Es war kalt und es drohte zu regnen. Kurz vor Beginn der Demonstration versammelten sich einige Radler*innen und mindestens 50 Polizist*innen auf dem Platz der Kieler Matrosen. Erstere erschienen mit viele phantasievollen Plakaten und bemalten Fahrrädern, letztere bewaffnet und mit Schutzausrüstung, was die Stimmung aber nicht kippen konnte. Insgesamt nahmen laut Polizeibericht etwa 200 Personen an dieser Demonstration teil.
Worin liegt die eigentliche Gefahr ?
Zwei junge Frauen, beide barfuß, hatten die Leitung der Demo und lasen die Vorgeschichte dieses Momentes vor, die Entwicklung der Ursache der Demo und den Widerstand der Ämter, Behörden und Gerichte. Viele Instanzen wurden eiligst bemüht, leider erfolglos. Die Gerichte verwiesen auf den nicht zu störenden Weihnachtseinkauf und die Unfallgefahr eines Hindernisses auf einer Autobahn, als würde jeder Stau zu Auffahr-Unfällen führen und die Polizei nicht in der Lage sein, dieses zu verhindern. Der Autoverkehr an sich als einer der großen Gefahren für die Menschen wurde ignoriert.
Selbstverständlich sollte die Demo da entlang gehen , wo zumindest eine Ursache der Klimakrise lag, beim Autoverkehr und selbstverständlich sollte dieser gestört werden um vielleicht einige Autofahrer zum Nachdenken während des Demozuges anzuregen. Aber es kam anders, und so wich die Demonstration auf den Theodor-Heuss-Ring aus.
Wird ein Ziel der Politik erkennbar werden?
Der Sinn und die große Akzeptanz bei den Menschen des Pariser Klima-Abkommens war der Inhalt der Ansprache zweier weiterer junger Frauen. Darauf hinzuweisen, dass dieses Abkommen zwar sehr gute Absichten zur Rettung des Planeten Erde beinhaltet, diese aber von der Industrie-Hörigkeit vieler Parteien und Regierungen konterkariert wird, ja nicht nur wurde, sondern konstant ignoriert wird. Wenn die Ausstiegszeit aus der Kohleverstromung in 2038 gesehen wird und der reale Rückbau der Windkraftanlagen in 2020 in Schleswig Holstein bilanziert wird, kann keines der vereinbarten Ziele gehalten werden. Die Politik ist im Wahljahr 2021 zum Handeln aufzufordern.
Nach drei sehr schönen Ansprachen setzte sich der Zug in Bewegung, mehrere hundert Meter lang, Mitradelnde von 16 bis weit über 60 Jahre jung, nutzten die Gelegenheit, auf ihre Ängste um die Erde aufmerksam zu machen. Am Theodor Heuss Ring in Höhe der Liebfrauen Kirche gab es die große Zwischenkundgebung, immer mit dem Hinweis auf den eigentlich unpassenden Ort für diese Veranstaltung. In den Beiträgen von TKKG, dem VCD und den fff Jugendlichen wurde hier auf die Gefahr des Anschlusses der A 21, der Zerstörung eines weiteren wichtigen Teils des Grüngürtels durch die Südspange und den weiter ungebremsten CO 2 Ausstoß durch den MIV hingewiesen.
Wer setzt sich in der Demokratie für den Erhalt der Erde ein ?
In vielen Gedanken klang die Enttäuschung über die hessischen und Bundes-Grünen durch, die zulassen, einen Wald für eine weitere Autobahn zu roden. Diese Autobahn würde nach Ansicht Vieler nicht gebraucht werden, wenn man eine Mobilität der Zukunft mit weitaus weniger LKW planen würde.
Weitere Ursachen für die Bedrohung des Klimas liegen in der Lebensmittel-Verschwendung, der industriellen Landwirtschaft, der fossilen Gebäude-Beheizung und der viel zu niedrigen Vorschriften im Wohnungsbau, darauf wurde ebenfalls hingewiesen. Die Menschheit hat große Aufgaben vor sich, die Erde weiter lebenswert zu erhalten, die Frage blieb im Raum, wer es durchsetzen soll, die Politik wurde dafür als nicht in der Lage angesehen.
Die wirklich großen Veränderungen, Naturschutz, solidarische Landwirtschaft, Windkraft, Atomausstieg haben die Menschen selbst organisiert, die Politik muß gezwungen werden, den gesetzlich Rahmen zu schaffen, ein langer Weg!
Der Demonstrationszug bewegte sich dann zurück zum Ausgangsort, wo er aufgelöst wurde, nicht ohne den Hinweis auf viele verwirrte Verschwörungs-Theoretiker am Ostseekai und eine weitere mutige Gegendemonstration unter anderem der Omas gegen Rechts.
Ulrich Hühn, 24148 Kiel, 14. 12. 2020
(Das Foto zeigt die Demonstrierenden auf dem Theodor-Heuss-Ring. Rechts im Bild sieht man eine der neuen Luftfilteranlagen.)
Die „Straßen der Verursacher der Klimakrise“? Puh, schon in der Überschrift geht’s ja sehr konstruktiv zu – da kriegt man richtig Lust, auch unter die Radler zu gehen. Muss man dafür eigentlich barfuß sein und sich in linken Gruppen organisieren oder geht’s auch ohne?
„Selbstverständlich sollte die Demo da entlang gehen , wo zumindest eine Ursache der Klimakrise lag, beim Autoverkehr und selbstverständlich sollte dieser gestört werden um vielleicht einige Autofahrer zum Nachdenken während des Demozuges anzuregen. Aber es kam anders, und so wich die Demonstration auf den Theodor-Heuss-Ring aus.“
Ah ja, natürlich. Wir bewegen Autofahrer zum Nachdenken, indem wir diese während der Demonstration von einer Hauptverkehrsstraße verdrängen, wodurch Umwege von vielen Minuten (oder eventuell stundenlange Staus) entstehen. Das macht Sinn.
Noch lächerlicher wird es, wenn man realisiert, dass 200 Demonstranten nur etwa 0,1% der Kieler Bevölkerung darstellen. Das heißt also im Umkehrschluss, eine Minderheit will über die Mehrheit bestimmen (in diesem Fall einfach nur den Alltag stören, um irgendwelche Klimaziele zu ‚erzwingen‘), ungeachtet dessen, was die anderen 99,9% eventuell wollen. Von den Fahrern, die von außerhalb kommen (müssen) mal ganz abgesehen.
Solche Demonstrationen sind wertlos und machen die Betroffenen nur noch wütender. Das hat nichts mehr mit Überzeugen von Autofahrern zu tun.
Es wird eigentlich immer für Minderheitsthemen demonstriert. Manchmal wird aus einem Minderheitsthema ein Mehrheitsthema, Beispiel Ausstieg aus der Atomkraft. Mal sehen wie es mit dem Wunsch der Demonstrierenden nach weniger Autos und mehr Klimaschutz weiter geht. Ob es mal Mainstream wird?