdem Bauhaus schloss. Hier würden sie gerne eine Weile bleiben. Auf ihrer Webseite findet sich eine Liste von möglichen anderen Standorten, für die sie aber in keinem Fall eine Erlaubnis haben. Es ist also ganz ungewiss, wie es weiter geht.

Keine Hilfe aus der Verwaltung

In der Verwaltung dürfen sie sich erst wieder Mitte Mai melden, sagen sie. Die Verwaltung steht bis jetzt auf dem Standpunkt, sie könnten in den Aubrook ziehen. Der Aubrook 100 ist ein bislang geduldeter Bauwagenplatz. Allerdings ist der Aubrook anders organisiert. Im Aubrook hat jeder Bauwagen seine eigene Parzelle. Der einzige freie Platz dort zur Zeit ist ein etwas abschüssiges Gelände, auf dem die umgebauten LKWs nicht stehen können, vor allem können sie nicht bequem von dort wegfahren. Einige der Leute von der Wagengruppe Schlagloch fahren mit ihren umgebauten LKWs, in denen sie wohnen, auch zur Arbeit. Das war schon ein Problem , als sie in Wellsee auf der Wiese standen und dort allmählich in die Vegetation versanken.

Schlagloch seit zwei Jahren in Kiel

Vor zwei Jahren besetzte die damals neu gegründete Wagengruppe Schlagloch den Ausgleichsstreifen des Prüner Schlags. Auf diesem Gelände ist der Bau von zwei Möbelhäusern geplant. Zwei Jahre später und zehn Wagen stark, allerdings nicht ganz in der ursprünglichen Besetzung, sind die “Schlaglöcher” immer noch in Kiel und laden ein: am 27. April ab 15 Uhr. Ab 20 Uhr mit Musik.

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Tödlicher Streit in der Muhliusstraße

Am 13. April gegen 19:00 Uhr erschien ein 48-Jähriger beim Kriminaldauerdienst in Kiel. Dort berichtete er den Kriminalbeamten von einem handfesten Streit, den er mit seinem Bekannten in dessen Wohnung in der Muhliusstraße gehabt haben wolle.

Mehrere Streifenwagenbesatzungen begaben sich daraufhin zu der vom Tatverdächtigen benannten Wohnung in der Muhliusstraße. Die Beamten brachen die Wohnungstür auf und fanden den 59-jährigen Wohnungsmieter schwerverletzt vor. Rettungskräfte und ein eingesetzter Notarzt konnten dem Mann trotz intensiver Bemühungen nicht mehr helfen. Er verstarb noch in seiner Wohnung.

Die Staatsanwaltschaft Kiel und das Kommissariat 11 der Bezirkskriminalinspektion Kiel haben die Ermittlungen aufgenommen. Der offensichtlich alkoholisierte 48-jährige Tatverdächtige wurde vorläufig festgenommen . Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kiel wurde er einem zuständigen Haftrichter vorgeführt, der antragsgemäß Untersuchungshaftbefehl wegen Totschlag erließ.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei zu Hintergründen der Tat dauern an. Die rechtsmedizinische Untersuchung des Getöteten ergab, dass er aufgrund massiver Verletzungen am Oberkörper, ausgeführt durch einen stumpfen Gegenstand, zu Tode kam. Der 48-jährige Tatverdächtige war zum Tatzeitpunkt alkoholisiert.

Straßenparty auf dem Theodor-Heuss-Ring

Straßenparty statt Rush Hour am 26. April um 14 Uhr. Beginn am Platz der Kieler Matrosen.

Die WHO schätzt, dass jährlich 1,35 Millionen Menschen an den Folgen von Verkehrsunfällen sterben. Irgendwo habe ich die Zahl 30 Millionen Verkehrstote seit Erfindung des Automobils gelesen. Hört sich angesichts der WHO-Schätzung plausibel an. In Deutschland sinkt die Zahl der Verkehrstoten glücklicherweise kontinuierlich. 2018 waren es aber immer noch 3.256 Menschen . Dazu kommen Verletzungen durch Verkehrsunfälle und frühzeitige Todesfälle durch schlechte Luft. Das Auto ist also wesentlich gefährlicher als Terrorismus oder sagen wir mal Masern. Im Gegensatz zur Hysterie um die Impfquote bei Masern werden die Gefahren des Autoverkehrs jedoch kollektiv verdrängt.

Aber nicht mehr lange! Die Initiative TKKG und zahlreiche andere Unterzeichner rufen zu einer Demonstration auf, die eine von Kiels Hauptverkehrsadern vorübergehend in eine autofreie Zone verwandeln wird. Hier die Pressemitteilung:

Straßenparty statt Rush Hour!
Erst Mitte März sind in Kiel 7000 Menschen für mehr Klimaschutz auf die Straße gegangen. Wir wollen daran anschließen und eines der größten Klimaprobleme Kiels direkt angehen: den Autoverkehr.
Dieser…
… verursacht mehr als 17% der CO2-Emissionen Deutschlands
… sorgt für Luftverschmutzung, Flächenversiegelung, Lärm, Stau und Unfälle
… bedeutet Mobilität für wenige Privilegierte auf Kosten der Biosphäre und des Globalen Südens
… führt zu Kriegen um Ressourcen wie Öl oder Metalle

Noch versteht die Politik unsere Stadt als Raum, der zuallererst bequem für Autofahrer*innen sein muss. Deswegen wollen wir dahin, wo es unbequem wird: Wir veranstalten eine Demo mitten in der Rush Hour auf dem Theodor-Heuss-Ring. Wir träumen von einem Kiel ohne Autos, mit kurzen Wegen, breiten Fahrradspuren und gut ausgebauten kostenlosen ÖPNV, damit Mobilität auch nicht mehr vom Einkommen abhängig ist.

Schließt euch uns an – zu Fuß, mit Fahrrädern, Kinderwägen, Skateboards, Transpis und Bannern, mit eurer Kreativität und Ideen. (Nur bitte ohne Parteifahnen.)

Unterstützt wird dieser Aufruf von folgenden Gruppen. Weitere
Unterstützer*innen sind willkommen!

ADFC Regionalgruppe Kiel
AStA der CAU
BioGaarden
BUND Kreisgruppe Kiel
BUND Campus Kiel
Bielenbergkoppel.de
Ende Gelände Kiel
Ende Geländewagen
Extinction Rebellion
Fukushima Mahnwache Schönberg
Hochschulgruppe Klimagerechtigkeit
IL Kiel
Initiative gegen Kreuzfahrt
Kieler Initiative gegen Atomanlagen
Linksjugend [’solid]
TurboKlimaKampfGruppe (TKKG)
VCD Ortsgruppe Kiel
Wagengruppe Schlagloch

Ende der Pressemitteilung.

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Auf dem Theodor-Heuss-Ring wird die Luft gefiltert

Ein Luftreiniger der Firma Purevento steht seit heute wieder auf dem Abschnitt des Theodor-Heuss-Rings, der am stärksten von Stickoxiden betroffen ist. In der ersten Testphase ging es um das Ansaugen von Luft. Ab heute wird die angesaugte Luft auch von Stickoxiden gereinigt. Außerdem hat die Firma Purevento ein eigenes vom Bundesumweltamt zertifiziertes Messgerät neben das offizielle Messgerät aufgestellt. Dahinter parkt der Security-Dienst auf dem Bürgersteig. Er bewacht das Gerät rund um die Uhr, damit es nicht beschädigt wird und wohl auch damit es nicht fortbewegt wird.

