Archiv der Kategorie: Themen

Kein Pool-Modell für Schulbegleitung

Die letzte Ratsversammlung lehnte einen Vorschlag der AfD zur Änderung der Schulbegleitung mehrheitlich ab. Es ging darum, Grund- und Gemeinschaftsschulen mit einem Budget für Schulbegleitungen auszustatten. Dieser Antrag der AfD kann nicht sofort in der Akte Unsinn abgelegt werden, denn andere Kommunen praktizieren solche Pool-Modelle. Dennoch gab es Gründe, warum Kiel das Pool-Modell nicht übernehmen wird.

In der Begründung des Antrags beschrieb Ratsherr Dachs (AfD) die steigende Tendenz zur Schulbegleitung. Er sagte: “In abzusehender Zeit werden wir von Schulbegleitung abhängig sein.“ Lehrer*innen wüssten auch am Besten, wer Hilfe braucht. Die Schulbegleiter*innen aus dem Pool könnten flexibel angefordert und eingesetzt werden, sodass mit dieser personellen Resource effizienter umgegangen würde.

In der schriftlichen Begründung heißt es: “Die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion zum Thema „Schulbegleitungen in der Landeshauptstadt Kiel“ ergab, dass sich die Zahl der durchgeführten Schulbegleitungen von 60 im Jahr 2014 auf 104 im Jahr 2018 gestiegen ist und die Kosten für Schulbegleitungen nach § 35a SGB VIII von 798 T Euro auf 1.747 mehr als verdoppelt hat. Obwohl es noch keine belastbaren Zahlen für 2019 gibt, beobachtet die Verwaltung eine steigende Tendenz.”

Was machen Schulbegleiter*innen ?

Zur Einordung: Schulbegleiter*innen unterstützen Kinder mit geistiger, körperlicher oder seelischer Behinderung. Wahrend Schulassistent*innen den Lehrkräften helfen, unterstützt jede Schulbegleiter*in ein einzelnes Kind, ohne dabei pädagogische Aufgaben zu übernehmen. Es geht darum, je nach Art der Behinderung, für das Kind zu sorgen, dass es in den Klassenraum kommt, zur Toilette gehen kann, am Unterricht teilnehmen kann. So wird die Schulbegleiter*in ein autistisches Kind vielleicht mal in den Gang oder einen ruhigen Raum begleiten, wenn das Kind mit der Reizüberflutung durch eine große Klasse nicht klar kommt. Es ist unumstritten, dass die Inklusion ohne die Mittel der Schulbegleitung und Schulassistenz überhaupt nicht funktionieren würde.

Was ist anders mit Pool-Modell

Einige Kommunen praktizieren die Pool-Lösung. Es wäre auch für Kiel rechtlich möglich. In Lübeck und Pinneberg werden die Erfahrungen damit gerade evaluiert.

Beim Pool-Modell wird die Einzelbegleitung insofern gelockert, als es bei Krankheit Vertretungsmöglichkeiten gibt. Außerdem können Schulbegleiter*innen unkomplizierter ausgetauscht werden, wenn es mal nicht passt. Ohne Pool beantragen die Sorgeberechtigten die Schulbegleitung für das Kind. Im Pool-Modell steht der Schulleitung ein Pool an Schulbegleiter*innen zur Verfügung, die flexibel eingesetzt werden können, obwohl auch hier im Normalfall die Eins-zu-Eins-Begleitung praktiziert wird. Das Pool-Modell ist relativ jung. Die Evaluierungen werden zeigen, ob es Verbesserungen für die Kinder mit Handicap bringt oder doch nur ein Sparmodell ist.

In der Debatte in der Ratsversammlung verteidigte Bürgermeisterin und Schuldezernentin Renate Treutel das Kieler System, um das Kiel beneidet wird. Sie sagte, die Schulabrecherquote sei in Kiel so niedrig wegen der guten Kieler Unterstützungssysteme. Sie sprach sich deshalb gegen die Einführung des Pool-Modells aus, weil sie nicht das ihrer Meinung nach gute System aus den Angeln heben möchte.

