Pressemitteilung: Vorfahrt für den Klimagürtel mit dem zukünftigen Kieler Oberbürgermeister –keine Planung der Südspange
Ein breites Bündnis aus 9 Kieler Umweltverbänden und Initiativen fordert die Oberbürgermeisterkandidaten auf, sich eindeutig für den Erhalt des Kieler Grün-und Klimagürtels und damit für den Planungsstopp der Südspange sowie der A21-Nebenstrecke einzusetzen.
Die Kieler Ratsversammlung hat sich bisher um einen Beschluss zu einer konkreten Variante des A21-Anschlusses in Kiel gedrückt. Damit haben Politik und Verwaltung die Verantwortung sowie die Möglichkeiten der aktiven Gestaltung ohne Not dem Bund überlassen. Dass eine Landeshauptstadt bei einem Projekt dieser Größenordnung freiwillig das Heft seiner Gestaltungsmöglichkeiten aus derHand gibt, ist ein politisches No-Go. Der Bund hat sich dann für den Ausbau der A21 bis in die Stadt sowie den Bau der Südspange und Nebenstrecke entschieden.
Die geplante Südspange und Nebenstrecke zur A21 sowie die neuen Autobahnkreuze würden einen schwerwiegenden Eingriff in den Kieler Grüngürtel bedeuten. In Zeiten des Klimawandels ist der Grüngürtel wichtiger denn je als „Klimagürtel“. „In Anbetracht, dass Kiel den Klimanotstand ausgerufen hat, darf die Grüne Lunge Kiels nicht weiter zerschnitten werden“, so Ulrike Hunold von der BUND-Kreisgruppe Kiel. Auch hinsichtlichder Verkehrslenkung macht die Südspange keinen Sinn, denn durch den zusätzlichen Autoverkehr wird es an den bestehenden Engpässen wie z.B. Theodor-Heuss-Ring zu noch mehr Staus kommenals bisher.
„Sozialpolitisch ist die Planung der Südspange und der A21-Nebenstrecke durch Gaarden Süd ebenfalls eine Katastrophe. Bedeutende Kieler Naherholungsgebiete sowie die Wohngebiete Kronsburg und Gaarden Süd würden durch den zusätzlichen Verkehrerheblich belastet und damit entwertet werden. Und die zusätzliche Zerschneidung durch die geplanten Straßen würden das Artensterben in Kiel weiter vorantreiben“, stellt Hartmut Rudolphi vom NABU Kiel fest.
Das Bündnis „Vorfahrt für den Klimagürtel“ fordert daher, die Autobahn bei Kiel-Wellsee enden zu lassen sowie den Grüngürte vollständig zu erhalten. Daher ist die Planung der Südspange sowie der Straße entlang des Eidertal-Wanderweges und durch Gaarden Süd einzustellen. Und zwar jetzt, bevor unnötig Steuergelder für die Planungen verbrannt werden.
Unterzeichnet von: Bürgerinitiative Klimaschutz, Bielenbergkoppel.de, Fridays for Future Kiel, NABU, Greenpeace Kiel, Gaarden autofrei, BUND, VCD und Projekt Prüner Park
Bekanntlich plant der Bund, die A21 bis zum Barkauer Kreuz zu bauen, und zusätzlich eine Südspange genannte Straße an das Ostufer zu bauen. Die Linke hatte einen Antrag in die letzte Ratsversammlung eingebracht, in dem sie Kiel auffordert, sich stärker in die Planung dieser A21-Anbindung einzubringen. Der Wunsch der Linken ist es, Natur und Umwelt zu schützen und den Verkehr zu verringern. “Vor dem Hintergrund des durch die Ratsversammlung anerkannten Klimanotstands (Drucksache 0443/2019) und des strategischen Ziels der “Klimaschutzstadt” wird der Oberbürgermeister gebeten, dem Innen-und Umweltausschuss, dem Bauausschuss und der Ratsversammlung zeitnah, Vorschläge zu unterbreiten, wie es gelingen kann, im Zuge des Ausbaus der B404 zur A21, die Auswirkungen auf Umwelt und Natur im Kieler Stadtgebiet möglichst gering zu halten und die Verkehrsströme so zu steuern, dass das Aufkommen motorisierten Individualverkehrs im innerstädtischen Bereich so weit wie möglich minimiert wird.” Hier der ganze Antrag: „Ausbau der B404 vor dem Hintergrund des Klimanotstands gestalten“.
Bevor ich zur Diskussion im
Bauausschuss komme, eine kurze Beschreibung, was die Probleme mit der
geplanten Anbindung sind. Es würde nördlich der Bahnbrücke am
Knotenpunkt Karlsburg ein Autobahnkreuz entstehen, das in das
Vieburger Gehölz hineinragt. Dieses Gehölz ist so eine Art
norddeutscher Urwald, insofern als hier schon seit Menschengedenken
Wald war. Dieses Gehölz ist deshalb besonders wertvoll für Fauna
und Flora.
