Dies ist die Geschichte eines syrischen Studenten, der abgeschoben werden soll und schon im Flugzeug zurück nach Bulgarien saß, aber ein gute Idee rettete ihn vorläufig. Die Geschichte von Ziuar Murad (23) ist wirklich tragisch. Er hatte das Pech, auf der Flucht nach Deutschland in Bulgarien gegen seinen Willen registriert zur werden. Aus diesem Grund soll er nun wieder nach Bulgarien abgeschoben werden. Dabei ist er hervorragend integriert. Seine einzige Hoffnung, der Abschiebung wenigstens zeitweilig zu entgehen, ist jetzt ein Ausbildungsplatz.
Mustergültig integriert!
Ziuar Murad lebt seit drei Jahren in Deutschland. In dieser Zeit hat er hervorragend Deutsch gelernt. Er spricht mit leichtem Akzent, aber fehlerfrei und völlig flüssig. Nach dem Studienkolleg zur Uni- Vorbereitung konnte er sich an der Fachhochschule einschreiben, wo er jetzt im ersten Semester Mechatronik studiert. Außerdem spielt er Fußball in der Kreisliga , erst im Mittelfeld, jetzt in der Verteidigung, beim TSV Kronshagen. Er sagt: “Fußball und Mathematik sind mein Leben.”
Stationen einer Flucht
Er wurde 1994 in Al Qamishli im Norden von Syrien geboren. Seine Familie sind Kurden. Als er zum Militär eingezogen wurde, machte er sich auf die Flucht, weil er nicht auf Landsleute schießen wollte. Seine Flucht führte ihn zunächst nach Bulgarien, wo er sich regisrieren lassen musste. Es folgten drei Monate in einer schmutzigen Flüchtlingsunterkunft. An Bulgarien erinnert er sich mit Schrecken. Mit fünf anderen Geflüchteten teilte er sich ein kleines Zimmer mit Kochecke. Das Essen im Camp war ungenießbar. Er wurde krank. Zunächst wurden seine Symptome nicht ernst genommen. Dann stellte sich aber heraus, dass er Tuberkulose hatte. Es folgten noch zwei Monate im Krankenhaus.
So richtig verzweifelt wurde seine Lage aber erst nach der Anerkennung, denn in Bulgarien sind die anerkannten Flüchtlinge völlig ohne Hilfe auf sich gestellt. Es gibt keine staatliche Hilfe, kein Taschengeld, keine Unterkunft, keine Sprachkurse, nichts. Nach schwerer Krankheit geschwächt und ohne Sprachkenntnisse sah er keine Hoffnung in Bulgarien zu überleben.
So machte er sich wieder auf den Weg nach Deutschland und kam in eine Unterkunft in Kronshagen. Seinen Asylantrag stellte er in Neumünster.
Wie ein Geistesblitz seine Abschiebung zunächst verhinderte
Acht Monate nach seiner Anhörung in Neumünster erhielt Ziuar Murad einen Brief vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Weil er unter die Dritt-Staaten-Regel falle , müsse er das Land verlassen. Die Dritt-Staaten-Regel besagt, dass wer in einem anderen Land als Flüchtling anerkannt wurde , dorthin zurückgehen muss. Murat holte sich anwaltliche Unterstützung, aber eine eingereichte Klage wurde abgelehnt.
Am 28. Dezember 2016 kam dann wieder ein Abschiebungsbrief. Er wurde aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen Deutschland zu verlassen. Das machte er nicht, weil er unbedingt im April 2017 im Studienkolleg die Abschlussprüfung ablegen wollte. Am 27. April 2017, zwei Wochen nach seiner Prüfung kamen dann vier Mitarbeiter der Ausländerbehörde in die Unterkunft. Er musste seine Sachen packen und wurde zum Flughafen Hamburg gebracht, um zurück nach Bulgarien gebracht zu werden.
Er saß also schon im Flugzeug, als er einen Geistesblitz hatte. Ihm wurde klar, dass er ein Recht auf seine Papiere hatte. Er war zwar nie im Besitz eines Passes gewesen, aber er hatte einen syrischen Personalausweis, den ihm die deutschen Behörden abgenommen hatten. Also stieg er einfach wieder aus dem Flugzeug aus! Die Polizisten standen noch in der Nähe. Er sagte ihnen, dass er Deutschland nicht verlassen könne ohne seine Papiere. Die Polizisten hatten seinen Ausweis sogar dabei, aber konnten oder wollten ihm den Ausweis nicht geben, weil er in Polen hätte umsteigen müssen und die Gefahr bestand , dass er von dort nicht nach Bulgarien weiter gereist wäre. Also durfte er wieder zurück nach Kronshagen! Im Amtsdeutsch hieß es: “Zurzeit besteht ein tatsächliches Ausreise- und Abschiebehindernis in Form einer Passlosigkeit.”
Am 5. Januar dann der letzte Brief, der ihn wieder in große existentielle Verzweiflung stürzt. Er wird aufgefordert, einen syrischen Pass zu beantragen. Er kann aber auf keinen Fall in eine syrische Botschaft gehen , denn dann würde er sofort zum Militärdienst eingezogen werden! Es war ja gerade seine Einberufung zum Militär, die seine Flucht akut ausgelöst hatte.
Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz
Ziuar Murads größte Hoffnung ist nun ein Ausbildungsplatz. Er ist mathematisch begabt und würde am liebsten eine Ausbildung im Bank- oder Versicherungswesen beginnen. Seine Sprachen sind Kurdisch, Arabisch, Deutsch und etwas Englisch.
Wenn er eine Ausbildung beginnen könnte, würde er sein Studium abbrechen, denn im Gegensatz zum Studium hat eine Ausbildung eine aufschiebende Wirkung. Er hofft, dass sein Anwalt das Verfahren so lange hinauszögern kann , bis er eine Ausbildung begonnen hat oder wenigstens eine feste Zusage für einen Ausbildungplatz hat!
Wer eine Idee hat, wo sich Ziuar Murad bewerben könnte, oder wer sogar einen Ausbildungsplatz anbieten könnte, möge ihn direkt anschreiben: ziuarmurad@gmail.com