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Gaardener Runde zur Drogensituation

Die erste Gaardener Runde seit der Pandemie befasste sich mit der Drogensituation, speziell mit der aktuellen Crack-Welle in Gaarden. Zur Einstimmung auf das Thema ging ich am Karlstal vorbei und sah dort gleich zwei Männer, die Pfeife rauchten. Und gemeint ist nicht die Tabakpfeife sondern diese kleinen Metallpfeifen, mit denen Heroin, Kokain oder eben Crack geraucht wird. Das geschieht in Kiel immer öfter in der Öffentlichkeit.

Die gut besuchte Veranstaltung mit Sozialdezernent Gerwin Stöcken, mit Sozialarbeiterinnen und Polizisten auf dem Podium drehte sich um zwei Themen. Wie schlimm ist es und was kann man dagegen tun?

Wie schlimm ist die Drogensituation in Gaarden?

Die Crack-Welle begann letztes Jahr. Man sieht seitdem – auch auf dem Westufer – verelendete Menschen, die zum Teil in der Öffentlichkeit konsumieren und auch ihre Notdurft verrichten. Das Schlimme an Crack ist , dass es einen hohen Suchtdruck verursacht, und dazu führt, dass die Abhängigen sich nicht mehr um ihren Körper und um ihr tägliches Leben kümmern. Beate Kruska von der Drogenhilfe Ost beschrieb den Unterschied zu Heroin so: Nach einem Heroinschuss in hier üblicher Dosis hat der Abhängige etwa vier Stunden Ruhe, bis der Druck sich wieder aufbaut. Bei Crack handelt es sich um eine Wirkdauer von nur 20 Minuten. Daher sind die Crack-User rastlos auf der Suche nach Nachschub. Streetworkerin Mira Ahrens berichtete, dass diese Menschen es nicht einmal ans Westufer schaffen, wenn sie versucht, jemanden dahin zu begleiten.

Crack ist ein Produkt auf der Basis von Kokain. In Gaarden werden auch noch die älteren Drogen komsumiert, auch synthetische Opioide wie Fentanyl und Tramal.

Uwe Eidinger, Leiter des 4. Polizeireviers, berichtete von einer deutlichen Steigerung der Strafdelikte gegenüber letztem Jahr. Er führt dies auf die Beschaffungskriminalität zurück. Auch er berichtet davon, dass öffentlich im Karlstal geraucht wird. Eine besondere Aufbauorganisation kümmert sich um die Crack-Problematik. „Das kann so nicht weiter gehen“, sagte Eidinger. Parallel ermitteln vier Kollegen von der Einheit Straßendeal . Sie haben allein dieses Jahr schon 25 Wohnungen- und Hausdurchsuchungen durchgeführt, was zehn Leute in Untersuchungshaft brachte.

Sozialdezernent Stöcken schätzt, dass sich 400-500 Menschen in Gaarden im Drogensystem befinden. Sichtbar sind nur diejenigen, die kein richtiges Zuhause haben.

Seitdem der Garten im Steinmarderweg, in dem sich Drogenabhängige aufhielten, geschlossen wurde und sowohl Polizei als auch KOD (Kommunaler Ordnungsdienst) öfter am Karlstal kontrollieren, hat sich die öffentliche Szene stärker aufgeteilt. Die Menschen, die keine richtige Wohnung haben, halten sich mal hier mal dort, auch in Kellern und Hauseingängen auf.

Stöcken wünscht sich einen Ort, wo die Menschen in Ruhe konsumieren und sich aufhalten könnten. Allerdings ist so ein Ort in Gaarden, dem am dichtesten besiedelten Stadtteil Kiels, schwer zu finden.

Ursachen der Drogensituation und mögliche Hilfe

Eine Besucherin klagte, dass sie sich unwohl fühlt, wenn sie am Rewe Karlstal vorbei radelt. In der Diskussion wurde aber auch schnell klar, dass alle Menschen, auch Drogenabhängige, sich auf der Straße aufhalten dürfen, sie dürfen auch auf dem Boden sitzen oder sich in Bushaltestellen setzen. Der Konsum von illegalen Drogen ist nicht gestattet. Alkohol darf jedoch in der Öffentlichkeit konsumiert werden. Und Gaarden hat nicht nur ein Drogen- sondern auch ein Alkoholproblem!

Herr Preuß von der Einheit Straßendeal sagte, es käme äußerst selten vor, dass Passanten am Karlstal angegangen oder sogar ausgeraubt würden. Die Menschen, die sich dort treffen, sind mit einander beschäftigt. Das deckt sich auch mit meiner Erfahrung. Man wird in Ruhe gelassen. Einmal habe ich mich dazu gestellt, da kam nach einigen Minuten jemand um zu fragen, ob ich etwas brauche. Gedealt wird also auch.

Herr Eidinger von der Polizei sagte, dass so gigantische Geldsummen im Spiel sind, dass dem Problem nur mit Sozialhilfe nicht beizukommen sei.

Dennoch tut die Sozialhilfe einiges um das Leben der Drogenabhängigen weniger störend für die Allgemeinheit zu gestalten. Der Trinkraum, das Flexwerk und die Drogenhilfe Ost wollen zusammen einen Raum mit Duschen und Waschmaschinen schaffen.

Ein Apotheker in der Runde meinte, es würde besser werden, sobald es eine Therapie gibt wie die Substitution bei Heroinabhängigen.

Auch die teils desolate Situation von Kindern, auf deren Bedürfnisse weder in den Familien noch in den Kitas eingegangen wird, war Thema. Weitere Ursachen von Drogensucht sind Wohnungsnot und Armut generell. Und auch psychische Krankheiten spielen mit hinein. Es ist also keine einfache Gemengelage.

Den größten Applaus erhielt Iris Gold vom Trinkraum Kieler Anker. Sie appellierte an das Verständnis für die Nöte von Suchtkranken: „Bitte vergesst nicht, dass auch die Suchtkranken und die psychisch Kranken Menschen sind, sie haben eine Geschichte, sie brauchen auch Wertschätzung. Sie sind nicht die Monster der Gesellschaft!“

Dauert die Crack-Welle zwanzig Jahre? Diese Frage zog sich als roter Faden durch die Diskussion ohne abschließend beantwortet zu werden. Klar ist, der Weg in die Sucht ist schnell, der Weg wieder heraus ist möglich, aber langwierig.

