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OB-Wahl: auch Hubert Pinto de Kraus tritt an

Herr Pinto de Kraus weiß, dass er wahrscheinlich nicht Oberbürgermeister von Kiel wird. Dennoch ist es auch für kleine Fraktionen wie die AfD in Kiel sinnvoll, einen Kandidaten aufzustellen, weil die Partei und ihre Themen auf diese Art und Weise im Gespräch bleiben. Er wurde von seiner Partei vorgeschlagen und gewählt, wobei sein relativer Bekanntheitsgrad als Entdecker des Silberschatzes in der Förde eine Rolle gespielt hat, aber auch sein akademischer Background.

Ich teilte ihm meine Wahrnehmung mit, dass die Kieler AfD sich seit etwa einem Jahr geändert hat. Früher saßen die AfD-Leute stumm in allen Gremien, und stimmten fast immer gegen alle Anträge, oder wenn sie mal eigentlich für etwas waren, enthielten sie sich. Fundamentalopposition war Programm. Aber seit etwa einem Jahr kommen mehr Wortmeldungen und die AfD stimmt auch mal für etwas. Pinto de Kraus bestätigt das:“ Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass wir positiven Anträgen für die Bürger dieser Stadt, parteiübergreifend, zustimmen werden. „

Ein Oberbürgermeister muss zwar umsetzen, was die Ratsversammlung ihm aufträgt, er hat aber eine große Gestaltungsmacht, nicht nur in der Umsetzung, sondern kann auch Entwicklungen vorantreiben durch eigene Anträge. Es ist also eine spannende Frage, was die Wunschvorstellungen eines Kandidaten sind für die Zukunft dieser Stadt.

Thema Migration

In unserem Gespräch ließ er sich nicht auf das Thema Migration lenken. Allerdings arbeitet sein Programm ( siehe seine Homepage) mit Angst vor Ausländern. Unter der Überschrift „Sicherheit für unsere Bürger“ empfiehlt er einen Aufnahmestopp von Asylbewerbern sowie eine konsequente Rückführung von Ausreisepflichtigen. Die Verknüpfung wird zwar nicht ausbuchstabiert, aber er unterstellt, dass die „Lebensqualität massiv beeinträchtigt“ sei durch die Anwesenheit von Geflüchteten. Aber zurück zu unserem Gespräch.

Mehr Parkplätze, eher keine Stadtbahn

Etwas widersprüchlich war sein Wunsch für das Stadtbild, es sollten mehr Grünflächen und Spielplätze auch im Zentrum geben, und gleichzeitig mehr Parkplätze. Wie das in einer dicht-bebauten Innenstadt gehen soll, blieb unklar. Er wünscht sich eine Vorgabe, dass jeder Neubau eine Tiefgarage erhält, um so den Parkdruck in den Stadtvierteln zu mildern. Auf jeden Fall würden Neubauten dann nicht noch den Parkdruck erhöhen.

Besonders engagiert äußerte er sich, als er über die Notwendigkeit von Parkplätzen für die arbeitende Bevölkerung sprach. Zur Arbeit kommen, auf dem Weg noch ein Kind zur Kita bringen, und eventuell auch noch während der Arbeit Wege zurücklegen zu müssen, das geht seiner Meinung nach nicht dem ÖPNV, wie toll der auch sein mag. Und damit waren wir beim Thema Stadtbahn. Er lehnt das Projekt nicht direkt ab, aber möchte einen Bürgerentscheid, weil es ein teures Projekt ist, das das Stadtbild sehr verändern würde.

Noch ein Mobilitätsthema: die A21. Er befürwortet den Ausbau der B404 bis vor das Barkauer Kreuz aus Kostengründen. Originell ist sein Vorschlag, dass der Wellseedamm Nebenstrecke sein könne, sodass keine Kleingärten geopfert werden müssten.

