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Kiel: Klima-Talk am 11. 9. 2020

Von Ulrich Hühn. Am 11. September lud die BI Klimanotstand Kiel zum Klima-Talk. In dem von Carsten Kock gezeigten Vorfilm wurde Bürgern empfohlen, sich entsprechend den Alltagshinweisen aus den Erfordernissen der Klimakrise zu verhalten: Lebensmittel regional beziehen und sich mit den Erzeugern solidarisch zu verhalten (SoLaWi), den „carbon footprint“ zu beachten, d. h. darauf zu achten, welche CO 2 Auswirkungen der Einzelne im Alltag produziert. Es wurde in der Energieumwandlung auf das Beispiel Dänemark hingewiesen, wo der Ausbau der Windkraft weiter ist als bei uns und die Fernwärme mit Holzabfällen und schnell nachwachsenden Holzsorten befeuert wird.

Umweltdezernentin Grondke bilanzierte, daß Kiel erste Schritte mit einem sehr guten ausgebautem Radwege Netz und dem Beschluß zur Stadtbahn viel in Sachen Verkehrswende beigetragen hat, bei der Energiewende sei zwar mit dem Gasmotoren Kraftwerk ein großer Schritt getan, bei den einzelnen Hauseigentümern ist aber noch viel machbar. Sie räumte ein, Dänemark sei in der technischen Entwicklung 20 Jahre voraus. Sie beschrieb Möglichkeiten, bei der Planung von Bebauungsplänen, in denen immer eine Quote sozial gefördertem Wohnraum vorgesehen werden muß. Wenn der Investor eine Rendite von min. 2 % erzielen möchte, können die Klimaschutzmaßnahmen, wie die KfW Standards nicht immer wunschgemäß eingehalten werden, ansonsten baut der Investor in anderen Gemeinden. Frau Grondke beschrieb die in großen Teilen Kiels vorhandene Baukultur als Gründerzeit und Ensemble Bauweise als großes Hindernis für Gebäude-Wärme-Sanierung.

Luca Brunsch von der BI Klimanotstand stimmte ihr nur in Bezug auf den Radverkehr zu, bewertete den Rest aber als zu gering. Er formulierte Kritik am Gasmotoren Kraftwerk, indem er zugestand, es sei eine große Minderung des CO 2 Ausstoßes, diese werde aber bereits wieder zunichte gemacht durch die Verluste beim Gas-Transport nach Kiel durch Undichtigkeiten (Methanschlupf).

Jessica Kordouni, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kieler Rat, mahnte klimaneutrales Wirtschaften an, bei dem erneuerbarem Energien Gesetz sei großer Nachholbedarf.

Stadtplaner Wulf Dau-Schmidt sieht in den Erfahrungen vom gemeinsamen Handeln in Corona Zeiten Chance für gemeinsames Klimaschutz-Verhalten.

Kiel kann nicht allein handeln. Umlandgemeinden planen mit der Zielgruppe Zuzügler aus Kiel große Neubaugebiete im klassischen Einfamilienhausstil ohne große Anforderungen an Flächenverbrauch und Mobilität. Die Stadt- und Landbevölkerung gehen unterschiedliche Wege und trennen sich.

Klimaschutzmaßnahmen können in der Verwaltung von Stadt und Land nur ressortübergreifend bearbeitet werden. Er kritisierte, dass die Verwaltungsbereiche immer noch getrennt voneinander arbeiteten und dass soziale und kulturelle Betrachtungen, die für die Verankerung neuen Handelns kaum Beachtung finden. In der Reihenfolge sollte nicht zuerst die Aktivierung der Bürger stehen, sondern alle umsetzbaren Möglichkeiten im öffentlichen Bereich und in der Wirtschaft seien motivierend voranzustellen. Mit diesem Vorbild geht man in den Bildungsbereich und motiviert dadurch die Bürger.

Er zweifelt an der dezentralen Energieerzeugung auf Mehrfamilienhäusern bevor nicht Klarheit darüber herrscht, wie die Energieerzeugung finanziert und die Verteilung bewirtschaftet wird.

Dennys Bornhöft bewertete den ausgerufenen Klimanotstand als rein symbolische Maßnahme und monierte, die Stadt könne allein gar nichts bewirken. Bei allen Maßnahmen müsse stets der Schaden mit dem volkswirtschaftlichem Nutzen verglichen werden (er schien die Passage des Vorfilms, der den Schaden durch Nichtstun als teurer als jede Klimaschutzmaßnahme, nicht mit bekommen zu haben)

Luca Brunsch und Dennys Bornhöft stritten sich um die Versäumnisse bei dem Ausbau der Windkraft zwischen der Stadt und dem Land.

Özlem Ünsal beklagte, daß von dem Energiewendeland Nr. 1 seit der Jamaika Koalition nichts mehr übrig geblieben sei.

Tobias Bayr bezeichnete die BI Klimanotstand als Vorreiter, er mahnte bei jedem Einzelnen klimafreundliches Verhalten an, klimaschädliches Verhalten müsse über einen gerechten CO 2 Preis teuer werden, dazu räumte Doris Grondke ein, die Kommunikation seitens der Verwaltung sei zu gering, es fehle an Motivationen für den Einzelnen.

Özlem Ünsal war zufrieden, daß auf Erkenntnisse der Wissenschaft eingegangen wurde, die öffentliche Daseins-Vorsorge sei noch unzureichend. Jeder solle auf Fernreisen verzichten.

Der Moderator wagte einen Blick ins nächste Jahr, wenn die Zeit des Virus vorbei sei, ob dann die Bereitschaft für eine Verhaltensveränderung noch da sei ???

Özlem Ünsal mag nicht den Begriff der neuen Normalität, fordert Klimaschutz als Aktivität der Menschen.

Luca Brunsch sieht harte Einschnitte auf die Gesellschaft zukommen, wenn der Klimaschutz nicht ernst genommen wird, die erneuerbaren Energien müssen als großer Gewinn für alle vermarktet werden.

Jessica Kordouni berichtete von der Marketing Strategie der Kieler Stadtwerke, die versucht, Photovoltaik bei Privathäusern zu bewerben. Bei Besuch der Seite sind zuerst lange Vertragstexte zu studieren. Luca fragte Jessica in diesem Zusammenhang, was aus der Unterstützung für Bürger geworden sei, die Photovoltaik wollen ??

Im zweiten Video mahnte Prof Klepper, Rahmenbedingungen für Klimaschutz müsse der Staat setzen,zuerst müsse der CO 2 Preis die Wirklichkeit widerspiegeln, Politik muß sozialverträglich gestaltet werden.

Wiederum berichtete Wulf Dau-Schmidt von dem Vorbild-Land Dänemark, in dem die Reihenfolge der Entscheider und die Gewichtung der politischen Prozesse eine andere ist. Die Politik gibt einerseits Richtlinien vor, andererseits trifft sie auf große und kleine Partner aus der Wirtschaft, die sich in gemeinsamen Projekten mit Kommunen und Bürgern engagieren.

Jessicas Wunsch war zudem eine andere Arbeitsstruktur, nicht eine Hierachie sondern ein gleichberechtigtes Arbeiten auf einer Ebene.

(Das Foto zeigt einige der Diskussionsteilnehmer: von links Luca Brunsch, Dennys Bornhöft (FDP), Umweltdezernentin Doris Grondke, Jessica Kordouni, Dr. Tobis Bayr (Geomar), Dorothea Lätzel (Fridays for Future) , und Moderator Carsten Kock )

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Video-Aufzeichnung des Klima-Talks

Was macht die BI Klimanotstand?