Ratsherr Marcel Schmidt (SSW) äußerte sich skeptisch in Bezug auf die Motivation der AfD. Er nähme es der AfD nicht ab, dass sie etwas Positives für die Kinder bewirkten wollten und wies auf seine Lektüre des Online-Magazins AfD-Kompakt hin.

Zum Weiterlesen: https://www.familienhandbuch.de/kita/inklusion/Schulbegleitung.php

http://dasprojektunna.de/2014/03/26/kreis-will-mit-einem-schulbegleiter-pool-die-inklusion-aktiv-begleiten/

Vortrag über Libyen

„Globale Interessen, Krieg und Migration“, ein Vortrag mit Diskussion. Dienstag, 25. Februar 2020, 18 Uhr, Atelierhaus im Anscharpark, Heiligendammerstraße 115. Pressemitteilung:

Das an Rohstoffen reiche Libyen war schon immer ein Schmelztiegel der Interessen ethnischer Clans im Innern und internationaler Akteure weltweit. Nach erfolgreichem Putsch seit 1969 an der Macht, regierte General Mu’ammar Al Qaddhafi das Land mit autokratischer Hand und nach dem Prinzip Teile und herrsche. Im Zuge von Aufständen und einer militärischen Intervention westlicher Länder verlor Al Qaddhafi im Oktober 2011 die Macht und sein Leben. Es folgte die bis heute andauernde Ära des Chaos in Libyen. Islamistische, Clan- und Milizen in Diensten ausländischer Interessen kämpfen seither um Gebiete und Profite, überschwemmen die Region mit Waffen und exportierter Gewalt.

Traditionell war Libyen immer ein Land, das zahlreiche Wanderarbeiter aus unterschiedlichsten afrikanischen Ländern anzog. Aber auch vor Verfolgung und Krieg Geflüchtete aus anderen Herkunftsländern sind im Transitland Libyen zwischen die Fronten und in die Sackgasse geraten. Es gibt kein Entkommen vor Internierungsgewalt, Erpressung und Versklavung, als über das Meer. Doch Europa macht dicht.

Was wollen die verschiedenen libyschen Akteure? Welche ausländischen Interessen bestimmen den längst internationalen Konfliktherd? Welche Rolle spielen Globalisierung und Migrationsbewegungen? Welche Chancen bleiben den Flüchtlings- und Menschenrechten?

Antworten auf diese und weitere Fragen sollen bei der Veranstaltung mit der Referentin diskutiert und gefunden werden. Dr. Sabine Kebir ist Literaturwissenschaftlerin publiziert seit Jahren u.a. zur politischen Entwicklung in den Staaten Nordafrikas. Die Vortragsveranstaltung findet im Rahmen der Fotoausstellung Leben auf der Flucht der Heinrich Böll Stiftung statt, die vom 15.2. bis 1.3.2020 im Atelierhaus im Kieler Anscharpark zu sehen ist (http://www.boell-sh.de/de/2020/02/05/fotoausstellungen-zu-libyen).

Veranstaltende: Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. und Heinrich Böll Stiftung Schleswig-Holstein.

Ein Park-and-Ride-Konzept für Kiel

In einem parteiübergreifenden Konsens beschloss die Ratsversammlung die Prüfung eines Park-and-Ride-Konzeptes und die Suche nach geeigneten Flächen.

Ratsherr Halle sagte: „Wir alle wissen, dass wir mit dem Verkehr ein besonderes Problem haben.“ Die Entlastung der Innenstadt ist dringend geboten, da waren sich die Fraktionen einig. Denn der ruhende und fahrende Verkehr steht in Konkurrenz zu anderen Verkehrsteilnehmer*innen: Fussgänger*innen, Rollstuhlfahrer*innen, spielende Kinder, Fahrrad- und Rollerfahrende, sie alle nutzen ebenfalls den öffentlichen Raum.

Ratsherr Arne Langniß merkte an, das 25 Prozent der Fahrzeuge weniger als vier mal im Monat bewegt würden. Gleichzeitig ist der Bestand an Fahrzeugen in den letzten zehn Jahren um 15.000 gestiegen.

