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Per Gesetz zum Grundeinkommen?

von Ulrich Hühn: Per Gesetz zum Grundeinkommen? Ja, sicher, wie denn sonst, die Hartz Gesetze, das Wohngeld, das Kindergeld und das BAFöG sind auch Gesetze.

Kurz zur Historie des Grundeinkommens in Schleswig-Holstein in den letzten drei Jahren: Es war in jedem Fall eine gute Idee, von einem wissenschaftlichen Institut im Rahmen des Zukunftslabors unter anderem das Grundeinkommen untersuchen zu lassen. Wenn mit der Zeit jedoch im Parteien-Geplänkel und mit Neid auf gute Wahlergebnisse das Ziel zerredet oder totgeschwiegen wird, taugt dieser Weg nicht.

Zum Glück gibt es das Instrument von Bürgerbegehren und -Entscheiden, mittels derer sich Parlamente mit Gesetzesinitiativen befassen und sie, wenn Mehrheiten gegeben sind, auch umsetzen müssen!

Wie ist nun der vorliegende Gesetzestext „zur Erprobung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Schleswig-Holstein“ aufgebaut, welche Fehler der Vergangenheit enthält er nicht mehr?

In Par. 2 definiert er ganz klar ein bedingungsloses Grundeinkommen und stellt dar, was in vielen Diskussionen nebulös umschrieben, relativiert und oft aus Interesse verschiedener Lobbygruppen falsch dargestellt wird. Wobei mir diese „Interessen“ manchmal unbegreiflich sind.

In Par. 3 wird umgangen, woran der wissenschaftliche Beirat des Zukunftslabors kränkelt, an der parteiabhängigen Aufgabenstellung, anstelle eines klaren gesetzlichen Auftrages. An solch einem Gesetz gibt es nichts zu rütteln, wenn es denn erst einmal verabschiedet ist, es wird vielleicht ein Jahr dauern, die Dauer des Forschungs Vorlaufes ist ebenfalls begrenzt.

Das interessante ist der Par. 4, in dem die Begleitumstände, die Menschen betreffend dargelegt werden: verschiedene Varianten des Grundeinkommens („welches Grundeinkommen wollt ihr denn überhaupt einführen…????“) sowie die Auswirkungen auf das Umfeld der sich zum Test bereit erklärenden Menschen. Das beeindruckende daran ist die Realitätsnähe: Wenn eine Gruppe von 3000 bis 6000 Menschen (Absatz 4) ein Grundeinkommen erhalten, sind sie damit aus dem Hartz IV Bezug raus, wenn sie diese Leistungen bis dahin erhalten haben. Einmal ein Bürokratieabbau, zum zweiten ein Vertrauensbeweis der Gesellschaft dieser Gruppe gegenüber und nicht zuletzt eine reale Gegenfinanzierung. Sogar die Vielfalt eventuell zu verwirklichender Grundeinkommens-Modelle und die Betragshöhe sind enthalten.

An eine einzige Bedingung ist dieser Modellversuch aber dennoch gekoppelt: Die Teilnehmenden verpflichten sich, an Befragungen zu ihren Erfahrungen, der Veränderung ihrer Berufs- oder Tätigkeitsfelder und ihrer persönlichen Zufriedenheit und Gesundheit teil zu nehmen.

Eine weitere wichtige Frage wird in den Vorbemerkungen angesprochen, die mir selbst in Straßengesprächen oft von Eingeweihten gestellt wird: Ist das Land überhaupt für eine solche Erprobung zuständig?

Ja, ist es, es sind keine Sozialleistungen, die getestet werden, sondern „staatliche Leistungen zum Zweck der sozialen Sicherung“, die nicht unter die Bundes Sozialgesetzgebung fallen. Da ein Grundeinkommen den Sozial-Haushalt nicht berührt, ist es keine Versicherungsleistung. Nicht einmal dem Grundsatz des „Forderns….“ wird widersprochen, solche staatlichen Leistungen können nach Landesrecht gewährt werden, ohne das Verpflichtungen den Empfängern auferlegt werden MÜSSEN.

Die jetzt auf die Menschen zu kommende Aufgabe ist die massenhafte Unterzeichnung des Wollens dieser Gesetzgebung innerhalb recht kurzer Zeit, um dann gespannt der Tätigkeit der gesetzgebenden Organe hier im Lande und in vier weiteren Bundesländern und Stadtstaaten zuzusehen, eine hoch interessante Aufgabe, in jedem Fall der direkten Demokratie förderlich.

