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Die Landeshauptstadt Kiel diskutiert mal wieder über eines ihrer Lieblingsthemen: Kleingärten. Auslöser ist dieses Mal ein Offener Brief des Vorsitzenden des größten Kieler Kleingärtnervereins, Axel Zabe. Darin listet er, akkurat durchnumeriert, vier Punkte auf, über die er sich beschweren will:
- Ausbleibende (obwohl zugesagte) Hilfen für die Überschwemmungsschäden des vergangenen Winters;
- Ausbleibende (ebenfalls zugesagte) Hilfen für die Eingliederung von Migranten und „ausländischen Mitbürgern“;
- Von der Kieler Stadtverwaltung durchgeführte, „groß angelegte“ Begehungen, Kontrollen und Vorwürfe bezüglich Regelverstößen;
- eine Wirtschaftsprüfung des Vereines seitens der Kieler Stadtverwaltung.
Von diesen Punkten nimmt der dritte mit Abstand den breitesten Raum
in dem Brief ein; in diesem Zusammenhang schreibt Zabe, „In meinen Augen
sieht es so aus, als wenn man das Kleingartenwesen in Kiel vernichten
möchte.“ Auch die Flächenverluste aufgrund der geplanten
Möbel-Kraft-Ansiedlung werden erwähnt, allerdings im Zusammenhang mit
zugesagten, aber dann vergessenen Ausgleichsflächen. Der Brief endet mit
dem Satz, „Dieses Schreiben werde ich an Zeitungen, Funk und
Fernsehprogramme schicken, in der Hoffnung, endlich irgendwo Gehör zu
finden.“
Die Reaktionen der Kommunalpolitik auf den Offenen Brief fielen recht
unterschiedlich aus. Die Ampel-Kooperation im Kieler Rathaus
bezeichnete den Brief als „völlig kontraproduktiv“ und als „in der Sache
und im Ton unakzeptables Schreiben“, überdies sprach sie von
„martialischer Rhetorik“. Der SSW diagnostizierte einen „überforderten“
Vereinsvorsitzenden. Die übrigen Parteien ließen mehr Verständnis für
Zabes Sorgen und Klagen erkennen.
Die „Kieler Nachrichten“ berichteten in zwei Artikeln über den Brief
und die Reaktionen, ferner befaßte sich die zuständige Redakteurin in
einem Kommentar mit dem Thema. In diesem läßt sie zunächst durchaus
Sachkenntnis und Verständnis für die Kieler Kleingärtner erkennen, wenn
sie schreibt: „Vor allem wegen der Ahndung von Regelverstößen hegen (die
Kieler Kleingärtner) derzeit einen kollektiven Mißmut gegen die Stadt.
Die Verärgerung ist nachvollziehbar, denn nach jahrzehntelanger Duldung
fing die Stadt 2018 an, sämtliche Parzellen zu überprüfen (…) Pächter,
Vereine, Kreisverband, Ratsmitglieder – keiner kann die plötzliche
Aktivität der Verwaltung erklären. Kaum zu glauben, daß sie reine
Willkür ist. Aber welche Strategie steckt bloß dahinter?“
Das frage ich mich allerdings seit einigen Monaten (und nicht nur
ich), und alle Versuche, der Verwaltung eine sinnvolle Antwort zu
entlocken, sind bislang fehl geschlagen. Es stimmt mit meinen
Erfahrungen überein, daß selbst Ratsmitglieder ratlos vor dieser Frage,
bzw. vor diesem Verwaltungshandeln stehen. Die CDU-Ratsfraktion
beispielsweise schrieb in ihrer Reaktion auf Zabes Brief ausdrücklich,
daß „einige Vorgänge bisher nicht bekannt“ waren. Es verfestigt sich
daher der Eindruck, daß wir es hier mit einer teilweise außer Kontrolle
geratenen Verwaltung zu tun haben, die mit streng preußischer
Vorschriftstreue über das Kieler Kleingartenwesen hergefallen ist.
Wieso dann gerade die Vertreter der Kieler Ampel-Kooperation – die
doch am ehesten imstande sein sollten, die außer Kontrolle geratenen
Verwaltungsorgane wieder zu bändigen – den Offenen Brief Zabes so heftig
angreifen, ist mir unverständlich. Wo bitte schön sehen sie denn da
„martialische Rhetorik“ oder „unakzeptablen Ton“? Nur wegen des Wortes
„Vernichtung“? Der aufmerksame Leser des Briefes wird doch eher
Enttäuschung und geradezu Verzweiflung wahrnehmen, anstatt martialischer
Gesinnung.
Schon seit Längerem vermuten viele Kieler Kleingärtner hinter dem schikanösen Verhalten der Verwaltung den – offen nicht eingeräumten – Wunsch nach Bauland, und auch die Kommentatorin der KN äußert diesen Verdacht, jedoch nur, um sich dann sogleich auf die Seite ebendieser Verwaltung und ihrer heimlichen Intentionen zu schlagen: Falls die Verwaltung von dem „Verlangen, das städtische Eigentum teils anders oder lukrativer zu nutzen“ angetrieben sei, wäre dies doch eine prima Idee, die man öffentlich diskutieren solle, anstatt sie zu verstecken. Und dann singt sie wieder das wohlbekannte Lied von den „Gärten zur Selbstversorgung“, die man in lange vergangenen Zeiten mal gebraucht habe, aber doch gewiß nicht mehr heutzutage in einer wachsenden „flächenarmen Großstadt“. Anstelle von Kleingärten brauche Kiel „Flächen für Naherholung, Wohnraum und Gewerbe“ (wieso Kleingartenanlagen der „Naherholung“ im Wege stünden, bleibt ihr Geheimnis). Dieses Plädoyer für die Abwicklung der Kieler Kleingärten, bzw. des Kieler Grüngürtels, schließt die Kommentatorin mit der Aussage, „Es kann nur schöner werden in den Kleingärten“. Absurder geht es nicht mehr. Artikel von abutimon
Das Foto zeigt ein ehemaliges Kleingartengebiet, das plattgemacht wurde für ein Möbelmarktzentrum, das hier gebaut werden soll.
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