Der Sinn von Park-and-Ride-Plätzen liegt darin, die Pendlerverkehre aus der Stadt herauszuhalten. Am Stadtrand sollen die Pendler*innen auf Park-and-Ride-Plätzen ihre Autos abstellen und in den Bus umsteigen. Diese Park-and-Ride-Plätze können auch genutzt werden für Wohnwagen oder Wassersport-Anhänger oder andere Fahrzeuge, die selten bewegt werden.

Vorteile eines Park-and-Ride-Konzeptes

Von einem Park-and-Ride-Konzept versprechen sich die Parteien einen positiven Effekt auf:

  • Luftreinheit
  • reibungslosen Verkehr
  • Klimaschutz
  • unterschiedliche Nutzer*innen-Bedürfnisse

Sehr wichtig in dieser Diskussion ist die Verzahnung mit dem ÖPNV: Denn ein Park-and-Ride-Platz, der nicht genutzt wird, ist dann nichts weiter als eine sinnlos versiegelte Wiese! In diesem Zusammenhang wurde der Wunsch nach einem Schnellbus auf eigener Trasse in die Runde geworfen. Bis jetzt hat das nur die Satire-Fraktion beantragt und dafür wurde leider kein Geld in den Haushalt gestellt, obwohl in der Debatte in der Ratsversammlung mittlerweile durchaus Interesse an Schnellbussen bestand.

Mein Fazit:

Das Beitragsfoto, das ich gewählt habe, ist zugegebenermaßen etwas unfair, weil es einen leeren Park-and-Ride-Platz auf dem Land zeigt. Außerdem machte ich das Foto an einem Sonntag. Aber ich kann euch versichern, dass es an Wochentagen nicht wesentlich anders aussieht. Hier gibt es offensichtlich noch ein Akzeptanzproblem. Und nicht nur dort. Letztes Jahr fuhr ich an einem Wochentag an einem Park-and-Ride-Platz an der Peripherie einer mittelgroßen Stadt vorbei, auf dem zwei Touristenbusse standen, sonst nichts. Damit ein Park-and-Ride-Konzept angenommen wird, müssen augenscheinlich bestimmte Bedingungen erfüllt werden, und man hofft, dass sich Kiel an den Erfahrungen anderer Städte orientiert.

Was könnten die Bedingungen sein, damit ich einen Park- and Ride benutze?

  1. Kostenlose Weiterfahrt mit Bussen oder Sammeltaxis. Das ist zwar unfair gegenüber Leuten, die nicht vom Park-and-Ride aus in den Bus steigen. Aber es macht aus der Perspektive der Autofahrer*innen Sinn. Denn wenn ich ein Auto besitze, habe ich sowieso die Fixkosten , unabhängig davon ob ich nur bis zum Park-and-Ride-Platz oder die letzten Meter weiter fahre bis zu meinem Arbeitsplatz oder Yogastudio. Wenn ich kostenlos parken kann, vergleiche also die Kosten der Busfahrt (Einzelticket 2,60) mit den Benzinkosten für das Stück ab Park-and-Ride . Da kann Busfahren zu teuer erscheinen.
  2. Parkraumverknappung und Parkraumbewirtschaftung. Wenn Parken in der Stadt umständlich und teuer ist, steigt die Motivation, das Auto auf dem kostenlosen Park-and-Ride zu lassen.
  3. Eine gute Verzahnung mit dem ÖPNV. Vielleicht auch Sammeltaxis, die mich genau bis zum Zielort bringen.
  4. Ein Schnellbus auf eigener Fahrspur. Wenn ich vom Park-and-Ride in den normalen Bus umsteige und dann wieder im Stau stehe, kann ich es gleich sein lassen. Anderseits, wenn ich normalerweise mit dem Auto in die Stadt fahre, kurz vor Kiel in den Stau gerate und dann sehe, wie der Schnellbus auf eigener Fahrspur an mir vorbeirauscht, könnte mir die Idee kommen, dass ich das auch mal probiere: Auto auf dem Park-and-Ride-Platz lassen und in den Schnellbus umsteigen.

Soweit meine Ideen zu einem gelungenen Park-and-Ride-Konzept. Damit es nicht so aussieht, wie auf dem Foto!

Zum Weiterlesesen: Können Parkflächen zeitlich erweitert werden?

Können Parkflächen zeitlich erweitert werden?

