Ricarda-Huch-Schule

Kiel: Schicksal der Schroeder-Schulen

In einem interfraktionellen Antrag forderten SPD, CDU, FDP und Grüne, dass die Verwaltung sich für eine Lockerung des Denkmalschutzes hinsichtlich der Schroeder-Schulen einsetzt. Ziel ist es, die Schulen dieses Typs komplett umzubauen. Lediglich eine Schule soll als Baudenkmal erhalten bleiben. Dafür wird die Goethe-Schule vorgeschlagen. Dieser Antrag wurde bei Enthaltung der “Fraktion” einstimmig angenommen.

Was sind die Schroeder-Schulen?

Der Architekt Rudolf Schroeder setzte sich während seiner Mitarbeit im Kieler Hochbauamt (1927 – 1962) für einen aufgelockerten Baustil ein. Ein typisches Beispiel ist die 1949/1950 gebaute Goethe-Schule mit einem Turm für die Fachräume und Zeilen für die Klassenräume. Zwischen den Zeilen liegen kleine Grünflächen, sodass jeder Klassenraum über ein “Klassenzimmer im Grünen” verfügt. Der Zugang zu den Klassenräumen erfolgt über Laubengänge. Jeder Klassenraum hat einen Vorraum mit Waschbecken und Garderobe.

Es sollte damals ein Eindruck von Intimität und Gemütlichkeit vermittelt werden. Die Kinder sollten sich zu Hause fühlen. Außerdem waren frische Luft und Kontakt zur Natur Teil dieses reformpädagogischen Konzepts, das sich auch auf Maria Montessori beruft. Auch die Wohnbebauung aus dieser Zeit folge dem Prinzip der Zeilen im Park. Die Menschen sollten aus den stickigen Mietskasernen ins Grüne ziehen. Das war das Prinzip der Gartenstadt, das auch in Kiel an vielen Stellen umgesetzt wurde.

Zu den Schroeder-Schulen in Kiel zählen:

Goethe-Schule

Andreas-Gayk-Schule

Ricarda-Huch-Schule

Theodor-Storm-Schule

Friedrich-Junge-Schule

Max-Planck-Schule

Hebbelschule

Grundschule Suchsdorf

Grundschule Kronsburg

Warum sollen die Schroeder- Schulen komplett umgebaut werden?

Der Antrag wird begründet mit veränderten pädagogischen Konzepten, die in den Schroeder-Bauten anscheinend nicht adäquat umgesetzt werden können. Ratsherr Tobias Friedrich (SPD) schwärmte von offenen Lernräumen, von der Schule als Ort der Begegnung. Ratsfrau Elisabeth Pier (CDU) sagte, adäquate Bildung sei in den Schroeder Schulen nicht möglich, weil die Räume zu klein wären. Das veränderte pädagogische Konzept, auf das im Antrag angespielt wird, ist das Lernen im eigenen Tempo. Komplett umgesetzt wird dieses Konzept an fast keiner Schule, aber Elemente dieses Konzepts haben durchaus ihren Eingang in die Alltagspädagogik gefunden. Lerntheken und Gruppenarbeit bestehen neben dem klassischen Frontalunterricht.

Nicht die Begründung aber sehr wohl Anlass für den Antrag waren die baulichen Probleme der Friedrich-Junge-Schule, die den Auszug einer ganzen Schule erforderte. Nun soll die Bausubstanz der einzelnen Schulen kartiert werden, um ein Gefühl für die Dringlichkeit zu erhalten. Baudezernentin Grondke wies darauf hin, dass ganz unterschiedliche Mängel möglich sind.

Stimmen gegen den Umbau

In der Ratsversammlung kamen trotz genereller Zustimmung auch einige kritische Punkte zur Sprache.

Baudezernentin Grondke erzählte, dass der Bund deutscher Architekten ganz wild darauf ist, Schulen zu bauen. Architektonisch ist es bestimmt eine sehr interessante Aufgabe. Aber sollte die Lobby-Arbeit des Bund deutscher Architekten (BdA) die Politik bestimmen?