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Drogenkonsumraum und KOD-Dienststelle für Gaarden

kn online: Drogenszene in Kiel gerät außer Kontrolle

Blitzlicht auf Gaarden

Vor der Ortsbeiratssitzung machte ich einen kleinen Spaziergang durch den Stadtteil Gaarden. Erster Eindruck: Die Wand vom REWE-Gebäude im Karlstal ist eingerüstet. Die Fotografien an der Wand dort sind in die Jahre gekommen, ein neues Kunstwerk soll hier entstehen, der entsprechende Wettbewerb läuft.

In der Elisabethstraße fielen mir etliche leerstehende Ladenlokale auf. Der ehemalige Dabranmarkt steht schon seit Jahren leer, und heute auch immer noch.

Ich mag Gaarden an lauen Sommerabenden, wenn die Restaurants sich füllen und die Kneipen schon mal durchlüften. Auf dem Vinetaplatz noch einen Kaffee getrunken, den spielenden Kindern zugesehen, und mich dann auf den Weg zur Ortsbeiratssitzung gemacht.

Viel Polizei war unterwegs, in der Elisabethstraße, auch an der Ecke Iltisstraße/ Helmholtzstraße, wo ich beobachtete, dass zwei Männer nach Waffen abgeklopft wurden. Große Aufregung dann auf dem Schulhof der Hans-Christian-Anderson-Schule, einige Kinder hatten Angst, andere liefen aufgeregt zwischen Schulhof und Polizeiwagen hin und her, und schienen das Geschehen eher anregend zu finden. Da war anscheinend ein Streit zwischen Jugendlichen eskaliert.

Restaurantgutscheine in der anna Gaarden

Eines der Themen in der Ortsbeiratssitzung waren die Restaurantgutscheine, die sich arme Menschen über 60 in der „anna Gaarden“ (AWO Anlaufstelle Nachbarschaft) abholen können. Es sind noch über 200 vorhanden. Weder Alter noch Bedürftigkeit wird überprüft, wer sich also in der entsprechenden Kategorie sieht, kann sich ganz unbürokratisch einen Gutschein abholen. Sie berechtigen zu zwei Mittagsmahlzeiten bei teilnehmenden Lokalen. Die Bambule ist auf jeden Fall dabei! Die „anna Gaarden“ in der Preetzer Straße neben der Räucherei ist geöffnet montags von 12 – 14 Uhr und mittwochs von 10 – 12 Uhr.

Thema Verkehr in Gaarden

Der Gaardener Thilo Pfennig regte eine Bürgerbeteiligung zum Thema Verkehr in Gaarden an. Titel: Anregung zur Verbesserung der Verkehrssituation in Gaarden und zur Erörterung innovativer Lösungsansätze. Obwohl Thilo Pfennig als Gründer eines der ersten Parklets in Kiel bekannt ist, soll die Diskussion durchaus offen verlaufen, und auch die Bedürfnisse von Aufofahrenden berücksichtigen, die Parkraum reklamieren. In seinem Begründungsschreiben erklärt er das Konzept der „Superblocks“, was so eine Art verschärftes Anwohnerparken darstellt. Begründung

Das Thema Verkehr spielte auch in anderer Hinsicht in der Diskussion an diesem Abend eine Rolle. Die Bürgerbeteiligung zur Tram, die in Gaarden kürzlich stattfand, hatte ins Bewusstsein gebracht, was die Tram für den restlichen Verkehr bedeutet. Wenn die Tram – wie geplant – am Karlstal in die Elisabethstraße Richtung Vinetaplatz einbiegt, sollen Autos und Fahrräder dann durch die Querstraßen fahren.

Ein Nebenthema war die Veloroute 7, „die Veloroute, die keiner kennt“. Laut Stadtseite kiel.de ist sie erst in Planung.

Gemeinsames Kochen und Tanzen

Annette Tempelmann von der ZBBS beschrieb das gemeinsame Kochen in dem von ihr gegründeten Interkulturellen Garten. Ihr neues Projekt mit dem Namen „Voneinander lernen“ lief gut. Sie feierten Feste im Garten. Die Teilnehmenden, die oft wenig Geld haben, können Speisen aus ihrer Heimat präsentieren.

Wachsender Beliebtheit erfreut sich auch die Veranstaltung „Tanz und Tee“ im Zentrum für Empowerment und Interkultureller Kreativität (ZEIK) . Einmal im Monat kommen Frauen für vier Stunden ins Zentrum, ihre Kinder können betreut werden. Das nächste Mal am 30. September. Programm: https://www.zeik-kiel.de/ (Auf der Seite runterscrollen, dann kommt der Kalender.)

Sonstige Termine in Gaarden

Am 16. September lädt der Verband deutscher Sinti und Roma in die Räucherei ein. Ab 14 Uhr beginnt ein Kinderprogramm. Nach 17 Uhr geht es dann mit Musik weiter.

Am Dienstag, 3. Oktober lockt der Aktionstag Naturheilkunde ins Café Medusa. Der Tag ist vollgepackt mit Vorträgen zum Thema, dazu Essen und Trinken im Café, und Büchertisch und Infostände im Hof. Der Eintritt ist frei. Programm

Der nächste Müllgipfel kommt

Es hat in Gaarden schon Tradition, dass ab und zu eine Ortsbeiratssitzung ganz dem leidigen Thema Müll in all seinen Facetten gewidmet wird. Das nächste Mal am 11. Oktober um 19 Uhr, im „anna Gaarden“ (ehemals Bürgerzentrum Räucherei). Der Oberbürgermeister wird mitdiskutieren. Mein subjektiver Eindruck: Gaarden ist im letzten halben Jahr sauberer geworden.

Wenn du am World Clean-Up Day mit sauber machen möchtest: Am 16. September heißt es: “die Welt räumt auf, Gaarden macht mit!”. Treffpunkt ist die Elisabethstraße 68.