Mit der Schaffung von temporären Parkflächen beschäftigte sich die Ratsversammlung am 20. Februar und beschloss mehrheitlich einen Prüfantrag. Die Verwaltung soll bis Mai prüfen, ob die großen Parkplätze des Einzelhandels , die Parkhäuser und städtischen Parkflächen rund um die Uhr geöffnet sein könnten.

Florian Weigel (CDU) sagte, Menschen würden noch lange Auto fahren. Gleichzeitig sind große Supermarkt-Parkplätze nach 18 Uhr leer. “ Es ist nicht sinnvoll, so riesige Parkflächen frei zu halten, damit einige Leute zeitweise parken können.” Auch Schulhöfe könnten außerhalb der Schulzeiten frei gegeben werden.

Durch die Digitalisierung ergeben sich Kontrollmöglicheiten, die Missbrauch von Parkplätzen verhindern. Eine Schranke könnte etwa nur mit App zu öffnen sein. Die App könnte dann die Halter von PKW die zu lange etwa auf dem Parkplatz des Schuldirektors stehen, identifizieren.

Manchmal fahren Leute 20 Minuten um den Block auf der Suche nach einem Parkplatz. Diese Suchverkehre schaden den Menschen und dem Klima, wurde argumentiert. Mehr Parkplätze würden wenigstens kurzfristig die Straßen von parkenden Autos entlasten.

In der Debatte wurde jedoch kritisch gesehen, dass die Gesamtzahl der Parkplätze steigen würde. Ist das das richtige Signal, wenn wir eine Verkehrswende wollen?

In der Diskussion wurde auch eingeworfen, dass Park & Ride Plätze ebenfalls das Angebot an Parkplätzen insgesamt erhöhen. Andererseits meinte Rainer Kreuzt (CDU), dass P&R-Pätze an der Peripherie dazu dienen können, den Pendelverkehr aus der Innenstadt heraus zu halten.

Arne Langniß (Grüne) sieht die Idee, Schulhöfe und Parkplätze des Einzelhandels zu öffnen als ganz im Trend, weil hier Ressourcen geteilt werden.

In den letzten zehn Jahren sind 15.000 Fahrzeuge dazu gekommen. Das ist der Grund, warum der Kampf um den Parkplatz heftiger geworden ist.

Weiterlesen:

Impressionen von einem Kieler Parking Day

KN online: So will die Stadt mehr Parkraum schaffen

Zwei Veranstaltungen befassen sich mit der A21-Anbindung

Im Ortsbeirat Hassee/Vieburg am 18. Februar steht die Anbindung der A21 auf der Tagesordnung. Am 7. März laden die Aktiven von Bündnis “Vorfahrt für den Klimagürtel” in das „Waldhaus“ zu einer Informationsveranstaltung ein. Es geht in beiden Veranstaltungen um den Bau der Autobahn A21 bis zum Barkauer Kreuz und um die Südspange, eine Schnellstraße durch den historischen Grüngürtel zur B76.

A21 ist Thema im Ortsbeirat Hassee/Vieburg

Alarmiert durch Anrufe von besorgten Bürger*innen, die wissen wollten, was das mit dem Straßenbau in ihrem Umfeld auf sich hat, setzte der Ortsbeirat Hassee/Vieburg das Thema auf die Tagesordnung. Vertreter des Kieler Tiefbauamts und des Umweltschutzamtes werden über den Sachstand zur A2 referieren. Vertreter*innen des Bündnis “Vorfahrt für den Klimagürtel” werden ebenfalls teilnehmen. In Ortsbeiratssitzungen haben die Ortsbeirät*innen das erste Rederecht, danach können Besucher*innen Fragen stellen und sich an der Diskussion beteiligen.

Wann und wo? Dienstag, 18. Februar, 19:30, Stiftung Drachensee, Hamburger Chaussee 221.

