Die Kieler Woche, militärisch

Die Kieler Woche ist nicht nur möglicherweise das größte Segel-Event der Welt und das größte Volksfest Europas, sondern auch alle Jahre wieder ein bedeutendes militärisches Treffen. Dieser Artikel soll sich auf die Bedeutung des Militärs, besonders der Marine für die Kieler Woche konzentrieren. Und dabei die Frage stellen, ob das so sein muss.

Manöver in der Ostsee vor Kieler Woche

Vor der Kieler Woche findet meistens ein zweiwöchiges Manöver in der Ostsee statt. Die Kieler Woche ist dann die anschließende Erholung für die Besatzungen. Aus diesem Grund liegen zur Kieler Woche meistens zahlreiche internationale Kriegsschiffe und -Boote im Kieler Tirpitzhafen. An einigen Tagen laden sie zum Open Ship ein, dann öffnet der Tirpitzhafen seine Tore und die Besucher*innen können fast alle Schiffe und Boote der teilnehmenden Flotten besichtigen. Das ist integraler Teil der Kieler Woche. Das diesjährige Baltops-Manöver begann und endete in Kiel. “Es ist das größte Aufgebot von Kriegsschiffen in einem deutschen Hafen seit Ende des Kalten Krieges vor 30 Jahren”, schreibt Tag24 . Über 8.000 Soldaten aus 18 Nationen mit 55 Schiffen übten die Zusammenarbeit unter der Führung der 2. US Flotte. Das Kommandoschiff “Mount Whitney” ist mit 189 Meter Länge von imposanter Länge und kann auf dem Open-Ship Tag besichtigt werden.

Die KISS-Konferenz

Parallel zur Kieler Woche veranstaltet das Kieler Institut für Sicherheitspolitik am 25. Juni eine Konferenz, das Kiel International Seapower Symposium, kurz KISS. Marinekommandeur*innen und Expert*innen diskutieren einen Tag lang über Marinestrategien. Ein linkes Bündnis ruft zu einer Demonstration gegen diese Konferenz auf. Sie wollen, dass die Kieler Woche keine Militärshow ist . https://seebruecke.org/events/kiwo-darf-keine-kriegs-show-sein-nein-zur-krieg-konferenz/

Open Ship

Am Wochenende zwei mal und noch einmal am Mittwoch, 26. Juni von 13.30 bis 17 Uhr öffnet der Marinestützpunkt am Tirpitzhafen die Tore für das Publikum. Fast alle Schiffe und Boote können besichtigt werden. Am Samstag nahm ich die Gelegenheit wahr um die Stimmung einzufangen. Trotz der Demonstration militärischer Stärke hat der Tag des offenen Schiffs Volksfest-Charakter. Da werden Kinder in Panzer gehievt oder in Taucherglocken gesteckt, Soldaten jonglieren mit Gewehren und in der Offiziersmesse wird gegrillt und Kaffee ausgeschenkt. Offiziere tragen ihre Ausgehuniformen mit Schulterklappen, Abzeichen und Kordeln. In gebührendem Abstand zueinander musizieren Militärkapellen. Mit Ausnahme der amerikanischen Schiffe sind die Kontrollen sehr gemäßigt. Zwei mal wurde kurz in meinen Rucksack geblickt. Auf den Schiffen sind einige Bereiche durch Absperrbänder markiert. ( Vor den amerikanischen Schiffen sind dagegen Soldaten mit Maschinengewehren positioniert und es ist mit stärkeren Kontrollen zu rechnen.) Insgesamt eine heiter wirkende Veranstaltung, die gut besucht ist.