Die Rattenplage beenden

Eines seiner wichtigsten Themen ist die Rattenbekämpfung in den betroffenen Stadtteilen. Hier hat er konkrete Vorstellungen:

  • Er möchte, dass die Ordnungsdienste bei ihren Rundgängen illegale Müllentsorgung erfassen und melden.
  • Die von dem ABK vorgestellten Initiativen zur Rattenbekämpfung würde er unterstützen.
  • Verstärkte Kontrollen und auch Ahndung müssten daraus folgen.
  • Hausbesitzer möchte er verpflichten, mehr Tonnen bereit zu stellen, falls die bisherige Anzahl nicht reicht.
  • Die Stadt sollte einen Etat freigeben, damit defekte Tonnen ausgetauscht werden können. Es geht um über 5000 Müllbehälter, für die es aber zur Zeit keinen Etat gibt.

Wohnungsbau und Marinearsenal

Das Siedlungsprojekt Holtenau-Ost möchte er fortführen und bedauert die Möglichkeit, dass das Gelände an die Marine zurückfallen könnte Seiner Ansicht nach bietet das Marinearsenal auf dem Ostufer mit 52 Hektar Fläche und 1.550 Metern Kailänge ausreichend Platz für die Marine– es werde derzeit kaum genutzt.

Er versteht nicht, warum die KiWog nicht mehr Gebäude und Grundstücke kauft, um Sozialwohnungen zu bauen. Wie „bezahlbarer Wohnraum“ entstehen könnte, also Wohnraum für Menschen , die wenig verdienen aber kein Bürgergeld beziehen, konnte er nicht sagen.

Engagement für Umwelt und Meer

Pinto de Kraus stammt aus der Zoologie, ist ausgebildeter Berufstaucher und leitet derzeit das Tauchsportzentrum der CAU Kiel – „noch“, wie er betont, denn sein Engagement bei der AfD habe zu Protesten von Studierenden geführt. „Man muss mit Leidenschaft leben“, sagt er.

Diese Leidenschaft zeigt sich besonders beim Thema Meeresschutz. Er fordert mehr Unterstützung für Umweltgruppen, insbesondere für Cleanup-Initiativen, die derzeit selbst für Container zahlen müssen. Zudem spricht er sich für ein Angelverbot an der Hörn während der Laichzeit der Heringe aus

Klimaanpassung

Beim Thema Hitzeschutz zeigt er sich skeptisch: Er habe nicht den Eindruck, dass es in Kiel deutlich heißer geworden sei. Den Druck auf die Küsten erkennt er jedoch an – Dünen- und Küstenschutz seien daher wichtig.

Einsparpotential Verwaltung

In der Verwaltung sieht er Einsparpotenzial: durch Zusammenlegung von Dezernaten, flexibleren Personaleinsatz und den verstärkten Einsatz von Digitalisierung und KI. Außerdem wünscht er, dass es bei Wahlen, die sowieso stattfinden, immer auch Bürgerentscheide gibt. So könnte die demokratische Teilhabe gefördert werden, meint Pinto de Kraus.

Homepage mit Wahlprogramm

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Gerrit Derkowski kandidiert als Oberbürgermeister von Kiel

Gerrit Derkowski kandidiert als Oberbürgermeister von Kiel

Es ist erfrischend, wenn jemand ein hohes Amt anstrebt und dabei den Mut hat, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Gerrit Derkowski, Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters von Kiel, tut genau das: Er stellt klar, dass Sparen oberste Priorität haben muss. Die Stadt hat derzeit eine Haushaltssperre verhängt – Geld ist knapp. „Wir sollten unnötige Ausgaben vermeiden und die Stadtkasse entlasten, wo immer möglich“, sagt er. Doch bevor ich zu seinen Plänen komme, ein paar Worte zur Person.

Derkowski geht all-in

Unser Gespräch fand im Statt-Café statt. Ich wollte wissen, wie ein Journalist – bekannt als Moderator des Schleswig-Holstein-Magazins – auf die Idee kommt, in die Politik zu wechseln. Seine Antwort: Es war ein langsamer, aber konsequenter Prozess.