Informationsveranstaltung im “Waldhaus”

Das Bündnis “Vorfahrt für den Klimagürtel” möchte die Straßenbaupläne im Kieler Süden stoppen. Diese Pläne sind zwar eine Sache des Bundes, aber die Aktiven haben die Hoffnung, dass die Pläne noch gestoppt werden könnten, wenn sich die Kieler Lokalpolitik beherzt dagegen stemmt. Darüber informieren sie am 7. März im Waldhaus. Das Bündnis wird unterstüzt von insgesamt 12 Initiativen , darunter Bürgerinitiative Klimanotstand Kiel, Fridays for Future Kiel, NABU, BUND, Greenpeace, Extinction Rebellion Kiel und VCD . Also eine breite Basis mit viel Fachwissen und Engagement für die Natur. Speziell für Kiels Naherholungsraum setzen sich die Initiativen Projekt Prüner Park und Waldhaus ein. Schon die Postkartenaktion diese Bündnisses hat Wellen geschlagen, seit einiger Zeit flattern nun auch Flyer in die Briefkästen im Kieler Süden. Auf der Informationsveranstaltung könnt ihr mehr über die Straßenbaupläne erfahren und euch auch eventuell dem Widerstand anschließen.

Wann und wo? Samstag, 7. März , 14 Uhr, “Waldhaus”, Hornheimer Weg 98. www.klimaguertel-kiel.de , Facebook: klimaguertel

Weiterlesen: https://kielaktuell.com/?s=A21

Saatguttauschbörse

Saatguttauschbörse am Dienstag, 18. Februar 2020 ab 19:30 in der Pumpe, Haßstr. 22, Kiel, Gruppenraum 1.

Die Gartensaison naht, und wie in den vergangenen Jahren treffen sich alte Hasen und Neugärtner*innen, um Saatgut zu tauschen. Vielleicht habt ihr letztes Jahr Saatgut für Blumen, Kräuter und Gemüse gesammelt. Oder ihr habt Saatgut gekauft und möchtet den Inhalt der Tüten teilen. Bitte bringt Tütchen oder Ähnliches mit, denn meistens ist mehr als genug da, sodass nicht nur getauscht sondern auch großzügig verschenkt wird.

Ringelblumensamen gegen Kürbissamen? Lass dich überraschen! Natürlich wird auch etwas Gartenweisheit geteilt.

Veranstaltet von der BUND Kreisgruppe Kiel

Dieser Bericht vom Ersten Kieler Samenfest könnte dich auch interessieren.

Ist der „Penny an der Werft“ integriert?

Die Frage hört sich etwas lustig an, aber genau darum ging es, als Frau Becker vom Stadtplanungsamt im Ortsbeirat Gaarden das Einzelhandelskonzept vorstellte. Und zwar möchte Penny an der Werftstraße erweitern. Das Vorhaben wird zur Zeit geprüft. Es gibt gute Gründe dafür und dagegen, wie die Diskussion im Ortsbeirat zeigte. Dabei spielt das Konzept des „integrierten Standortes“ eine Rolle.

Penny an der Werft möchte erweitern

Der zum Rewe-Konzern gehörende Penny (Werftstraße 247) würde gerne die Fläche von 800 auf 1.000 Quadratmeter erweitern und würde dafür einen Teil des Parkplatzes opfern. Anscheinend wird dieser Parkplatz nicht wirklich ausgenutzt, weil viele oder sogar die meisten Kund*innen zu Fuß kommen. So sah es auch aus, als ich an einem Wochentag fotografierte: Es standen relativ wenige Autos auf dem Parkplatz. Dafür kamen mir etliche Leute mit ihren Shoppern oder beladen mit großen Tüten entgegen. Obwohl der Penny am Rande der Wohnbebauung im Gaardener Gewerbegebiet liegt, machen sich Gaardener zu Fuß auf den Weg, und das liegt nicht an mangelnden anderen Einkaufsmöglichkeiten. So gesehen würde eine Erweiterung Sinn machen, auch für die Gaardener, die ohne Auto unterwegs sind.

Gründe dagegen

Genau diese Randlage steht einer Erlaubnis zur Erweiterung jedoch entgegen. Denn gemäß Kiels Einzelhandelskonzept dürften Supermärkte nicht in Gewerbegebieten gebaut oder erweitert werden. Penny in der Werftstraße entspricht nicht dem Ziel eines ins Wohngebiet integrierten Geschäfts. Für die Prüfung dieses Falls dürfte aber auch eine Rolle spielen, ob eine Sortimentserweiterung geplant ist.