Ulrich Hühn, selbstständiger Elektromeister, ist Mitglied der Grünen und engagiert sich seit Jahren für das Bedingungslose Grundeinkommen.

Mehr zum Thema: https://expedition-grundeinkommen.de/schleswig-holstein/

Expedition Grundeinkommen.

von Ulrich Hühn.

Was soll eine Expedition bewirken? Sie soll Neues erkunden und den Weg zu neuen Erkenntnissen für alle bereiten. Warum ist das beim Grundeinkommen so wichtig?

Ein wichtiger Schritt für das Grundeinkommen war die Einrichtung des Zukunftslabors der schleswig holsteinischen Landesregierung im Zuge der Koalitionsverhandlungen zur „Jamaika-Regierung“. Wie zukunftsfähig sind unsere sozialen Sicherungssysteme? Wie könnte ein liberales Bürgergeld oder ein Grundeinkommen eingebaut werden? Das war die Fragestellung. Bald zeigte sich jedoch, dass viele Regierungsvorhaben innerhalb dieser Regierung voran getrieben wurden, nur nicht das Zukunftslabor. Die bürgerlichen Parteien, zu denen mittlerweile auch die Grünen zählen, fürchteten sich wohl zu sehr vor einem tatsächlichen Ende des Hartz IV Systems. Als dann der Energiewende-Minister Robert Habeck nach Berlin ging, kam das Aus für das Zukunftslabor, und somit steckte die Landesregierung auch keine Energie mehr in das Thema Grundeinkommen.

Es dauerte einige Zeit, bis die damaligen Akteure sich wieder trafen und Neues erdachten: Im Rahmen einer Expedition soll die Landesregierung aufgefordert werden, ein Grundeinkommen zu testen. Nicht wieder mit den vielen Fehlern der Vergangenheit: Nur bestimmte soziale Gruppen, zu kurze Befristung, ungenaue Zuständigkeit, aus den obersten Etagen von Parteien ohne Detailkenntnis zusammen geschrieben, und so weiter. Der nach monatelanger Ausarbeitung von den Spezialisten des Netzwerkes Grundeinkommen in Zusammenarbeit mit „mein-Grundeinkommen“ aus Berlin vorgelegte Gesetzes-Entwurf ist zwar sehr umfangreich, vermittelt aber diesen Anspruch, von Parlamenten und deren Ausschüssen Bestand zu haben.

Nun werden Unterschriften gesammelt für die Forderung, diesen Modellversuch staatlich durchzuführen. Bei Beginn der Sammlungsaktion war eines zu Anfang deutlich: viele Menschen haben auf so eine Aktion gewartet. Andererseits aber auch: stets wurden die gleichen Argumente gegen ein Grundeinkommen vorgetragen. Ich empfehle diesen Menschen die Webseite des Netzwerk Grundeinkommen https://www.grundeinkommen.de/grundeinkommen/fragen-und-antworten zu studieren um die meisten Unklarheiten im Zusammenhang mit dem Grundeinkommen auszuräumen. Es fördert aber auch, die direkte Demokratie weiter zu entwickeln. Für Gegner des Grundeinkommens, deren Motivation mich immer wieder interessiert, wäre die Unterstützung eine Gelegenheit , um im Falle des Scheiterns die Diskussion endgültig zu beenden.

Ein interessantes Merkmal ist noch im Zeitablauf: Es ist nicht zu erwarten, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung Anfang 2020 dem Gesetzesentwurf zustimmt. Dann heißt es im Zuge eines folgenden Volksentscheides viele 10.000 Unterschriften zu sammeln, um eine Abstimmung für alle Menschen im Lande darüber zustande kommen zu lassen. Da diese Abstimmung auch in vier weiteren Bundesländern und Stadtstaaten läuft, kann das Glück es wollen, das die Abstimmung über die Durchführung des eingereichten Gesetzentwurfes mit der Bundestagswahl 2021 zusammen stattfindet, eine bundesweite Abstimmung über das Grundeinkommen, eine grandiose Chance .https://expedition-grundeinkommen.de/

Ulrich Hühn, selbstständiger Elektromeister, ist Mitglied der Grünen und engagiert sich seit Jahren für das Bedingungslose Grundeinkommen.