Unterhaltungen mit Anwohner*innen

Ich fand drei Leute, die an diesem Abschnitt wohnen und bereit waren , mit mir zu sprechen: eine junge Frau, ein junger Mann und ein Mann mittleren Alters. Alle drei nannten den Lärm als für sie subjektiv am schwersten zu ertragen. Und tatsächlich ist es sehr laut, obwohl ich gegen 15 Uhr dort war, also noch nicht mal zur Hauptverkehrszeit. Als ich in einen offenen Hauseingang hineintrat, schien es dort sogar noch lauter zu sein. Ob die Schallwellen dort von den Wänden prallen? “Es ist unerträglich”, sagte die junge Frau, die von hier wegziehen wird. Ihre WG hat sogar dreifach-verglaste Fenster, aber es ist dennoch auch mit geschlossenen Fenstern unerträglich. Der Mann mittleren Alters klagt auch hauptsächlich über den Lärm. Aber er denkt, dass die Abgase auch so nicht gut für ihn sind, weil er Asthma hat. Er hatte diese Krankheit zwar auch schon, als er vor 19 Jahren hierher zog. Aber seitdem ist es schlechter geworden. Dieses Jahr schlimmer als letztes Jahr zu gleichen Jahreszeit. “Es ist nicht optimal”, sagt er philosophisch über seine Wohnsituation. Besonders ungünstig ist für ihn, dass er im ersten Stock wohnt. Wie ich gelernt habe, bewegen sich die Stickoxide nicht weit weg vom Entstehungsort, sodass man im ersten Stock stärker betroffen ist als im fünften.

Luftreiniger ist Thema im Innen- und Umweltausschuss

Die „Fraktion“ beantragte gestern, den Luftreiniger vom Fahrradweg auf die Fahrbahn zu stellen. Der 2,40 x 2,8 Meter große Container steht auf dem Fahrradweg, wodurch die Fahrradfahrer*innen ausweichen müssen. Um dem ernstgemeinten Antrag eine satirische Note zu geben, forderte Herr Wischmann von “der Partei” zusätzlich, den Filter so aufzustellen, dass er gleich beide Fahrbahnen blockiert. Das hätte dann einen messbaren Einfluss auf die Schadstoffwerte. Der Antrag der “Fraktion” wurde abgelehnt, weil das Filtergerät bei dem dort üblichen Verkehr arbeiten soll, alles andere würde keinen Sinn ergeben. Wenn die Ergebnisse gut sind, würde der Hersteller eventuell schmalere Geräte bauen, die dann an weniger störender Stelle aufgestellt werden könnten. Am 26. April wird sich vorraussichtlich eine Demonstration vom Hauptbahnhof zum Theodor-Heuss-Ring begeben. Sollten bei dieser Gelegenheit einige Demonstrant*innen auf die Fahrbahn treten und somit den Verkehr blockieren, wäre es interessant , den Einfluss auf die Messwerte zu sehen.

Stickoxide als Indikator für andere Gefahren

In der “Zeit” (14.2.2019, Seite 32, Hervorhebung von mir) las ich ein Interview mit dem Epidemiologen Heinz-Erich Wichmann. Er sagte über Stickoxide. “Man kann das Gas zwar gut messen, etwa an Straßen, man weiß aber nicht genau, ob es wirklich das NO2 selbst ist, das den Schaden anrichtet, oder ob das Gas nicht eher ein Indikator für einen Schadstoffmix ist, in dem neben NO2 auch ultrafeine Partikel oder Dieselruß enthalten sind.Man kann die Wirkung des NO2 nicht sauber abgrenzen von der der anderen Stoffe.” Im weiteren Interview bestätigt er, dass Stickstoffdioxid schlecht für die Atemwege ist . Aber besonders interessant fand ich die Feststellung, dass hohe Stickoxidwerte ein Indikator für eine Reihe von anderen Problemen sind. Mit anderen Worten: die Stickoxide herausfiltern würde nur einen Aspekt der Problematik lösen. Für die Anwohner wäre eine Reduzierung des Verkehrs immer noch die effektivere Entlastung.

(Auf dem Foto sieht man das Messgerät der Firma Purevento mit einer Ecke des Securitywagen dahinter.)

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Eine Stadtbahn für Kiel: auf Rädern oder Schiene oder beides?

