Wie hat sich die Kriminalstatistik von Gaarden in den letzten Jahren verändert? Das war das Thema eines Besuchs von Lars Eidinger und André Reichstein vom 4. Revier in der Ortsbeiratssitzung Gaarden gestern. Die Antwort auf die Frage: Die Lage ist erstaunlich stabil. Die beiden Corona-Jahre haben keine Auswirkung gehabt. Weder ging die Kriminalität zurück, noch nahm die häusliche Gewalt zu, wobei es in diesem Bereich eine hohe Dunkelziffer gibt.
Auf der Leinwand sah man die Kriminalstatistik der Jahre 2018, 2019, 2020, 2021, und es fiel auf, dass die Säulen für die verschiedenen Arten von Delikten über die Jahre eigentlich ziemlich gleichförmig bleiben. Mal ist die eine Säule höher, mal etwas niedriger, aber ohne erkennbaren Trend. Mit anderen Worten, es ist in den letzten Jahren nicht schlimmer geworden, aber eben auch nicht besser.
Polizeilicher Brennpunkt Gaarden
Auch wenn das vierte Revier das ganze Ostufer abdeckt, so entstehen die Delikte weitgehend im zentralen Bereich von Gaarden. Deshalb ist der Bereich zwischen Werftstaße, Karstal, Ostring und Werftpark seit einigen Jahren ein „gefährlicher Ort“, das ist der juristische Begriff für städtische Brennpunkte, in denen die Polizei mehr Befugnisse für Kontrollen der Bürger hat.
Die Lage in Zahlen:
- Das Revier hat 50- 60 Einsätze pro Tag auf dem Ostufer.
- In Gaarden kommt es zu etwa 4.500 Straftaten jährlich.
- Darunter 3.000 Eigentumsdelikte, etwa Autoaufbrüche
- sowie 1.000 – 1.500 Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit, hauptsächlich im häuslichen Bereich.
- Es werden jährlich zwischen 500 und 1.000 Rauschgiftdelikte ermittelt.
- Die wichtigsten Drogen sind Kokain und Marihuana.
- Letztes Jahr wurden 7.231 Gramm Marihuana beschlagnahmt
- Crystal Meth wird nicht beobachtet.
Gewalt gegen Beamte
Deutlich zugenommen hat die Gewalt gegen die Polizei, so die Beobachtung des Revierleiters Eidinger. Zum Glück sind nur sehr selten Schusswaffen im Spiel. Treten, Schlagen, Spucken, Beißen sind dagegen Formen von Gewalt, die häufiger werden und für die Polizei eine große Herausforderung darstellen. In den letzten Jahren kam es jährlich zu etwa 25 Verletzungen von Beamten. „Die Leute haben weniger Respekt vor den Kollegen“, sagte Lars Eidinger. Diesem Trend begegnet die Polizei durch Schulungen. Wie können Festnahmen sicherer durchgeführt werden, das ist ein Thema, das einiges Kopfzerbrechen bereitet.
Drogenkriminalität treibt die Statistik
Rauschgiftdelikte sind Ermittlungsdelikte, die Zahl der entdeckten Delikte sagt deshalb nicht viel über das Ausmaß der Drogentätigkeit aus. Die beiden Polizisten beschrieben das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Dealern und Ermittlern. Wenn der Verkauf von Drogen im öffentlichen Raum unterbunden wird, verlagert er sich in die Häuser. Im Drogenmilieu ermittelt die Polizei auch mit zivilen Kräften. „Es passiert viel Ermittlungsarbeit, die Sie nicht sehen“, versicherte Lars Eidinger. Allerdings kennen viele Dealer auch schon die Nummern der zivilen Fahrzeuge der Polizei.
Durch Festnahmen weiß die Polizei, dass ein Dealer 400 bis 600 Anrufe pro Tag hat. Das Geschäft mit Drogen scheint zu boomen. Ziemlich deprimierend war, was Lars Eidinger von Kindern aus einschlägigen Familien berichtet. „Wenn ich groß bin, möchte ich Dealer werden wie mein Bruder. Dann muss ich nicht arbeiten“, sagte ihm ein Kind. Tatsächlich verdienen manche Dealer in Gaarden wahrscheinlich wesentlich besser als die Polizisten.
Eidinger wurde nach seiner Einschätzung gefragt, warum es gerade in Gaarden so viel Kriminalität gibt. Er meinte, die Gründe wären vielfältig und nicht leicht zu lösen. Obwohl er die Unterbesetzung seiner Wache bedauert, denkt er nicht, dass sich das Verbrechen durch immer mehr Polizei verhindern lässt. Für Gaarden wies er auf die Armut dieses Stadtteils hin, wo viele Leute einfach nicht genug Geld haben, um über den Monat zu kommen. Zur Zeit kommen die steigenden Lebenshaltungskosten noch dazu. Ein weiterer großer Treiber der Kriminalität in Gaarden sind Drogen. So denkt er, dass wahrscheinlich 99 Prozent der Autoaufbrüche von Drogenabhängigen begangen werden. Die Sucht und die Kosten der Suchtbefriedigung (etwa 200-300 Euro pro Tag) führen zur Beschaffungskriminalität.
Weil Drogen ein so großes Thema für Kiel und vor allem für Gaarden sind, beschäftigt sich eine eigene Ermittlungseinheit damit. Die vier Mitarbeiter vom „Straßendeal“ gehen jedem Hinweis aus der Bevölkerung nach. Gerade am Tag davor gab es einen größeren Einsatz in der Wikingerstraße, die auf die Ermittlungsarbeit des Teams „Straßendeal“ zurückging.
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