  • Heimatliebe: Seit 36 Jahren lebt er in Kiel – eine Stadt, die ihm am Herzen liegt.
  • Gestaltungswille: Schon im Studium träumte er vom Ausbau des Fährverkehrs auf dem Ostufer.
  • Neuanfang: Mit Mitte 50 hat er die Energie, etwas Neues zu beginnen. Deshalb beendete er seinen Vertrag beim NDR und konzentriert sich voll auf die Kandidatur.

Er sprach im Vorfeld sowohl mit SPD und CDU – die inhaltliche Nähe zur CDU war größer. Dennoch bleibt er parteilos.

Derkowski bringt Charisma mit, strahlt Energie und Begeisterung aus. Man spürt: Er meint es ernst.

Sparen mit Augenmaß

Nicht alles soll dem Rotstift zum Opfer fallen. Die geplanten Schulsanierungen will er unbedingt fortsetzen. Auf anderen Feldern sieht er Einsparpotenzial:

  • Stadtbahn: Nicht grundsätzlich abgelehnt, aber zu teuer.
  • Verwaltung: Personalabbau durch natürliche Fluktuation, unterstützt durch Digitalisierung und KI.
  • Verkehrsprojekte: Er befürwortet den Ausbau der A21 bis vor das Barkauer Kreuz, weil der Bund finanziert., während ein Ausbau der B404 von der Stadt finanziert werden müsste. (Allerdings ist die B404 schon jetzt vierspurig mit Ausnahme der Brücke über die Bahngleise.)Er hofft, dass der Bund auch das Barkauer Kreuz saniert, was zur Zeit aber nicht geplant ist.

Kultur mit kleinem Budget, großer Wirkung

Derkowski ist begeistert vom kulturellen Angebot Kiels – und hat viele Ideen, die wenig kosten:

  • Mehr Konzerte auf dem Nordmarksportfeld
  • Fortführung der Opernübertragungen auf öffentlichen Plätzen
  • Festivals mit Partnerstädten
  • Veranstaltungen auf dem Schlossplatz, der bislang kaum genutzt wird

Für ihn ist Kultur mehr als nur die Kieler Woche.

Mobilität: Weniger Autos – aber freiwillig

Sein Ziel: eine Stadt mit weniger Autoverkehr. Aber ohne Zwang. Statt Parkplatzabbau setzt er auf sogenannte Pull-Maßnahmen:

  • Ausbau der Velorouten
  • Expressbusse und S-Bahn (vom Land finanziert) statt Stadtbahn
  • Mehr Fähren für den Wasserweg

Die Idee: Wer gute Alternativen hat, lässt das Auto freiwillig stehen.

Wohnraum schaffen

Derkowski träumt von 6.000 neuen Wohnungen – durch Nachverdichtung und Aufstockung. Er will:

  • Finanzielle Anreize für Bauherren schaffen
  • Grundstücke in Erbpacht an das Studentenwerk vergeben, um mehr Wohnheime zu ermöglichen , denn Studierende sind oft auf der Suche nach kleinen Apartments.

Dies ist eine Zusammenfassung von unserem Gespräch, das etwa eine Stunde dauerte. Mehr Informationen findet ihr auf seiner Homepage.

Homepage von Gerrit Derkowski

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Björn Thoroe kandidiert erneut als Oberbürgermeister

Marcel Schmidt kandidiert als Oberbürgermeister von Kiel

„Ist Kiel schön genug – oder geht da noch mehr?“ Diese Frage stellte ich Marcel Schmidt (61), dem Kandidaten des SSW. Seine Antwort: „Da ist noch Luft nach oben.“ Besonders angetan ist er vom Holstenfleet und er begrüßt die geplante Aufhübschung der Holstenstraße. Auf seiner Wunschliste steht ein Umbau des Neuen Rathauses zu einem Kulturzentrum nach dem Vorbild des „Dock 1“ in Aarhus. Auch der derzeit als Parkplatz genutzte Innenhof könnte seiner Vorstellung nach zu einem begrünten Aufenthaltsort umgestaltet werden. Die Kieler Kulturszene lobt er ausdrücklich – sie sei ein Schatz, den es zu bewahren gelte, damit Kiel als lebenswerter Wohnort wahrgenommen werde.