Ratsherr Arne Langniß (Grüne) lobte die Reformpädagogik der 20er Jahre. Aus dem Klassenzimmer direkt nach draußen, das findet er eigentlich eine gute Idee. Außerdem bezweifelte er, ob in Corona-Zeiten große Räume so sinnvoll sind. Dennoch stimmte er für den Antrag und damit für das Ende der Schroeder-Schulen, wie wir sie kennen.

Ratsherr Ove Schroeter (Satire-Partei) wünschte eine höhere Priorität für den Denkmalschutz. Außerdem bezweifelte er, dass diese Schulen wirklich so unpädagogisch seien.

Das Foto zeigt die Ricarda-Huch-Schule in der Hansastraße. Mit Zeilen und Grünflächen zwischen den Zeilen ist sie ein typisches Beispiel für den Schroeder-Stil.

Weiterlesen?

Dieser Bericht zeigt Fotos von Großraumschulen: Der Raum als dritter Pädagoge. Neue Konzepte im Schulbau: https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/278835/der-raum-als-dritter-paedagoge-ueber-neue-konzepte-im-schulbau

Dieser Bericht erläutert die Arbeit von Rudolf Schroeder : https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/LD/Downloads/Wissen/DM2012_KielSchulen.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Grünflächenvernichtung in Mettenhof?

5 Gedanken zu „Kiel: Schicksal der Schroeder-Schulen“

  1. Das größte Problem ist der marode, desaströse Zustand der meisten Schulen in Kiel. Der Denkmalschutz hinsichtlich der Schröder-Bauten ist so unendlich verlogen, weil außer dem Etikett “Denkmalschutz” wenig bis gar nichts zum Erhalt dieser Schul-Architekturform beigetragen wird. In der Friedrich-Junge-Grundschule fiel bereits einen Tag vor dem Corona-Lockdown die Schule aus, weil beim Sturm das Dach abgerissen wurde. Später wurde befunden, dass der Zustand so schlimm ist, dass die Schule kürzlich umziehen musste. Jede bauliche Veränderung an einer “denkmal-geschützten” Schule ist ein großes bürokratisches Drama, dass in der Praxs gute Schule verhindert. Zum Beispiel ein neuer Anstrich mit einer freundlichen Farbe? “Geht nicht, muss grau bleiben wegen dem Denkmalschutz”. Schulhofneugestaltung? Geht nur sehr bedingt, wegen Ensemble-Schutz. Derweil rottet alles andere fröhlich vor sich hin. Wenn ich nun lese, dass die Schröder-Architektur bei der Göthe-Schule erhalten bleiben soll, bin ich entsetzt. Gerade bei der Göthe-Schule gibt es doch bereits einen großen stilistischen Bruch zwischen Neu- und Altbauten, dass der Erhalt überhaupt keinen Sinn macht. Und wenn man schon zu dem Schluss kommt, dass Schröder-Bauten nicht zu moderner Pädagogik passen, warum lässt man dann noch zu, dass auch nur die Schülerschaft einer Schule unter den Konsequenzen des Denkmalschutzes leiden muss? Warum macht man nicht aus einer Schule ein Museum, mit Aktionswochen, in denen Schüler erleben können, wie das ursprünglich mal gedacht war und gibt den Schüler*innen im Alltag das was sie verdienen: eine moderne, gut ausgestattete Schule? Aber auch das geht ja nicht. Kein Geld da, kein Wille da, viel Bürokratie und bringt keine Wählerstimmen. Es ist so beschämend und traurig.

  2. Ich wünsche mir, dass meine Enkelkinder in Schulen unterrichtet werden, die ihrem Bildungsauftrag bestens gerecht werden und den Kindern auch Lust am Lernen vermitteln. Ob das in einem Museum der Fall ist, wage ich zu bezweifeln. Wenn man denn möchte, könnte man ja ein erhaltenswertes Exemplar der Schröder-Schulen konservieren, aber auch das dann bitte nicht mehr für eine Nutzung als Schule.
    The times they are a changin

    1. Danke für den Kommentar! Wobei ich selber diesen Schultyp gar nicht so schlecht finde. Ich kenne Kinder, die in solchen Schulen gut lernen. ….Zumindest ist die Luftqualität besser als in manchen neuen ultragedämmten Schulen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert