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Viele Grüne in der neuen Ratsversammlung

Kiel hat gestern eine neue Ratsversammlung gewählt. Die Grünen gingen mit 27,1 Prozent der Stimmen als stärkste Fraktion hervor, gefolgt von der CDU mit 22,9 Prozent. Die SPD rutschte mit 22,0 Prozent auf den dritten Platz. In der Verteilung auf die Stadtteile konnten die Grünen vor allem auf dem Westufer punkten, Spitzenwert: 45 Prozent in Ravensberg!

Fast verdoppeln konnte sich der SSW. Neu dabei ist dieBasis, die mit 1,3 Prozent der Stimmen vorraussichtlich einen Sitz in der Ratsversammlung erhält.

Das vorläufige Endergebnis in Prozent, in Klammern die Gewinne oder Verluste gegenüber 2018:

GRÜNE: 27,1 (+6,7)

CDU: 22,9 (-0,6)

SPD: 20,0 (-7,9)

SSW: 8,2 (+5,4)

AfD: 6,0 (+0,0)

Die LINKE: 4,9 (-2,4)

FDP: 4,5 (-2,0)

Die PARTEI: 2,8 (+0,2)

DieBasis: 1,3

Tierschutzpartei: 0,6

Volt: 0,2

Die Humanisten: 0,0

Quelle: kiel.de und kn online

Kommunalwahl Kiel: Thema Umweltschutz bei SPD, CDU und Grünen

Was schreiben die Parteien zum Thema Umweltschutz oder Klimaschutz in ihren Programmen?

SPD will Wachstum

Für die SPD stehen programmatisch ganz klar Wirtschaftswachstum und Wohnungsbau im Vordergrund. Ob klimaneutrales Wachstum theoretisch möglich ist , ist umstritten. Historisch ging Wachstum immer mit einem höheren Ressourcenverbrauch einher. Eine Politik, die auf Wachstum und Bautätigkeit setzt, wird höchstwahrscheinlich zu Lasten von Umwelt und Klimaschutz gehen. Gleichwohl hat sich die SPD auch umwelt- und klimapolitische Ziele vorgenommen.

Das Küstenkraftwerk soll schrittweise auf klimaneutrale Energie umgestellt werden, etwa Wasserstofftechnologie und große Wärmepumpen.

Durch die Bautätigkeit wird Fläche versiegelt, aber es soll auch Entsiegelungen geben. Genannt wird hier konkret der Parkplatz am Ostseekai, der auf seine Eignung als Park geprüft werden soll. Unterm Strich wird wohl mehr versiegelt als entsiegelt Um den Flächenverbrauch wenigstens zu minimieren, sollen höhere Gebäude erlaubt werden.

Mehr Bäume und Blühwiesen dienen der Natur und auch der Anpassung an den Klimawandel. Für Fledermäuse sollen Kästen an öffentlichen Gebäuden angebracht werden.

Einen großen Raum im Programm nimmt die Mobilität ein, und hier kann die SPD auch Erfolge aus den vergangenen Jahren vorweisen. Die Sprottenflotte, die E-Busse, die neuen Fähren, die Fahrradstraßen und Premiumradrouten. Für die Zukunft wünscht die SPD eine Priorisierung von protected bike lanes und Fahrradstraßen. Ein großes Vorhaben ist die Veloroute Ost. Ein ganz großes Vorhaben ist der schon beschlossene Bau einer Stadtbahn. Wenn es gelänge, durch die Stadtbahn weniger Autoverkehr in der Stadt zu erreichen, wäre die Stadtbahn ein Baustein für mehr Klimafreundlichkeit. (Der Bau der Stadtbahn an sich schadet jedoch der Umwelt und dem Klima. Ob die Stadtbahn einen positiven Effekt haben wird oder ein zusätzliches Mobilitätsmittel on top sein wird, kann nur die Zukunft zeigen.)

Als Leitbild nennt das Programm den“ klimaneutralen Verkehr“, dazu gehört die Verringerung des motorisierten Verkehrs. Die praktische Umsetzung wird aber nicht wirklich ausformuliert. Zwar soll das Gehwegparken vor Schulen, Kindergärten und Pflegeheimen verboten werden. Insgesamt geht die SPD jedoch sehr milde mit den autofahrenden Kielern und Kielerinnen um.

Ein Straßenbauprojekt des Bundes, die Südspange und die A21 auf Stadtgebiet, würde sehr viel Fläche versiegeln und Kleingärten überbauen. Hier vermisst man eine klare Absage. Mittlerweile sickerte ja durch, dass ein vom Bund durch die DEGES beauftragtes Gutachten vom Bau der Südspange abrät. Das war allerdings vor der Veröffentlichung des Programms.

Mein Fazit: Eine klimaneutrale Energieerzeugung im Küstenkraftwerk wird Kiels Klimabilanz sehr verbessern. Der Umweltschutz leidet allerdings in der Bilanz an den Bauvorhaben.

CDU möchte Saatgutautomaten aufstellen

Auch die CDU bekennt sich zur Notwendigkeit von Klima- und Umweltschutz. Die großen Themen zur Umsetzung sind Umweltbildung und Sauberkeit.

Sie will ein Umweltinformationszentrum aufbauen. (Allerdings entsteht aktuell schon ein Nachhaltigkeitszentrum auf dem Europaplatz. )

Entsorgungsscouts sollen als mobile Einsatzgruppe für mehr Sauberkeit in der Stadt sorgen und auch Aufklärung betreiben. (Das macht der KOD eigentlich auch schon, es ist nicht klar, was am Vorschlag der CDU neu ist.)

Die CDU will mehr Tauschregale und einfachere Möglichkeiten zur Entsorgung von Farben und Lacken. Wertstoffhöfe sollen länger geöffnet haben. Es soll wieder feste Termine für die Sperrmüllabholung geben! Außerdem mehr Abfallbehälter.

Außerdem möchte die CDU mehr Blühstreifen und Streuobstwiesen.

Manche Vorschläge sind extrem kleinteilig, etwa das Aufstellen von Insektenhotels oder Automaten mit Saatgutbomben.

Schottergärten sollen verboten werden.

Schon revolutionärer ist der Vorsatz, den Anteil der versiegelten öffentlichen Fläche zu verringern. Allerdings soll dies nicht zu Lasten von Parkplätzen gehen, und die CDU möchte auch keine weiteren Parklets sehen. Hier wäre ein konkreter Vorschlag interessant gewesen.

Die Vorschläge für mehr Umweltschutz in der Stadt stehen auch hier im Widerstreit zur gefordeten Bautätigkeit. Auch die CDU will Nachverdichtung, Aufstockung, Bauen in zweiter Reihe, Mobilisierung von Bauland. Dazu beschleunigte Baugenehmigungsverfahren.

Richtig duster für die Umwelt wird das Programm der CDU beim Thema Straßenbau. Die CDU befürwortet die Südspange und positioniert sich bei vielen neuralgischen Punkten in der Kieler Verkehrspolitik auf Seiten der Autofahrenden.

Mein Fazit: Es sind ein paar gute und leicht umsetzbare Ideen dabei, besonders gut gefällt mir das Verbot von Schottergärten und die Wiedereinführung von festen Terminen für die Sperrmüll-Abholung. In der Bilanz leidet der Umwelt- und Klimaschutz jedoch unter der angestrebten Bautätigkeit und der Förderung des Autoverkehrs.

Die Grünen punkten beim Thema Umweltschutz

Das Thema Bauen wird bei den Grünen eher tief gehängt. Einige Projekte sind schon beschlossen, etwa Holteau-Ost. Das Programm verspricht jedoch keine über schon beschlossene Projekte hinausgehende größere Bautätigkeit. Im Gegenteil: die Grünen versprechen, netto keine Fläche mehr versiegeln zu wollen. Es wird also höchstens aufgestockt. Der Zielkonflikt zwischen Bauen und Umweltschutz besteht bei den Grünen also nicht im gleichen Umfang wie bei SPD und CDU.

Die umweltpolitischen Ziele sind in fünf Punkte untergliedert:

  • Abfall vermeiden, verringern, wiederverwenden und recyceln
  • Flächen effizient und nachhaltig nutzen
  • Umweltbildung fördern
  • Gesunde und ökologische Ernährung ermöglichen
  • Vor Emissionen schützen und Luft rein halten

Wenn die Stadt baut oder mit Geld der Stadt gebaut wird, soll viel Holz oder recyceltes Material verwendet werden. Der Verbrauch von Zement soll verringert werden.

Die Vorschläge zur Müllvermeidung sind teilweise sehr kleinteilig, etwa die Ausgabe von mobilen Aschenbechern am Strand, aber das Problem des Abfalls ist auch vielseitig und bedarf unterschiedlicher Ansätze.

Besonders wichtig erscheint mir das Versprechen, netto keine weitere Flächen zu versiegeln. Wenn doch Boden versiegelt wird, soll an anderer Stelle entsiegelt werden, und dort eventuell Kleingärten entstehen.

Schottergärten sollen wieder begrünt und wasseraufnahmefähig werden, das heißt, auch die Folie unter dem Schotter muss wohl entfernt werden. Laubbläser dürfen nur noch auf Gehwegen zum Einsatz kommen.

Grünflächen sollen extensiv bewirtschaftet werden. Suchsdorf-West soll zu einem Landschaftsschutzgebiet gemacht werden.

Viele pädagogische Ideen sind sehr kleinteilig, etwa der Vorsatz, mehr über die Giftigkeit von Zigarettenstummeln aufzuklären.

Emissionen in der Stadt soll durch mehr Tempo-30-Zonen verringert werden.

An erster Stelle im Programm stehen die Vorstellungen zur Mobilitätswende, auch ein wichtiger Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Stichwort hier: besserer und günstigerer ÖPNV, mehr Fahrradförderung, Bau der Stadtbahn.

Alle zukünftigen Maßnahmen sollen auf ihre Kompatibilität mit dem 1,5-Grad-Ziel geprüft werden, und wenn sie nicht kompatibel sind, verworfen werden.

Die Sanierungsquote von Gebäuden soll erhöht werden, und zwar durch Beratung, Information und finanzielle Förderung.

Die Pläne für einen Windpark in Meimersdorf /Flintbek sollen wiederbelebt werden.

Für Bebauungspläne sollen neue Leitlinien formuliert werden, die das Bauen deutlich ökologischer machen.

Das Küstenkraftwerk soll schrittweise auf Wärempumpen und grünen Wasserstoff umgestellt werden. Methan-Schlupf soll besser aufgespürt werden.

Das Meimersdorfer Moor soll wiedervernässt werden.

Mein Fazit: Viel Umweltschutz und wenig Zielkonflikte! Wieviel in einer voraussichtlichen Koalition dann umgesetzt werden kann, ist ein anderes Thema. Aber im Vergleich zu den Vorstellungen von SPD oder CDU können die Grünen richtig punkten beim Thema Umwelt- und klimaschutz.

Bild von Jeyaratnam Caniceus auf Pixabay

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