Ziel: fußläufige Nahversorgung

Ein ganz zentraler Gedanke des Einzelhandelskonzepts ist es, die fußläufige Grundversorgung mit Nahrungsmitteln, Genussmittel, Drogerieartikeln und Pharmazie zu fördern. Neuansiedlungen oder Erweiterungen dürfen die Grundversorgung in den Wohngebieten nicht beeinträchtigen. Beispiel: Wenn es wie in Gaarden zentrale Supermärkte gibt, darf kein neuer großer Supermarkt im Gewerbegebiet oder am Stadtrand gebaut werden. Denn es soll nicht passieren, dass diese großen nicht-integrierten Supermärkte die kleinen aus dem Geschäft drängen und am Ende Leute ein Auto brauchen, um einkaufen zu können. (Von dieser Regel ausgenommen sind Kioske, Tankstellenshops, Souvenirläden. Für Sortimente, die nicht zur Grundversorgung gehören, gelten andere Regeln. )

Weniger Betriebe bei gleicher Fläche

Kiel ist insgesamt gut aufgestellt, was den Einzelhandel betrifft:

  • Es gibt 1.670 Einzelhandelsbetriebe auf einer Fläche von 450.000 Quadratmeter.
  • Die Zahl der Betriebe ist zwar zurückgegangen, nicht aber die Fläche. Dieser Trend liegt an der zugenommenen Konzentration auf größere Geschäfte.
  • Vor allem die Kioske und die Tante-Emma-Läden verschwinden.
  • Mit 1,92 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner liegt Kiel über dem Durchschnitt.

Das Einzelhandelskonzept wird zur Zeit fortgeschrieben, um es rechtskonform zu machen. Sinn dieses Konzeptes ist es, eine Entscheidungsgrundlage zu haben in Bezug auf Erweiterungs- und Ansiedlungsvorhaben. Was das für Penny in der Werftstraße bedeutet, bleibt abzuwarten.

Weiterlesen: In diesem Artikel geht es u.a. um ein ehemaliges Einkaufszentrum. Straßenportrait Sören

ÖPNV -Streik geht weiter

Tarifverhandlungen im öffentlichen Nahverkehr in Schleswig-Holstein unbefriedigend beendet – es folgt ein dreitägiger Warnstreik .

 „Der kommunale Arbeitgeberverband hat zwar ein Angebot vorgelegt, dies ist aber eine unzureichende Grundlage in Richtung eines Tarifabschlusses zu werten. Das vorgelegte Angebot wurde einstimmig von der Tarifkommission abgelehnt“, so Karl-Heinz Pliete, Verhandlungsführer von ver.di Nord.

Die Warnstreiks beginnen am kommenden Dienstag mit Betriebsbeginn und werden bis zum Betriebsschluss am Donnerstag andauern. Betroffen sein werden die Standorte Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster.

ver.di Nord fordert eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 2,06 Euro pro Stunde ab dem 01.01.2020. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von 12 Monaten bekommen.

Die Arbeitgeber haben angeboten, einen Tarifvertrag mit dreijähriger Laufzeit abzuschließen.  In dem Angebot sind drei Erhöhungsstufen erhalten. 110,- Euro für 2020, 2,8% für 2021 und 2,30 % für 2021.

Die Verhandlungen sollen am 13. Februar in Neumünster weitergeführt werden.

14-jährige vermisst

Seit Dienstag wird die 14 Jahre alte Ria Jenny H. aus Kiel vermisst. Umfangreiche Suchmaßnahmen der Polizei führten zu keinem Erfolg, weshalb nun Medien und Bevölkerung um Mithilfe gebeten werden. Das Mädchen könnte sich sowohl in Kiel als auch im restlichen Schleswig-Holstein oder in Hamburg aufhalten.

Zuletzt wurde sie an ihrer Wohnanschrift in der Kieler Boninstraße gesehen. Die Kriminalpolizei konnte ermitteln, dass sie sich wahrscheinlich zwischenzeitlich im Bereich Itzehoe und in Hamburg aufgehalten haben könnte. Das Mädchen benötigt ärztliche Hilfe. Eine Straftat steht nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht in Verbindung mit ihrem Verschwinden.