Zwar kann ein Oberbürgermeister nur das umsetzen, was ihm die Ratsversammlung aufträgt, doch die Gestaltungsmöglichkeiten sind groß. Umso spannender ist die Frage, welche Themen Marcel Schmidt für dieses Amt besonders am Herzen liegen. Seine Schwerpunkte sind:

  • bezahlbarer Wohnraum
  • eine funktionierende Verwaltung
  • der Stadtteil Gaarden
  • Minderheitenpolitik

Wohnungsbau: Weniger Vorschriften, mehr bezahlbarer Wohnraum

Die Quote von 30 Prozent sozial geförderter Wohnungen bei größeren Neubauprojekten in Kiel findet Schmidt gut. Doch er sieht darüber hinaus Bedarf für bezahlbare Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen, die keinen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Es sei eine Frage der Verhandlung mit Investoren, zwischen Sozial- und Luxuswohnungen auch bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Kritisch sieht er die Vielzahl an Vorschriften, die laut ihm das Bauen erschweren. Der Wunsch nach autofreien Stadtteilen schrecke private Bauträger ab, die fürchten, ihre Grundstücke nicht verkaufen zu können, wenn es wenig Parkplätze gibt. Auch hohe ökologische Standards würden die Baukosten in die Höhe treiben.

Die Nachverdichtung im Bestand befürwortet Schmidt grundsätzlich, sieht aber auch Risiken – sie kann die Infrastruktur überlasten und reicht nicht aus, um den Bedarf an bezahlbaren Wohnraum zu generieren. Stattdessen plädiert er für neue Baugebiete am Stadtrand, etwa in Suchsdorf-West. Dort könnten Kitas, Schulen, Parkhäuser und Geschäfte von Anfang an mitgeplant werden.

Verwaltung: Digitalisierung als Schlüssel

Für die Verwaltung wünscht sich Schmidt eine umfassende Digitalisierung – das sei der effektivste Weg, Personalkosten zu senken. Auch die Ortsbeiräte sollten besser ausgestattet werden. Teilweise tagten sie noch in Räumen ohne WLAN, was für ihn nicht zeitgemäß ist.

Gaarden: Präsenz zeigen und Hilfe anbieten

Als ehemaliger Polizist kennt Schmidt die Herausforderungen in Gaarden. Er setzt sich dafür ein, dass der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) einen eigenen Standort auf dem Ostufer erhält – derzeit müssen die Mitarbeitenden für Schreibarbeiten und Lagerung konfiszierter Waren stets ans Westufer pendeln.

Zudem befürwortet er eine Verstärkung der Sozialarbeit auf der Straße sowie einen Drogenkonsumraum und einen Aufenthaltsraum für Suchtkranke auf dem Ostufer.

Die Rattenproblematik bleibt auch für ihn ein bis jetzt ungelöstes Dauerthema. Wenn die neue Kampagne der Stadt nicht greifen sollte, wäre es Zeit, die bisherigen Konzepte zur Mülltrennung zu hinterfragen.

Minderheiten: Sichtbarkeit und Würdigung

Der SSW vertritt traditionell die dänischsprachige Minderheit in Deutschland. Doch Marcel Schmidt denkt weiter: Auch queere Menschen und Menschen mit Migrationsgeschichte sollen stärker in den Fokus rücken. Ein Herzensprojekt von ihm wäre eine Ausstellung zur Geschichte der Menschen mit Migrationshintergrund auf den Kieler Werften.