Die Faszination des Militärs

Es gibt einen guten Grund für solche Militärfeste: PR. Auch ich kann mich der Faszination des Militärs und vor allem der Marine nicht entziehen. Es ist die Mischung aus Technik, Tradition und Abenteuer, die auf mich wirkt. Auch das Gefühl, dass hier jeder Knopf – ob an einer Maschine oder einer Uniform – eine festgelegte und traditionserprobte Bedeutung hat. Dazu mischt sich der Respekt für die Männer und Frauen, die bereit sind, ihr Leben für meine Sicherheit zu riskieren. Zumal einem die Möglichkeit eine Krieges näher gebracht wird, wenn man sich auf einem Kriegsschiff befindet. Letztlich beeindruckt die schiere Größe dieser Kolosse: das brititische Landungsschiff Albion mit einer Länge von 176 Metern und das amerikanische Kommandoschiff „Mount Whitney“ mit einer Länge von 189 Metern führen die Rangliste an.

Die militärische Komponente der Kieler Woche in der Geschichte

Die Kieler Woche begann im 19. Jahrhundert mit Ruder- und Segelwettbewerben auf der Förde, die Offiziere zu ihrem Zeitvertreib organisierten. Die erste größere Segelregatta am 23. Juli 1882 gilt als die Geburtsstunde der Kieler Woche. (Weil die Kieler Woche während der Kriege ausfiel, wird dieses Jahr erst der 125. Geburtstag gefeiert.) Der Ursprung der Kieler Woche lag also von Anfang an beim Militär und hat seitdem eine militärische Komponente gehabt. Die heute so beliebten Stände am Rathaus und auf der Kiellinie wurden erst in den 70er Jahren Teil der Kieler Woche. Insgesamt nehmen Kultur und Sport zwar heute den größeren Teil des Programms ein. Die militärische Komponente ist aber nie verschwunden. Das muss aber nicht so bleiben.

Kieler Friedensbewegte wünschen sich die Kieler Woche als Friedensfest.

Sie argumentieren, dass die USA zehn mal so viel Geld für die Rüstung ausgeben als Russland. Warum streichen die USA nicht dieses “Friedensdividende” ein und verwenden sie für andere Ziele ? Die Kieler Friedensbewegten fordern eine Kieler Woche ohne vorangehende Manöver, ohne die Zurschaustellung von Kriegsschiffen und ohne das Anwerben von Rekruten auf dem Open Ship. Vorstellbar ist das durchaus.

4 Gedanken zu „Die Kieler Woche, militärisch“

  1. Mein Wunsch ist es ebenso die Kieler Woche…..als reines Friedensfest feiern zu können…ohne die Präsenz der Kriegschiffe….obwohl ich auch stolz bin auf den Matrosenaufstand der zur Revolution führte….vor über Hundert Jahren so könnte ich mir gut vorstellen nur Segelschiffe aus allen Ländern der Welt bewundern zu können….die Kriegschiffe und deren Manöver können gerne woanders stattfinden…auch weil diese im Falle eines Krieges ja eher wieder zur Zerstörung der Stadt beitragen werden…..wie bereits im letzten Krieg geschehen…..Kiel als Kriegshafen stellt ein Ziel dar; und am Ende sind es die Bewohner und die Stadt die darunter leiden werden müssen…..ganz abgesehen auch mal von der Gefahr die von der Munition ausgeht….auf den Schiffen….

    1. Ich kann Ihren Wunsch gut nachvollziehen. … Der Gedanke, dass Kiel mit Kriegshafen auch ein Angriffsziel wäre im Fall eines Krieges, ist wohl wahr!

  2. Militär hat ja immer zwei Aspekte: Zum einen Bedrohen und Krieg Führen, zum anderen Beschützen und Frieden Bewahren. Es liegt wohl an der speziellen Deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, daß wir in Deutschland meist nur den ersten Aspekt wahrnehmen. In anderen europäischen Ländern ist das (defensiv ausgerichtete) Militär viel mehr akzeptiert und in die Gesellschaft integriert. Das Hegemonie-Streben der heutigen „Weltmächte“ ist natürlich eine andere Geschichte, aber zum Glück beteiligt sich Deutschland daran nicht mehr.

    1. Danke für diese Gedanken! Ich habe es auch so wahrgenommen, als ich in den USA und in Frankreich gelebt habe, dass das Militär dort einen positiveren Stellenwert hat als hier. Könnte historische Gründe haben!

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