Ria Jenny ist etwa 165 cm groß und schlank. Sie dürfte schwarze Kleidung tragen. Auffällig sind die kurz rasierten Haare (Sidecut) an den Seiten ihres Kopfes sowie das grün/türkis gefärbte Haupthaar.

Personen, die Angaben zum Aufenthaltsort der Jugendlichen machen können, werden gebeten, sich unter 0431 / 160 3333 mit der Kieler Kriminalpolizei in Verbindung zu setzen. Hinweise nehmen auch jede andere Polizeidienststelle und der Polizeiruf 110 entgegen.

Was macht die Drogenhilfe Kiel-Ost?

“Nicht anfassen!” ruft Frau Abel schnell, als ich in die Kiste mit den abgegebenen Spritzen schaue. Eine der Aufgaben der Drogenhilfe Kiel-Ost ist es, Spritzen und andere Drogenutensilien zu tauschen und auszugeben. Diese Möglichkeit wird von Usern auch reichlich genutzt. Die Sozialpädagogin Tina Abel sagt ganz klar, dass jede auf einem Spielplatz gefundene Spritze eine zu viel ist. Dennoch tauscht allein die Drogenhilfe Kiel-Ost jährlich ca 45.000 Spritzen und bietet die Möglichkeit, diese auch wieder fachgerecht zu entsorgen. Die Drogenabhängigen hätten schon ein Bewusstsein für das Gefährdungspotential von benutzten Spritzen.

Offene Sprechstunde in der Drogenhilfe Kiel-Ost

Die Drogenhilfe Ost in der Johannisstraße 55 betreut und berät Menschen, die von illegalisierten Drogen abhängig sind, sowie deren Angehörige. Die Drogen sind vor allem Heroin, Haschisch und Kokain. In die offene Sprechstunde können Menschen spontan kommen , wenn sie Hilfe brauchen. Der Zugang ist niedrigschwellig, das heißt, kein Problem ist zu klein für eine Kontaktaufnahme und die Menschen sind nicht verpflichtet, die Beratungsstelle möglichst clean aufzusuchen. Neben der Abhängigkeit geht es auch oft um allgemeine Hilfen. Da möchte jemand mal telefonieren oder benötigt Hilfe beim Ausfüllen eines Formulars für das Jobcenter. Die Reflexion des eigenen Konsumverhaltens beginnt oft mit der Frage, ob man überhaupt schon abhängig sei. Denn bei illegalisierten Drogen verhält es sich nicht anders als bei Tabak und Alkohol: die Übergänge vom gelegentlichen Konsum zur Abhängigkeit verlaufen fließend und sind für die Betroffenen nicht immer klar zu erkennen.

Die Drogenhilfe Ost arbeitet niedrigschwellig und akzeptierend. Die drei Mitarbeiter*innen haben nicht den Anspruch, dass alle clean werden sollen, denn der Aufsuchende bringt selber ein Anliegen mit. Manche Konsument*innen möchten aufhören, manche nur reduzieren, manche möchten sicher konsumieren, und manche brauchen Hilfen im Alltag. Manche möchten sich einfach nur eine Weile im Aufenthaltsraum ausruhen. Je nach Bedarf wird auf die Anliegen reagiert. Drogenkonsum in den Räumlichkeiten ist nicht erlaubt.

Nicht nur Spritzen

Die Sozialpädagogin Tina Abel nahm sich Zeit, mit mir über ihre Arbeit und die Drogenszene in Kiel und vor allem in Gaarden zu sprechen. Wir machten auch einen Rundgang durch die Räumlichkeiten. Vorne im Aufenthaltsraum fiel mir die Kerze mit der “Ruhe in Frieden”-Karte auf, dazu gleich mehr. Neben Besprechungsräumen ist der „Tauschraum” wichtig. In einem Schrank sehe ich Spritzen in allen Größen, Filter zum Herausfiltern von Verunreinigungen, Alkoholpads, Snieferpäckchen, Raucherpäckchen und Kondome, auch besonders reißfeste für den Analverkehr. “Auch Männer prostituieren sich”, sagte Frau Abel erklärend. Die Raucherpäckchen werden für den Heroinkonsum gebraucht. Der Koks (auch Crack genannt) wird in speziellen Pfeifen erhitzt und die Dämpfe eingeatmet.