Erfahrung und Perspektive

Marcel Schmidt bringt vielfältige Erfahrungen mit: Als ehemaliger Streifenpolizist kennt er die Stadt aus erster Hand, als Wasserschutzpolizist auch vom Wasser aus. In seiner Zeit als Leiter der Pressestelle sammelte er Führungserfahrung, und seit elf Jahren ist er als Ratsherr Teil der Kieler Ratsversammlung. Der SSW, obwohl eine kleine Fraktion, konnte bei der letzten Kommunalwahl seinen Stimmenanteil auf 8,2 Prozent mehr als verdoppeln.

Stadtbahn: ja, aber…

Zum Abschluss unseres Gesprächs im Café Andresen sprachen wir über das derzeit wohl umstrittenste Thema: die Stadtbahn. Marcel Schmidt steht dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber, betont aber: „Man muss die Menschen mitnehmen.“ Deshalb unterstützen er und seine Partei einen Bürgerentscheid.


OB-Wahl: KN-Talk als Stimmungsbild

Heute Abend füllte sich das Audimax anlässlich des KN-Talks mit den Kandidaten zur OB-Wahl. Insgesamt war die Veranstaltung informativ und kurzweilig. Unmöglich 90 Minuten auf einer Seite zusammenzufassen. Deshalb hier nur einige subjektive Wahrnehmungen von mir zu diesem Abend.

Um gleich mit etwas Kritik zu beginnen: Sehr befremdlich fand ich die Aufforderung, durch die Lautstärke des Klatschens Zustimmung für die Kandidaten auszudrücken. Als das Klatschexperiment erklärt wurde, gab es einige laute Unmutsbekundungen aus dem Publikum. Eigentlich haben wir doch das Prinzip der geheimen Wahl. Ich selber löste das Dilemma , indem ich alle Kandidaten mit höflichem Beifall bedachte. Trotzdem war das Experiment interessant und auch überraschend für mich. Ich hatte Ulf Kämpfer für den eindeutigen Favoriten gehalten, aber tatsächlich schien der Applaus für Kämpfer und Andreas Ellendt gleich stark zu sein. Beide erhielten deutlich mehr Applaus als Björn Thoroe und Florian Wrobel. Bin gespannt, ob die KN die Dezibel gemessen hat und das Ergebnis veröffentlicht.

Schlips verschwindet

Ausgerechnet der jüngste Kandidat (Florian Wrobel/ die “Partei”) trug als einziger Schlips. Sonst kamen die Herren im dunklen Anzug mit offenen Kragen (Kämpfer /SPD und Ellendt/CDU) oder im Sweatshirt (Björn Thoroe/ Linke).

Gleiches und Unterschiede

Alle Kandidaten wollen Wohnungen bauen, eine Stadtbahn planen und Kitas und Schulen sanieren. Kämpfer wies darauf hin, dass in den vergangenen Jahren schon 500 Millionen in Schulen und Kitas investiert worden sind. Klimaschutz hat auch Top-Priorität, wobei Klimaschutz an diesem Abend nicht so gründlich behandelt wurde. Es gab aber doch auch Unterschiede in den Zielvorstellungen.

  • Entwicklung des MfG-5 Geländes: Andreas Ellendt meinte, das könnte viel schneller passieren, Florian Wrobel von der Satire-Partei möchte übrigens bald sein Zelt dort aufstellen und dort wohnen.
  • Björn Thoroe schlägt eine Soziale Erhaltungssatzung vor, mit der die Umwandlung von Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig wäre, ebenso Modernisierungen.
  • Björn Thoroe ist dafür, Kreuzfahrtschiffe zur Abnahme von Landstrom zu verpflichten. Kämpfer setzt auf Freiwilligkeit bzw auf mit anderen Häfen abgesprochene Vorgehensweisen, da die Kreuzfahrtschiffe ein Wirtschaftsfaktor für Kiel sind. Florian Wrobel würde die Kreuzfahrtschiffe ganz nach Laboe verlagern.
  • Andreas Ellendt würde den Prüner Schlag zurückkaufen, wenn es eine Gelegenheit dazu gäbe.