In manchen Städten heißt dieses Verkehrsmittel Straßenbahn, in anderen Tram. In Kiel scheint sich die Bezeichnung Stadtbahn zu etablieren . Wobei noch nichts beschlossen ist. Erst einmal wird eine Lenkungsgruppe aufgebaut, die sich ergebnisoffen mit den verschiedenen Möglichkeiten befasst. Wird die Stadtbahn auf Schienen oder auf Rädern laufen? Welche Trassen sollen befahren werden? Was kosten die verschiedenen Möglichkeiten? Bevor diese Lenkungsgruppe ihre Arbeit überhaupt aufnehmen konnte, gab es Aufregung in der Ratsversammlung. Die CDU-Fraktion forderte in einem Antrag, die Diskussion auf Systeme ohne Schiene zu begrenzen. So würde man schneller vorankommen. Dieser Antrag wurde von der Ratsmehrheit abgelehnt. Gerade erst hatte man im November 2018 eine fraktionsübergreifende Einigkeit hergestellt, das Projekt Stadtbahn wieder aufzugreifen und alle Möglichkeiten zu sondieren. Nun wollten die Fraktionen nicht hinnehmen, dass die Diskussion schon wieder verengt wird.

Was sind die Vor- und Nachteile einer Stadtbahn?

Generell herrscht in der Kieler Ratsversammlung Einigkeit darüber, dass eine Stadtbahn viele Vorteile hat.

  • Sie gilt als wirtschaftlich, weil die Wagen länger halten als Busse.
  • Es werden weniger Fahrer*innen benötigt. Auch das erhöht die Wirtschaftlichkeit.
  • Es können mehr Personen gleichzeitig befördert werden. In Kiel gerät das Bussystem derzeit gerade auf der Holtenauer Straße an seine Grenzen. Die Busse fahren hier wochentags im 4-Minuten-Takt und sind immer voll.
  • Wenn die Stadtbahn elektrisch betrieben wird, würde das die Kieler Luft verbessern.

Nachteile gibt es natürlich auch. Vor allem die schienengebundene Variante würde jahrelange Baustellen für die Verlegung der Schienen bedeuten. Für inhabergeführte Geschäfte kann so eine Situation die Existenz bedrohen.

Vorteile einer Stadtbahn auf Rädern

Diese Idee ist jetzt noch nicht vom Tisch. Die Lenkungsgruppe wird sich auch mit dieser Variante beschäftigen. Der Vorteil einer Stadtbahn auf Rädern wären die geringeren Bauprobleme. OB Ulf Kämpfer sagte: “eine Stadtbahn ohne Schiene nennt man Bus.” Tatsächlich wäre es aber ein besonderer Bus, länger als ein normaler , und mit einer eigenen Spur, und wahrscheinlich elektrischem Antrieb. Diese “Langbusse” könnten eine flexiblere Streckenführung ermöglichen und z.B. den Kieler Norden oder das Ostufer bedienen oder sogar Orte in der Umgebung anfahren. Dieses System hat aber auch einen gravierenden Nachteil: Es befindet sich noch in der Entwicklung. Die verschiedenen schienengebundenen Straßenbahnen sind dagegen auf dem Markt und werden in anderen Städten eingesetzt.

OB Dr. Ulf Kämpfer fand am Ende versöhnliche Worte. Er meinte, möglicherweise kommt ein Systemmix. Die Kieler Stadtbahn könnte auf der Schiene durch die Innenstadt und weiter auf Gummirädern in die Vororte fahren. Das Thema Stadtbahn beschäftigt die Kieler Politik übrigens schon lange. Ein früherer Anlauf zu einer Stadtregionalbahn war gescheitert , als ein Landkreis aus der Finanzierung ausstieg. Seit November 2018 ist das kleinere Projekt – die Stadtbahn für Kiel – wieder aktuell.

(Das Foto von David Shelton zeigt die Mainzer Straßenbahn.)

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