Die Drogenhilfe Kiel-Ost betreut ca. 900 Menschen im Jahr. Für Substituierte und Abstinenzorientierte gibt es zusätzlich die Möglichkeit einer ambulanten Betreuung. Frau Abels Kollege und Sozialarbeiter Klaas Kindermann leitet das Projekt KISS. Hier geht es darum, den Drogenkonsum selbstbestimmt zu reduzieren. In 1-2 Vorgesprächen und 12 Sitzungen wird ein Konsumplan erstellt und an verschiedenen Lebensbewältigungsstrategien gearbeitet. Zentral ist dabei ein Konsumtagebuch.

In der Drogenhilfe Ost und über den Spritzenautomaten (Ecke Karlstal/ Kaiserstraße) wurden 2019 ca 37.000 Spritzen ausgegeben! Das zeigt nicht nur, dass die User ein Gesundheitsbewusstsein haben, sondern gibt auch einen Eindruck von der Dimension des Konsums!

Kiel hat übrigens die höchste Anzahl von Substituierten (gemessen an der Einwohnerzahl) in ganz Deutschland. Das hat historische Gründe: ein Kieler Arzt begann als erster in Deutschland mit der Substitutionstherapie, andere Abhängige kamen deshalb nach Kiel. Denn die Substitution mit Methadon nimmt die Entzugserscheinungen und ermöglicht dadurch den Einstieg in den Ausstieg. Wegen der hohen Anzahl an Süchtigen begannen dann auch andere Kieler Ärzte diese Therapie anzubieten.

Wie verändert sich die Szene?

Frau Abel sagt, Kokain, auch in der Form von Crack, wird momentan auffällig viel konsumiert. Neu ist, dass vermehrt Kokain gespritzt wird. Heroin wird auch noch konsumiert. Der Mischkonsum nimmt zu: Kokain, Haschisch, Alkohol, Tabletten. Frau Abel meinte auch, dass psychische Erkankungen eine größere Rolle als früher spielen, wobei hier die Frage offen ist, was zuerst kommt. Nehmen Leute Drogen, um Depressionen, Psychosen und andere Krankheiten in den Griff bekommen, oder verursachen Drogen diese Krankheiten? Wahrscheinlich ein wenig von beiden. Dazu kommen große existentielle Probleme oft von Jugend an. Stromabstellungen, Obdachlosigkeit, Gewalt in der Familie…. Frau Abel sagt, viele Lebensgeschichten sind erschütternd.

Wie wichtig die Versorgung ist, zeigt eine aktuell traurige Entwicklung. Gab es letztes Jahr 15 Todesfälle, so waren es im ersten Monat dieses Jahres schon fünf! Weil viele der Drogenabhängigen wenige echte Freunde haben, stellt die Drogenhilfe jetzt ein Kerze für jeden Todesfall in das Fenster, um die Möglichkeit zum Trauern zu geben. Für das zunehmend gefährliche Leben mit Droge gibt es zahlreiche Gründe:

  • mehr Wohnungslosigkeit, was zu mehr Verwahrlosung führt, wobei der Verlust der Wohnung auch Ergebnis von Verwahrlosung sein kann.
  • mit verschiedenen Schadstoffen gepanschte Drogen und zunehmender Mischkonsum
  • mehr ältere Abhängige mit Folgekrankheiten (z.B. Leberleiden, Blutvergiftung)

Tina Abel erzählt mit viel Wärme und Empathie von ihrer Arbeit. Sie sagt, manchmal ist es schon ein Erfolg, wenn eine Person, die zur Beratung kommt, überlebt und wiederkommt. Das Leben vieler Drogenabhängiger hängt am seidenen Faden, lerne ich in unserem Gespräch.

Sprechzeiten: montags 10 – 12 Uhr, dienstags 10 – 15 Uhr, donnerstags 10 – 15 Uhr , https://www.spritzenautomaten.de/betreiber/drogenhilfe-kiel-ost