Innenstadtentwicklung und Holstenfleet

Andreas Ellendt sieht die lange Bauphase des Holstenfleets als ein Grund für die Probleme der Holstenstraße. Ulf Kämpfer sieht das Holstenfleet dagegen als Teil der Lösung und verweist auf neue Geschäfte, die eröffnet haben oder es demnächst werden, z.B. Primark. Kämpfer findet es auch in Ordnung, wenn es auf der Holstenstraße einen Ein-Euro Shop gibt. Ellendt stellt sich dagegen eher eine Auswahl an Cafés und hochwertigem Einzelhandel wie in der Holtenauer Straße vor. Allerdings ohne zu sagen, wie er das bewerkstelligen würde. Florian Wrobel würde die Innenstadt gerne komplett fluten und zum Venedig des Nordens machen.

Björn Thoroe war der einzige, der sich zur Weiterführung der A21 äußerte. Er möchte die Südspange und das Autobahnkreuz am Vieburger Gehölz verhindern. Ellendt und Kämpfer sagten nichts zu diesem Thema. Schade, dass die Moderator*innen die A21 nicht weiter thematisierten.

Am 27. Oktober können die Kieler*innen ihren Oberbürgermeister wählen. Diesmal in geheimer Wahl und nicht durch Applaus-Abstimmung.

Weitere Artikel zur OB-Wahl: Gespräch mit Björn Thoroe , Kämpfer beginnt Wahlkampagne , Gespräch mit Andreas Ellendt , Florian Wrobel im Gespräch

Florian Wrobel im Gespräch

Florian Wrobel (26) von der Satire-Partei “Die Partei” stellt sich als Kandidat zur Oberbürgermeisterwahl am 27. Oktober. Er wäre , wenn er gewählt würde, der erste blinde Bürgermeister Europas. Das würde Kiel in die überregionale oder sogar in die internationale Presse katapultieren, was sehr gut wäre für das Selbstbewusstsein der Kieler*innen, meint er. Denn noch ist Kiel kein Venedig, was die Attraktivität der Stadt angeht. Mehr dazu weiter unten.

Florian Wrobel ist sehr lustig, und es wurde herzhaft gelacht während des Gesprächs, das auch einige ernste Komponenten hatte. Er sagt: “Wir nutzen die Hilfsmittel der Comedy. Aber alle unsere Forderungen basieren auf Problemen , die die Stadt wirklich hat”.

Wie Florian Wrobel die Innenstadt beleben würde

Florians Wrobels Partei ist so begeistert von dem im Bau befindlichen Kiel-Kanal, dass sie schon im Kommunalwahlkampf eine Ausweitung des Konzepts anvisierte. Als Oberbürgermeister von Kiel würde Florian Wrobel die Vision “Venedig 2.0” energisch vorantreiben und mit allen Mitteln, die einem Oberbürgermeister zur Verfügung stehen, die ganze Innenstadt mit einem Netz von Kanälen durchziehen. Das Streitthema, ob die Innenstadt autofrei sein sollte oder nicht, hätte sich dabei erledigt, denn innerhalb der Innenstadt käme man nur zu Fuß oder mit Gondel weiter. Genial!

Und die Kreuzfahrtschiffe?

Bekanntlich betreiben die Kreuzfahrtschiffe gerne ihre Motoren mit Diesel, während sie im Hafen liegen. Die Abgase driften über die Förde in die Wohngebiete. Auch hier hat Florian Wrobel eine bestechende Lösung parat. Er würde gerne Laboe als Hafen für die Kreuzfahrtschiffe sehen. Die Touristen , die in die Kieler Innenstadt möchten, würden mit nicht-motorisierten Segelbooten ans Kieler Westufer gebracht. Das ist sauber, hübsch anzusehen und schafft auch noch Arbeitsplätze. Vielleicht sind noch ein paar Gespräche mit den Laboern notwendig, aber so ist das in der Welt der Diplomatie. Es könnte eine absolute „Win-Win-Solution“ sein.

