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Corona-Schutz in Seniorenheimen bleibt schwierig

Die Gesellschaft ging erste Lockerungsschritte, Geschäfte öffneten, Schulen gingen teilweise wieder in den Präsenzunterricht. Aber wie sieht es in den Seniorenheimen aus? Trotz großer Fortschritte beim Impfen, ist die Lage nicht entspannt. Die Schutzkonzepte sind streng und schwer umzusetzen. “Es gibt leider noch keine Entlastung”, sagt mir ein Heimleiter.

Dieser Artikel ist impressionistisch, stellt keine Umfrage dar. Ich suchte vier ganz unterschiedliche Häuser aus, um einen Eindruck von der Lage zu erhalten.

Die erste Adresse war das AWO Servicehaus Lübscher Baum, das gar kein Heim ist. Die Bewohner*innen wohnen hier zur Miete und können zu sich nach Hause einladen, solange sie sich an die allgemeinen Kontaktbeschränkungen halten. Zur Zeit dürfen sich fünf Personen aus zwei Haushalten treffen, wobei Kinder unter 14 Jahren nicht mitgezählt werden.

Strenge Regeln in den Seniorenheimen

In den eigentlichen Seniorenheimen gelten gemäß der Landesverordnung strengere Regeln. Die Bewohner*innen bestimmen maximal zwei feste Bezugspersonen, die getrennt von einander besuchen dürfen, wenn sie einen negativen Corona-Schnelltest vorlegen können.

Auf meiner Liste standen drei Senioren-Pflegeheime. Obwohl ich die Erlaubnis hatte, die Auskünfte zu veröffentlichen, fühle ich mich wohler, wenn ich keine Heime namentlich nenne, sondern sie als A, B und C bezeichne. Die Namen der Leiter*innen habe ich geändert.

Alle Einrichtungen sind schon weit mit der Impfung. Die Durchsetzung der Schutzregeln ist dagegen schwierig und stellt eine große Einschränkung für die Bewohner*innen da.

Vor allem das Tragen von Masken schränkt die Kontakte ein. Frau Schönbohm vom “Haus A”: “Besucher würden gerne Essen bringen um eine gemeinsame Mahlzeit einzunehmen.” Wegen der Maskenpflicht ist das nicht möglich. Herr Hahn von “Haus B” berichtet, dass Besucher*innen sich manchmal mit ins Bett legen möchten. Dieses Ansinnen ist auch nicht kompatibel mit den Corona-Schutzregeln. Seine Mitarbeiter*innen sind angehalten, während Besuchszeiten mal zur Kontrolle in die Zimmer zu schauen, um Tee anzubieten. Leider mussten auch Hausverbote ausgesprochen werden.

Konflikte bei der Durchsetzung der Corona-Schutz-Regeln

Insgesamt sind die Kontaktbeschränkungen sehr schwer zu ertragen und auch schwer durchzusetzen. Besucher*innen dringen durch offene Fenster oder durch Hintertüren ein. Herr Hahn konnte von üblen Beleidigungen und sogar von zwei tätlichen Angriffen gegenüber seinen Mitarbeiter*innen berichten! Wöchentlich erhält seine Einrichtung zwei bis fünf Drohbriefe von Anwälten. Das Problem hat sich durch den Fortschritt bei den Impfungen sogar noch verschärft, denn Viele sehen die Notwendigkeit für die im Übrigen gesetzlich vorgeschriebenen Kontaktbeschränkung nicht mehr ein. Herr Hahn: “Wir müssen immer wieder erklären, dass wir durch die Imfpung nur einen gewissen Schutz bekommen, dass man nicht auf der Intensivstation landet.“

Dennoch sind die Impfungen ein großer Fortschritt. Frau Schönbohm blickt mit Entsetzen auf die Zeit vor den Impfungen zurück. In ihrer Einrichtung waren viele Personen an Covid-19 erkrankt und etliche sogar gestorben. Ganz schlimm war die sechs Wochen dauernde Quarantäne, als die Bewohner*innen ihre Zimmer nicht verlassen durften. Jetzt können sie sich wieder frei bewegen, und der Speisesaal ist geöffnet. “Ich sehe wieder ein Lächeln auf den Gesichtern”, sagt die Leiterin.

Die Besucherzeiten werden unterschiedlich gehandhabt von den Heimen auf meiner Liste. Im “Haus A” buchen die Besucher*innen einen Termin für das Besucherhaus, das außerhalb des Hauptgebäudes liegt. Im “Haus B” empfangen die Bewohner*innen ihren Besuch normalerweise in ihren Zimmern, obwohl es auch einen Besuchsraum gibt, der allerdings wenig nachgefragt wird. Im “Haus C” gibt es zum Teil Doppelzimmer, wobei dafür gesorgt wird, dass nur eine Bewohner*in im Raum ist, wenn Besuch kommt.

Die Corona-Schnelltests, die alle Heime verlangen , müssen offizielle Tests sein, wie sie in einer Apotheke oder einem der Schnelltest-Zentren durchgeführt werden. Selbsttests aus dem Supermarkt gehen in diesem Zusammenhang nicht. Die Heime, mit denen ich im Kontakt war, bieten auch die Möglichkeit, sich in der Einrichtung testen zu lassen.

Stress für alle Beteiligten

Mein Fazit: Obwohl ich die Fakten schon kannte, war ich doch ziemlich erschüttert über die geführten Gespräche. Die Bewohner*innen und ihre Besucher sehnen sich nach mehr Kontakten, nach einem Ende von Lebensbedingungen, die einer Gefängnishaft ähneln. Für das Personal bedeutet es auch einen erheblichen Stress, diese Corona-Schutzkonzepte durchzusetzen, zumal ihr Sinn mittlerweile schwer zu vermitteln ist. Erfreulich: Alle Heime sind – von Neuzugängen abgesehen – durchgeimpft, was wenigstens innerhalb der Heime mehr Bewegungsfreiheit erlaubt.

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