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Drugs, but no sex im Steinmarderweg

Gaardens Kommunalpolitiker wünschen sich weniger Verkehr und mehr Grün

Drugs, but no sex im Steinmarderweg

Mittlerweile wurde der Garten im Steinmarderweg hinter dem Kirchenweg 34 geräumt und eingezäunt. Zuletzt wurde der Garten von Olly Stender gepachtet. Wir trafen uns, um zu erfahren, wie es zu den Entwicklungen kam, die letztlich zur Räumung des Gartens geführt haben.

Olly gab freimütig zu, dass es immer wieder Probleme im Garten gab. Vor allem die Müll-Situation war nicht in den Griff zu bekommen, nachdem etwa 30 Personen, die auf der Straße leben, den Garten nutzten, wobei es nur zwei Mülltonnen gab. Die Müll-Problematik eskalierte, als ein Nutzer ein Bauprojekt begann. Und zwar gab es an der Rückseite des Gartens seit jeher eine bauliche Struktur, die man als Bühne oder Hütte mit drei Seiten bezeichnen könnte. Der Mann wollte eine vierte Seite bauen und schleppte zu diesem Zweck Baumaterial an. Es kam dann zu einem handfesten Streit, er wurde des Gartens verwiesen, das Baumaterial blieb zurück und die Kieler Müllabfuhr (ABK) weigerte sich, den Müll abzuholen.

Olly ist eine Transperson und möchte mit den englischen Pronomen der 2. Person Plural bezeichnet werden, also „they“. „Sie erkennen mich an den rosa und hellblau gefärbten Haaren“, schrieb they mir, damit wir uns am Treffpunkt erkennen. Mit beim Treffen war Michele, die den Garten als Aufenthaltsort nutzte. Sie ist schick gekleidet, mit viel Schmuck und einer eleganten Handtasche. Sie sagt, sie sei zur Zeit quasi obdachlos. Zwar kann sie zur Zeit bei einem Verwandten schlafen, aber ein eigenes Zuhause hat sie nicht und auch keine Papiere mehr, was ihr Leben rein praktisch betrachtet unglaublich kompliziert macht.

Erst Bulgaren, dann Obdachlose im Steinmarderweg

Olly übernahm den Garten im Februar dieses Jahres. Mit einigen Freunden baute they eine leichte Wand, um darauf Graffitis zu sprühen. Zum Konzept für den Garten gehörte, dass er von den Gaardenern genutzt werden konnte. Zu den ersten Nutzern zählten die Bulgaren und Bulgarinnen, die in der Iltis Straße einen Kiosk betreiben und den Garten zum Feiern nutzten.

Während der Kultur-Rotation lernte Olly eine Frau kennen, die fragte, ob sie im Geräteschuppen schlafen könnte. In der Folge hielt sich eine Gruppe von Menschen, die kein richtiges Zuhause haben und die Drogen konsumieren, im Garten auf. Michele: „Der Garten hat uns sehr geholfen“.

Die Gruppe hatte sich Regeln aufgestellt. So durfte nicht gedealt werden und keine Spritzen benutzt werden. Der Stoff wird geraucht. Zur Anschauung für mich zog Michele zwei Pfeifen aus der Handtasche. Sie sind aus Metall, etwa 10 Zentimeter lang, mit kleinen Pfeifenköpfen für das Heroin oder Kokain.

Die Chronologie des Endes

Kürzlich wurde der Garten von der Stadt geräumt. Das Ende kam ziemlich plötzlich. Am 17. Juli hatte Olly noch eine Besprechung mit dem Sozialdezernenten Gerwin Stöcken, der ihm eine Nutzung des Gartens bis November in Aussicht stellte. Am 19. Juli erschien ein Artikel von Martin Geist in den Kieler Nachrichten mit dem reißerischen Titel „Probleme bei Gartenprojekt in Gaarden: Sex und Drogenkonsum vor Kinderaugen“. Am 20. Juli beschloss der OB Ulf Kämpfer, den Garten dicht zu machen. Am 21. Juli rückten die Bagger an.

Olly und Michele ärgern sich über die Darstellung der Zustände in den Kieler Nachrichten. Ihres Wissens gab es weder Sex noch Prostitution auf dem Gelände. Auch die Geschichte mit Amira , dem American Bulldog soll weniger dramatisch verlaufen sein. Olly bedauert zutiefst, dass der unangeleinte Hund eine Mutter mit Kleinkind erschreckt hat. Das hätte nicht passieren dürfen. Es bestand aber zu keinem Moment eine Gefahr für das Kind, beteuern Olly und Michele.

Sicher war der Ort ungeeignet für einen Treffpunkt für Drogenabhängige, da sich in unmittelbarer Nähe ein AWO Kinderhaus und die Jugendmigrationsberatung Impuls befindet. Olly meint zwar, die Kinder wären nie gefährdet gewesen. Dennoch ist es eine schwierige Nachbarschaft und die Beschwerden gingen auch vom Kinderhaus aus.

Mein Gespräch mit Olly und Michele vermittelte mir die Einsicht, dass der Garten trotz aller Probleme den Menschen, die nicht wissen, wo sie hin sollen, ein Refugium bot. Nach der Räumung des Gartens zog Michele mit der Gruppe in den Keller eine nahegelegenen Hauses, von wo sie auch wieder vertrieben wurden. Seit dem ziehen sie von hier nach dort. Für Michele hat sich allerdings doch eine positive Entwicklung ergeben: Sie wird seit der Räumung des Gartens von einer Sozialarbeiterin des Flexwerks betreut und hat Hoffnung, wieder einen Personalausweis zu erlangen.

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kn online: Probleme bei Gartenprojekt in Gaarden: Sex und Drogenkonsum vor Kinderaugen

Kriminalstatistik Gaarden vorgestellt

KoolKiel auf dem Weg zur Baugenehmigung

Am Mittwoch stellte eine Delegation vom Bauprojekt KoolKiel im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung den Stand der Dinge im Ortsbeirat Gaarden vor. Dieser Schritt auf dem Weg zur Baugenehmigung musste wiederholt werden, nachdem der ursprüngliche Plan, im großen Turm ein Hotel unterzubringen, fallen gelassen wurde.

Trotz gestiegener Baukosten soll das Projekt realisiert werden. Jedoch sei die Finanzierbarkeit in der heutigen Zeit eine Herausforderung, erklärte Lutz Lester, als Vertreter der Grundstückseigentümer.

Der Investor Markus Aluta hat das renommierte niederländische Architekturbüro MVRDV mt dem Projekt betraut.

Türme, Riegel und Tanzende Würfel

Zwei Türme, zwei Riegel und drei kleinere mehrgeschossige Gebäude in Form von Würfeln werden eine Mischung aus Wohnungen und Gewerbe enthalten.

Im großen Turm mit den verschiebbaren Ebenen sollen nun Wohnungen, Büros, ein Restaurant und eine Boarding House untergebracht werden. Im Boarding House können kleine möblierte Apartments für bis zu einem halben Jahr gemietet werden. Läden mit einer Verkaufsfläche von nicht mehr als 200 Quadratmeter im Erdgeschoss sind auch möglich. Bordelle und Vergnügungsstätten werden auf dem ganzen Areal ausgeschlossen. Die Türme bekommen eine Fassade aus Aluminium und Glas.

Der soziale Wohnungsbau beschränkt sich auf die drei Würfel. Auch hier sind Läden im Parterre mit Flächen bis höchstens 200 Quadratmeter möglich. Diese Würfel erhalten eine Klinker-Fassade.

In den Riegeln soll es frei finanzierte Eigentumswohnungen geben. Auch hier sind kleine Läden möglich. Die Fassadengestaltung ist noch nicht entschieden. Das Beitragsbild (Visualisierung von MVRDV) zeigt eine Anssicht, wie es aussehen könnte.

Auf dem Areal wird es einen Park geben. Die Gestaltung der Grünanlagen ist noch vorläufig, da die genaue Lage der Veloroute Werftststraße noch nicht feststeht.

W8 weicht KoolKiel

Das alte W8, diese urige Bus-Garage, die zu einem Zentrum für Start-Ups geworden ist, wird nach den jetzigen Plänen verschwinden. Die Idee, das W8 zu überbauen, wird nicht mehr verfolgt. Einige der Mieter ziehen in die Halle in der Preetzer Straße 5 um, zumindest übergangsweise. „Es wäre toll, wenn sie zurückkämen“, sagte Lutz Lester, dessen Firma (Neander Motors) auch lange ihr Zuhause im W8 gehabt hat.

Heizen, Parken…

Eine Tiefgarage soll die notwendigen Stellplätze bieten. Überkapazitäten wird es hier nicht geben, sagte die Architektin Jasmin Dieterle-Proesel und dämpfte damit gleich die Hoffnung auf mehr Parkplätze für den Stadtteil.

Geheizt wird mit Fernwärme und Wärmepumpe. Eine Schmutzwasseraufbereitung ist nicht möglich, da der Platz für das entsprechende Becken für einen Eisspeicher benötigt wird. Der unterirdische Eisspeicher ist Teil der Wärmepumpe.

Der Ortsbeirat Gaarden begrüßte das Projekt weiterhin, da Gaarden hiermit einen attraktiven Eingangspunkt erhält und zusätzlich Wohnraum und Gewerbe. Übrigens: das höchste Hochhaus in Kiel bleibt weiterhin der „Weiße Riese“ in Mettenhof!

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Die Angaben auf der Homepage von MVRDV sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels nicht ganz auf dem neuesten Stand, denn hier ist noch von einem Hotel die Rede: https://www.mvrdv.com/projects/378/koolkiel

Ein Bericht vom ersten Anlauf, als KoolKiel noch ein Hotel beinhalten sollte: KoolKiel: Vorstellung im Ortsbeirat Gaarden 2019

Das Beitragsbild ist eine Visualisierung von MVRDV, während der Vorstellung von der Leinwand abfotografiert.

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Neue Grundschule für Gaarden

Für die vielen Kinder im Stadtteil Gaarden wird eine neue Grundschule gebaut. Standort ist das Grundstück der abgerissenen Schwimmhalle an der Johannesstraße. Geplante Fertigstellung: Sommer 2025. Der erste Preis ging an den Entwurf des Architekturbüros Hascher Jehle.

Tatjana Peters vom Amt für Schulen berichtete im Ortsbeirat Gaarden, dass es ab 2023 eng wird. „Die Schulen sind voll….Wir rechnen mit steigenden Schülerzahlen im nächsten Schuljahr 22/23.“ Dabei spielt die Hörnbebauung eine Rolle. Wie genau die Schuleinzugsgebiete aussehen werden, steht noch nicht fest. Bis zur Einweihung der neuen Grundschule wird das Amt also zusätzliche Flächen akquirieren. Das können Container sein, aber auch leerstehende Ladenlokale. „Wir sind da komplett offen,“ sagte Tatjana Peters. Sie sagte, das Aufstellen eines Containers sei nicht so einfach, wie man denken könnte. Insofern komme auch der Umbau einer angemieteten Ladenfläche in Frage.

Schule mit innovativem Design

  • Der neue Trend im Schulbau wird hier umgesetzt: die Compartment-Schule. Hier teilt sich ein Klassenjahrgang eine ganze eher offen gestaltete Zone.
  • Durch Fahrstühle und Toiletten in jedem Stockwerk ist die Schule barrierefrei.
  • Die großflächige Verglasung wird begrünt. Umlaufende Balkone sind Aufenthaltszonen, aber auch Fluchtwege und Zugang zum Fensterputzen. Durch die Balkone und die Begrünung wird Transluzenz geschaffen, also Lichteinfall ohne direkte Sonne.
  • Bei diesen Großraumschulen sind schallschluckende Decken essentiell. Stefan Saleh von der Abteilung Bildungsbau betonte die Herausforderung an die Architekten, die Schallbelastung zu minimieren.
  • Der Schulhof befindet sich auf dem Dach der Zweifeld-Sporthalle. Auch der Gang zwischen Hauptgebäude und Sporthalle ist Pausenraum.
  • Es wird keine Elternparkplätze geben. Das Umfeld wird nicht vollständig versiegelt. Damit soll der Eltern-Taxi-Verkehr von vorneherein unterbunden werden.

Wie schon von der Hans-Christian-Andersen-Schule bekannt, soll auch diese Schule Raum für andere Aktivitäten bieten. Die VHS bekommt einen Raum, der schulärztliche Dienst ebenfalls. Außerhalb der Schulzeiten können Vereine die Sporthalle nutzen. Sogar Gastronomie könnte möglich sein, solange die Kinder abgeschirmt sind.

Die neue Schule in der Diskussion

Insgesamt fanden die Schulbaupläne viel Zustimmung im Ortsbeirat Gaarden, sowohl bei den Ortsbeiräten als auch bei den Besuchern. Ein Thema in der Diskussion war jedoch der Lärm. Der Experte klärte auf, dass Kinderstimmen laut Emissionsgesetz nicht als Lärm gelten. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass es in den Pausen für die Anwohner mal laut wird. Stefan Saleh: „Es ist nicht möglich, eine Schallschutzmauer um eine Schule zu bauen.“

Auch nach den alten Linden wurde gefragt. Sie sind in den Bauplänen noch eingezeichnet. Herr Saleh sagte, es sei in Kiel generell ganz schwierig, einen Baum anzufassen. Das sei jedes Mal ein hartes Ringen.

Zeitplan für die Grundschule

Im kommenden Jahr soll der Bauantrag gestellt werden. Das Verfahren zur Beauftragung des Wettbewerbsgewinners Hascher Jehle Design läuft. Für die Fertigstellung wird der Sommer 2025 angepeilt.

(Foto Hascher Jehle Architekten)

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Lob für neue Pläne für Grundschule in Gaarden

Bericht über Distanzunterricht aus Lehrersicht

Wir bleiben lieber anders!

Am Freitag demonstrierten etwa 100 Leute für den Erhalt des Li(e)ber Anders, Treffpunkt und Infoladen in der Iltisstraße 34 in Gaarden. Nach 30 Jahren soll Schluss sein, die Kündigung kam mit der Post. Das wollen die Betreiber nicht so einfach hinnehmen, denn sie möchten auch noch nach dem 31. Juli an dieser Adresse weiter für den Stadtteil aktiv sein.

Entstanden ist das Li(e)ber Anders 1991 als Arbeitsloseninitiative. Dann kam der Libertäre Laden dazu und machte ein links-ausgerichtetes Angebot an Infomaterial. In Zeiten vor dem Internet waren diese Infoläden wichtige Orte, um Zeitungen, Pamphlete und Flugblätter unter die Leute zu bringen. Das Lieber Anders wird zur Zeit von folgenden Initiativen getragen:

  • offene linksradikale Plattform
  • nara netzwerk anitirassistische aktion kiel
  • Perspektive Solidarität Kiel
  • Rote Hilfe Kiel

Heute finden unter dem Dach des Lieber Anders zahlreiche soziale Aktivitäten statt: Mieter*innen-Beratung, Sozialberatung, Küche für Alle, Öffnungszeiten für Kaffee und Kuchen. Das Netzwerk “solidarisch gegen Corona” koordinierte die Nachbarschaftshilfe in der Pandemie. Das Netzwerk “nara” war besonders aktiv während der Flüchtlingswelle.

Das Li(e)ber Anders hat einen Mietvertrag von 2011, letztes Jahr wurde die Miete dem örtlichen Mietspiegel angepasst. Der Gewerbemietvertrag wurde im April zum 31. Juli gekündigt.

Seit 2014 hat das Gebäude Iltisstr. 34 eine neue Besitzerin. Das jetzt erhaltene Kündigungsschreiben kam von Ulrike B., die eine Immobilienfirma in Mönkeberg betreibt. Es ist mir nicht ganz klar, wer genau das Gebäude besitzt.

Rabea Bohr vom Orgateam des Lieber Anders: “Wir wollen mit dieser Demonstration mehr Aufmerksamkeit bekommen. Vielleicht sagt die Vermieterin, wir verhandeln doch noch drüber.”

Obwohl es kurz vorher kräftig regnete, fanden sich etwa 100 Menschen in der abgesperrten Iltisstraße vor dem Li(e)ber Anders ein. Es wehten Fahnen von der antifaschistischen Aktion, DKP, die Linke. 150 Initiativen unterstützen die Demonstration, unter anderem das Kneipenkollektiv Sub Rosa und die Hansastr. 48. Alle Reden endeten mit dem Motto der Demonstration: “Wir bleiben lieber anders”.

Auch von der Politik kommt Unterstützung. Die Linke beantragte in der Ratsversammlung am letzten Donnerstag: “Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich mit der Eigentümerin der Immobilie Iltisstraße 34 in Gaarden in Verbindung zu setzen, mit dem Ziel darauf hinzuwirken, dass diese die Kündigung des Gewerbemietvertrags zwischen ihr und dem Verein zur Förderung der politischen Bildung in Gaarden e.V. zurücknimmt.” Dieser Antrag wurde in die Fachausschüsse für Kultur und für Soziales, Wohnen und Gesundheit überwiesen, um dort weiter erörtet zu werden. Als weniger unterstützend war dagegen der Hinweis von Florian Weigel (CDU) gemeint , dass die Rote Hilfe vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft wird.

Das Thema bleibt spannend. Was sind die Pläne der neuen Eigentümerin? Kann das Li(e)ber Anders genug Aufmerksamkeit für sich generieren, um die Vermieterin umzustimmen?

Weiterlesen:

https://lieberanders.gaarden.net/

Kundgebung gegen Ausbeutung in Schlachthöfen und anderswo

Gaarden: Gespräche vor einem bulgarischen Kiosk

Salami und Schinken in der Kühltruhe, Sandwiches im Tresen, frisch gemahlener Kaffe für 1,- Euro, Getränke: das beschreibt im Wesentlichen das Sortiment des bulgarischen Kiosk. Er befindet sich in der Iltisstraße, die vorübergehend in Mercedes-Kierpacz-Straße umbenannt wurde.