Wohin mit dem Verkehr und den Abgasen?

Kiel schlägt sich schon länger mit den Stickoxiden auf dem Theodor-Heuss-Ring herum. Jetzt kommt auch noch die A21 dazu, die eventuell an die Stadt herangeführt wird. Komplexes Thema, zu dem ich hier nur sagen möchte, dass hierfür ein umfangreiches Straßenbauprogramm mit Autobahnkreuz, Stadtautobahn ans Ostufer und Nebenstrecken durchs Viehburger Gehölz losgetreten werden könnte. Diese Sorge sprach ich im Gespräch mit Florian Wrobel an und bin erleichtert. Seine Lösung ist die Übertunnelung. Die Autos fahren in einer abgeschlossenen Tunnelbrücke. Darunter bleiben die Biotope von Ringelnattern, Kreuzottern und seltenen und nicht so seltenen Fledermäusen unangetastet. Und das Beste: Auf der Tunnel-Brücke könnte auch noch Wohnraum entstehen, was der Wohnungsknappheit entgegenwirken würde. Im Gespräch mit Florian Wrobel stelle ich fest, dass ich viel zu oft in Gegensätzen denke. Ich denke Autos oder Ringelnattern oder Menschen, aber das ist völlig falsch gedacht. Es geht alles gleichzeitig. Die Abgase werden übrigens im Tunnel durch Filter aufgefangen, sodass die Bewohner auf der Brücke saubere Luft atmen.

Gestresste Schüler*innen

Unser nächstes Thema betraf die Schulsituation. Florian Wrobel meint, dass die Schülerschaft durch marode Gebäude und zu viele Schulreformen total gestresst ist. Jetzt kommt auch noch der Klimawandel dazu, weswegen freitags gestreikt werden muss. Florian Wrobel hat auch hier innovative Vorstellungen. Durch die Digitalisierung der Klassenzimmer könnten die Schüler gemütlich im Bett bleiben und online Unterricht (eventuell sogar zeitversetzt möglich) wahrnehmen. Als Anreiz, doch ab und zu ins Schulgebäude zu gehen, schlägt er den Einbau von Saunas in den Schulen vor. Alles gegen den Stress.

Fridays for Future

Florian Wrobel möchte gerne die Vorstellungen von Fridays for Future in Kiel umsetzen und würde sich freuen, wenn eine Abordnung dieser Gruppe einmal in den Kieler Innen- und Umweltausschuss eingeladen würde. Einen eigenen Vorschlag zur Befriedung der Klimaaktivisten machte er selber. Da er es für nicht hinnehmbar hält, die Atomtransporte durch den Nord-Ost-See-Kanal ziehen zu lassen, schlägt er den Kieler Düsternbrook als atomares Endlager vor . Das würde dort die Mieten senken und zudem Kiel eine “strahlende Zukunft” bescheren. Das Ganze natürlich nur in Absprache mit Fridays for Future, versteht sich.

Wir sprachen noch über andere Kieler Probleme, zu denen Wrobel überraschende Lösungsansätze skizzierte. Als eine von Natur aus eher ernste und zu Sorgen neigende Person verließ ich das Gespräch mit einem Gefühl der Heiterkeit und sogar Erleichterung. Denn jetzt vermute ich, dass Kiels Probleme möglicherweise lösbar sind, wenn man sie nur mit Humor angeht.

Ihr erreicht Florian Wrobel über Facebook: Florian Wrobel – DER Oberbürgermeister oder per Email: florian.wrobel@die-partei-kiel.de