Die Besitzer des Kiosk stammen aus Bulgarien, sind seit vier Jahren in Kiel, soviel konnte ich erfahren.

Ich besuche diesen Kiosk öfter, um Kontakt zu Bulgar*innen in Gaarden zu bekommen und mehr über ihre Lebenswelt zu erfahren. Vor dem Laden führe ich Gespräche mit denjenigen, die gut genug Deutsch können. Man merkt, dass es für die bulgarischen Zugwanderten keine Willkommenskreise und Integrationskurse gab, da die Deutschkenntnisse doch arg zu wünschen übrig lassen.

Meine Gesprächspartner versuchen zu verstehen, was ein Blog ist. Meine Visitenkarte wird ans Brett über der Kühltruhe gepinnt. Die Namen habe ich in den folgenden Gesprächen geändert.

Mein erster Gesprächspartner Angel ist ganz glücklich mit Deutschland, bis auf ein Problem: “Die Vermieter wollen nicht an uns Bulgaren vermieten.” Er sagt, viele seiner Landsleute würden putzen gehen, in Hotels oder in Firmen oder “beim Chef”, damit meint er wahrscheinlich in Privathaushalten. Das Gespräch ist kurz, weil er zur Fröbelschule muss, um die Hausaufgaben für seine Kinder abzuholen.

Simeon arbeitet auf dem Bau, als Dekorateur. Deutschland gefällt ihm sehr gut. Er lebt in einer 124 Quadratmeter großen Wohnung mit seiner Frau, ihren fünf Kindern und seiner Mutter. Er ist 2015 nach Kiel gekommen.

Zwei Schwestern, die auf die Fröbelschule gehen. Elisa ist in der 4. Klasse, Emilya in der 2. Klasse.

Ich (zu Elisa): Du hast bestimmt ein gutes Zeugnis bekommen.

Elisa: Ja! Ich habe eine 1 in Deutsch und eine 2 in Mathe. Nur in HSU eine 3.

Ich: Du sprichst perfekt Deutsch!

Elisa: Mein Vater spricht Bulgarisch, Rumänisch, Türkisch und Französisch. Ich fange an, Bulgarisch zu vergessen. Aber ich habe ein bisschen Rumänisch von meiner Freundin Nadia gelernt.

Ich: Habt ihr eine schöne Wohnung?

Elisa: Wir wohnen zu fünft in zwei Zimmern. Es ist zu eng. Aber bald ziehen wir in eine größere Wohnung . Heute oder morgen kommt der Brief.

Emilya: Mein Opa ist gestorben. An einem Herzinfarkt.

Elisa: Meine Mutter hat einen ganzen Tag geweint.

Emilya: Wenn ich groß bin, will ich Erzieherin in der Kita werden.

Soweit mein impressionistischer Einblick in das Leben einiger Bulgar*innen in Kiel-Gaarden. Ich würde mich über weitere Kontakte freuen. Erster Eindruck: Es geht aufwärts, die Kinder lernen Deutsch und die Familien rücken langsam in bessere Wohungen auf.

Im Rahmen der EU-Freizügigkeit, dürfen Bulgar*innen nach Deutschland einreisen und sich niederlassen.

Gemäß dem Statistischen Jahrbuch für 2019 – neuere Daten liegen noch nicht vor – leben 1.641 Bulgar*innen in Kiel, davon 1.159 in Gaarden.

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Dieser taz-Bericht von 2014 beschreibt die schlimme Zeit, als Bulgar*innen noch keine Sozialleistungen erhielten: Roma in Kiel-Gaarden

Bulgaren in Kiel haben viele Probleme

Gemeinsam für ein sauberes Gaarden

Gezerre um das Hörn-Gebiet

Beitrag von Ulrich Hühn. Viele Vorstellungen zur Bebauung des ehemaligen Schwerindustrie-Standortes an der Hörn sind bereits verworfen worden. Jetzt aber gibt es eine aktuelle Planung aus Wohnungen mit abgerungenem Sozialbindungs-Anteil, mit Gewerbe und Freizeit-Gestaltung.

Das Areal wird sicher in naher Zukunft eine schöne Mischung aus verschieden wertigen Wohnungen, Verwaltung, Arbeitsplätzen und Promenade an der Wasserkante bieten, wäre da nicht eine Frage, die sich vor allem den Vermarktungs-Strategen aus dem Westufer unserer Stadt stellt:

Wozu gehört dieser Teil des Ostufers?

An der Brücke über die Werftstraße, der jüngst aufgewerteten Gaardener Brücke, die wohl bald vollendet wird, ist es deutlich kundgetan, hier geht`s zum Zentrum Gaardens, zum Vinetaplatz. Also gruppiert sich der Stadtteil um den Vinetaplatz herum, im Osten bis hin zu den beruflichen Schulen und zum Freibad Katzheide und im Westen bis zur Kaikante, zum Willy Brandt Ufer.

Da scheint ein Mißverständnis zu bestehen zwischen den Stadtteilen Gaarden und Vorstadt. Dieses ist bereits häufiger in Ratsausschüssen beschrieben worden, wenn das Hörn-Gebiet als zur Vorstadt zugehörig beschrieben wurde.

In der überregionalen Darstellung hat Gaarden ein “Schmuddel-Image”, gilt als Brennpunktstadtteil. Soll das Baugebiet Hörn etwa der Vorstadt zugeschlagen werden, damit es keinen Image-Schaden durch die Assoziation mit Gaarden erhält? Über dieses Thema geriet der Ortsbeirat Gaarden regelmäßig in Rage.

Gaarden beginnt doch erst ab der Werftstraße, oder? Die Frage stellt sich aktuell, wenn man die Hörnbrücke passiert und das Stadtteil-Schild „Gaarden“ auf einmal verhüllt ist.

Sollten sich Teile der Kiel-Vermarkter, wenn es ums Hörn-Gelände geht, nun durchgesetzt haben und diesen Teil von Gaarden okkupiert haben? Oder ist es nur ein Versehen und der Germania Hafen erhält einen neuen, auffälligen Hinweis?

Interessant wird es, weiter zu verfolgen, wie die Entwicklung dieses Stadtteils weiter verläuft, eine Mischung aus „nicht der sauberste Stadtteil“ aber der kreativste, mit funktionierendem Multikultur Anspruch, endlos großer sozialer Bindung, vielfältiger Kunst- und Kultur-Szene und viel sinnvoll investiertem Geld.

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Kiel – Hörnbebauung

Das Kieler Hörn-Areal

Ist der “Penny an der Werft” integriert?

Die Frage hört sich etwas lustig an, aber genau darum ging es, als Frau Becker vom Stadtplanungsamt im Ortsbeirat Gaarden das Einzelhandelskonzept vorstellte. Und zwar möchte Penny an der Werftstraße erweitern. Das Vorhaben wird zur Zeit geprüft. Es gibt gute Gründe dafür und dagegen, wie die Diskussion im Ortsbeirat zeigte. Dabei spielt das Konzept des “integrierten Standortes” eine Rolle.

Penny an der Werft möchte erweitern

Der zum Rewe-Konzern gehörende Penny (Werftstraße 247) würde gerne die Fläche von 800 auf 1.000 Quadratmeter erweitern und würde dafür einen Teil des Parkplatzes opfern. Anscheinend wird dieser Parkplatz nicht wirklich ausgenutzt, weil viele oder sogar die meisten Kund*innen zu Fuß kommen. So sah es auch aus, als ich an einem Wochentag fotografierte: Es standen relativ wenige Autos auf dem Parkplatz. Dafür kamen mir etliche Leute mit ihren Shoppern oder beladen mit großen Tüten entgegen. Obwohl der Penny am Rande der Wohnbebauung im Gaardener Gewerbegebiet liegt, machen sich Gaardener zu Fuß auf den Weg, und das liegt nicht an mangelnden anderen Einkaufsmöglichkeiten. So gesehen würde eine Erweiterung Sinn machen, auch für die Gaardener, die ohne Auto unterwegs sind.

Gründe dagegen

Genau diese Randlage steht einer Erlaubnis zur Erweiterung jedoch entgegen. Denn gemäß Kiels Einzelhandelskonzept dürften Supermärkte nicht in Gewerbegebieten gebaut oder erweitert werden. Penny in der Werftstraße entspricht nicht dem Ziel eines ins Wohngebiet integrierten Geschäfts. Für die Prüfung dieses Falls dürfte aber auch eine Rolle spielen, ob eine Sortimentserweiterung geplant ist.

Ziel: fußläufige Nahversorgung

Ein ganz zentraler Gedanke des Einzelhandelskonzepts ist es, die fußläufige Grundversorgung mit Nahrungsmitteln, Genussmittel, Drogerieartikeln und Pharmazie zu fördern. Neuansiedlungen oder Erweiterungen dürfen die Grundversorgung in den Wohngebieten nicht beeinträchtigen. Beispiel: Wenn es wie in Gaarden zentrale Supermärkte gibt, darf kein neuer großer Supermarkt im Gewerbegebiet oder am Stadtrand gebaut werden. Denn es soll nicht passieren, dass diese großen nicht-integrierten Supermärkte die kleinen aus dem Geschäft drängen und am Ende Leute ein Auto brauchen, um einkaufen zu können. (Von dieser Regel ausgenommen sind Kioske, Tankstellenshops, Souvenirläden. Für Sortimente, die nicht zur Grundversorgung gehören, gelten andere Regeln. )

Weniger Betriebe bei gleicher Fläche

Kiel ist insgesamt gut aufgestellt, was den Einzelhandel betrifft:

  • Es gibt 1.670 Einzelhandelsbetriebe auf einer Fläche von 450.000 Quadratmeter.
  • Die Zahl der Betriebe ist zwar zurückgegangen, nicht aber die Fläche. Dieser Trend liegt an der zugenommenen Konzentration auf größere Geschäfte.
  • Vor allem die Kioske und die Tante-Emma-Läden verschwinden.
  • Mit 1,92 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner liegt Kiel über dem Durchschnitt.

Das Einzelhandelskonzept wird zur Zeit fortgeschrieben, um es rechtskonform zu machen. Sinn dieses Konzeptes ist es, eine Entscheidungsgrundlage zu haben in Bezug auf Erweiterungs- und Ansiedlungsvorhaben. Was das für Penny in der Werftstraße bedeutet, bleibt abzuwarten.

Weiterlesen: In diesem Artikel geht es u.a. um ein ehemaliges Einkaufszentrum. Straßenportrait Sören

Was macht die Drogenhilfe Kiel-Ost?

“Nicht anfassen!” ruft Frau Abel schnell, als ich in die Kiste mit den abgegebenen Spritzen schaue. Eine der Aufgaben der Drogenhilfe Kiel-Ost ist es, Spritzen und andere Drogenutensilien zu tauschen und auszugeben. Diese Möglichkeit wird von Usern auch reichlich genutzt. Die Sozialpädagogin Tina Abel sagt ganz klar, dass jede auf einem Spielplatz gefundene Spritze eine zu viel ist. Dennoch tauscht allein die Drogenhilfe Kiel-Ost jährlich ca 45.000 Spritzen und bietet die Möglichkeit, diese auch wieder fachgerecht zu entsorgen. Die Drogenabhängigen hätten schon ein Bewusstsein für das Gefährdungspotential von benutzten Spritzen.

Offene Sprechstunde in der Drogenhilfe Kiel-Ost

Die Drogenhilfe Ost in der Johannisstraße 55 betreut und berät Menschen, die von illegalisierten Drogen abhängig sind, sowie deren Angehörige. Die Drogen sind vor allem Heroin, Haschisch und Kokain. In die offene Sprechstunde können Menschen spontan kommen , wenn sie Hilfe brauchen. Der Zugang ist niedrigschwellig, das heißt, kein Problem ist zu klein für eine Kontaktaufnahme und die Menschen sind nicht verpflichtet, die Beratungsstelle möglichst clean aufzusuchen. Neben der Abhängigkeit geht es auch oft um allgemeine Hilfen. Da möchte jemand mal telefonieren oder benötigt Hilfe beim Ausfüllen eines Formulars für das Jobcenter. Die Reflexion des eigenen Konsumverhaltens beginnt oft mit der Frage, ob man überhaupt schon abhängig sei. Denn bei illegalisierten Drogen verhält es sich nicht anders als bei Tabak und Alkohol: die Übergänge vom gelegentlichen Konsum zur Abhängigkeit verlaufen fließend und sind für die Betroffenen nicht immer klar zu erkennen.

Die Drogenhilfe Ost arbeitet niedrigschwellig und akzeptierend. Die drei Mitarbeiter*innen haben nicht den Anspruch, dass alle clean werden sollen, denn der Aufsuchende bringt selber ein Anliegen mit. Manche Konsument*innen möchten aufhören, manche nur reduzieren, manche möchten sicher konsumieren, und manche brauchen Hilfen im Alltag. Manche möchten sich einfach nur eine Weile im Aufenthaltsraum ausruhen. Je nach Bedarf wird auf die Anliegen reagiert. Drogenkonsum in den Räumlichkeiten ist nicht erlaubt.

Nicht nur Spritzen

Die Sozialpädagogin Tina Abel nahm sich Zeit, mit mir über ihre Arbeit und die Drogenszene in Kiel und vor allem in Gaarden zu sprechen. Wir machten auch einen Rundgang durch die Räumlichkeiten. Vorne im Aufenthaltsraum fiel mir die Kerze mit der “Ruhe in Frieden”-Karte auf, dazu gleich mehr. Neben Besprechungsräumen ist der “Tauschraum” wichtig. In einem Schrank sehe ich Spritzen in allen Größen, Filter zum Herausfiltern von Verunreinigungen, Alkoholpads, Snieferpäckchen, Raucherpäckchen und Kondome, auch besonders reißfeste für den Analverkehr. “Auch Männer prostituieren sich”, sagte Frau Abel erklärend. Die Raucherpäckchen werden für den Heroinkonsum gebraucht. Der Koks (auch Crack genannt) wird in speziellen Pfeifen erhitzt und die Dämpfe eingeatmet.

Die Drogenhilfe Kiel-Ost betreut ca. 900 Menschen im Jahr. Für Substituierte und Abstinenzorientierte gibt es zusätzlich die Möglichkeit einer ambulanten Betreuung. Frau Abels Kollege und Sozialarbeiter Klaas Kindermann leitet das Projekt KISS. Hier geht es darum, den Drogenkonsum selbstbestimmt zu reduzieren. In 1-2 Vorgesprächen und 12 Sitzungen wird ein Konsumplan erstellt und an verschiedenen Lebensbewältigungsstrategien gearbeitet. Zentral ist dabei ein Konsumtagebuch.

In der Drogenhilfe Ost und über den Spritzenautomaten (Ecke Karlstal/ Kaiserstraße) wurden 2019 ca 37.000 Spritzen ausgegeben! Das zeigt nicht nur, dass die User ein Gesundheitsbewusstsein haben, sondern gibt auch einen Eindruck von der Dimension des Konsums!

Kiel hat übrigens die höchste Anzahl von Substituierten (gemessen an der Einwohnerzahl) in ganz Deutschland. Das hat historische Gründe: ein Kieler Arzt begann als erster in Deutschland mit der Substitutionstherapie, andere Abhängige kamen deshalb nach Kiel. Denn die Substitution mit Methadon nimmt die Entzugserscheinungen und ermöglicht dadurch den Einstieg in den Ausstieg. Wegen der hohen Anzahl an Süchtigen begannen dann auch andere Kieler Ärzte diese Therapie anzubieten.

Wie verändert sich die Szene?

Frau Abel sagt, Kokain, auch in der Form von Crack, wird momentan auffällig viel konsumiert. Neu ist, dass vermehrt Kokain gespritzt wird. Heroin wird auch noch konsumiert. Der Mischkonsum nimmt zu: Kokain, Haschisch, Alkohol, Tabletten. Frau Abel meinte auch, dass psychische Erkankungen eine größere Rolle als früher spielen, wobei hier die Frage offen ist, was zuerst kommt. Nehmen Leute Drogen, um Depressionen, Psychosen und andere Krankheiten in den Griff bekommen, oder verursachen Drogen diese Krankheiten? Wahrscheinlich ein wenig von beiden. Dazu kommen große existentielle Probleme oft von Jugend an. Stromabstellungen, Obdachlosigkeit, Gewalt in der Familie…. Frau Abel sagt, viele Lebensgeschichten sind erschütternd.

Wie wichtig die Versorgung ist, zeigt eine aktuell traurige Entwicklung. Gab es letztes Jahr 15 Todesfälle, so waren es im ersten Monat dieses Jahres schon fünf! Weil viele der Drogenabhängigen wenige echte Freunde haben, stellt die Drogenhilfe jetzt ein Kerze für jeden Todesfall in das Fenster, um die Möglichkeit zum Trauern zu geben. Für das zunehmend gefährliche Leben mit Droge gibt es zahlreiche Gründe:

  • mehr Wohnungslosigkeit, was zu mehr Verwahrlosung führt, wobei der Verlust der Wohnung auch Ergebnis von Verwahrlosung sein kann.
  • mit verschiedenen Schadstoffen gepanschte Drogen und zunehmender Mischkonsum
  • mehr ältere Abhängige mit Folgekrankheiten (z.B. Leberleiden, Blutvergiftung)

Tina Abel erzählt mit viel Wärme und Empathie von ihrer Arbeit. Sie sagt, manchmal ist es schon ein Erfolg, wenn eine Person, die zur Beratung kommt, überlebt und wiederkommt. Das Leben vieler Drogenabhängiger hängt am seidenen Faden, lerne ich in unserem Gespräch.

Sprechzeiten: montags 10 – 12 Uhr, dienstags 10 – 15 Uhr, donnerstags 10 – 15 Uhr , https://www.spritzenautomaten.de/betreiber/drogenhilfe-kiel-ost