Noch schlimmer trifft es die 300 Kleingärten, die auf der geplanten Trasse der Südspange liegen. Sie würden zerstört werden. Hier hat sich – auch wegen Leerständen – ein besonders artenreiches Biotop entwickelt, mit Kreuzottern, Ringelnattern, Zauneidechsen und anderen gefährdeten Arten. Die Nähe zum Vieburger Gehölz und zum Meimersdorfer Moor tragen zum Wert dieses Gebiets bei, weil zusammenhängende Gebiete ein größeres vernetztes Ökosystem bedeuten. Gleichzeitig – und das verdeutlicht den vollen Irrsinn dieses Projekts – wird die vom Bund geplante Anbindung der A21 zu einer Zunahme des Verkehrs um 25 Prozent auf dem Theodor-Heuss-Ring westlich des Barkauer Kreuzes führen. Also das Gegenteil einer Entlastung. Gerade dieser Abschnitt des Theodor-Heuss-Rings ist stark mit Stickoxiden belastet. Wenn noch 25 Prozent mehr Verkehr dazu kommt, ist eine Sperrung wahrscheinlich unausweichlich. Aber nun zur Diskussion im Bauausschuss:
Klimaschutz und A21-Anbindung
Detlef Bautz-Emmerich (Linke) bezog
sich auf den Klimanotstand: “Wir können die B404 nicht einfach
weiter ausbauen, wie wenn nichts passiert wäre.” Niclas Köser
(„Die Fraktion“) führte diesen Gedanken weiter aus und fragte,
ob Infrastrukturausbau überhaupt noch Sinn mache. “Straßenbau ist
schlecht für die Klimabilanz“, sagte er.
CDU für die Anbindung
In der Person von Rainer Kreutz
positionierte sich die CDU eindeutig für die vom Bund geplante
Variante der Anbindung. Rainer Kreutz sagte. “Wir brauchen die
Anbindung. Ohne sie bildet sich ein Flaschenhals und Stau.”
(Leider wies an dieser Stelle niemand darauf hin, dass die Autobahn
auch mehr Verkehr bringt und ein Flaschenhals eventuell die einzige
Möglichkeit ist, diese Verkehrszunahme zu verhindern. )
Gründe für die Zurückstellung des Antrags
Der Antrag wurde zurückgestellt aus
einem Grund, den ich nicht ganz nachvollziehen konnte. André Wilkens
(SPD) brachte die Frage in die Diskussion, inwieweit die Verwaltung
an dieser Sache dran sei, also an den Auswirkungen auf Natur und
Verkehrsvolumen. Er hätte gerne eine geschäftliche Mitteilung in
dieser Angelegenheit. Daraufhin antwortete Peter Bender vom
Tiefbauamt, die Verwaltung wäre überhaupt nicht mit dieser
Angelegenheit befasst. Das wäre eine Planung des Bundes, der
natürlich alle umweltrechtlichen Grundsätze beachten würde. Aber
bei diesem konkreten Ausbauprojekt würde kein Kieler Amt mitmischen.
Dennoch wurde der Antrag zurückgestellt bis eine geschäftliche
Mitteilung der Verwaltung vorliegt. Was mich etwas wunderte, denn
laut Peter Bender befasst sich die Verwaltung nicht damit.
Kann Kiel überhaupt Einfluss nehmen?
Es wurde auch über die Zuständigkeiten
diskutiert. Dass der Bund dieses Projekt plant, wurde mehrfach klar
gestellt. Aber kann Kiel Einfluss nehmen? Detlef Bautz-Emmerich
meinte ja, denn der Bund wäre froh über jeden Pfennig, den er nicht
in ein Projekt stecken müsse. Niclas Köser meinte, es würde viele
Möglichkeiten geben, auf den Bund Einfluss zu nehmen. André
Wilkens, der die Zurückstellung beantragt hatte, war etwas
nachdenklich. Er sagt: “Wir werden es nicht mehr aufhalten können,
aber was diese Anbindung für Kiel bedeutet, das sollten wir uns in
Ruhe ansehen”.
In Bezug auf die geplante Anbindung der A21 schwanken die Fraktionen also zwischen Zustimmung (CDU), Fatalismus (SPD) und Gegenwehr (Linke). Der einzige Grüne, der in dieser Angelegenheit sprach, war Arne Langniß, der leider ins Mikrofron flüsterte, sodass ich seine Redebeiträge nicht verstehen konnte.
Nachtrag vom 1.10. : In Folge dieses Artikels erhielt ich eine Email von Arne Langniß, Grüner Ratsherr, mit einem klaren Statement gegen die Südspange. Die Email steht unten im Kommentar.
Zur Zeit wird die B404 zur A21 ausgebaut. Der Teil der B404 , der schon Autobahn geworden ist, endet momentan zwischen Nettelau und Löptin. Außerdem ist ein kleines Teilstück vor Kiel fertiggestellt. Bis Wellsee ist der Verlauf der A21 weitgehend festgelegt. Ab Wellsee plant der Bund die Anbindung, die als Planfall 1 bezeichnet wird (wie weiter unten beschrieben). Parallel zur Planung des Bunds verabschiedete Kiel 2008 einen Verkehrsentwicklungplan (VEP), in dem Planfall 2 favorisiert wird. Formal gesehen liegt die Entscheidung, wie die A21 angebunden wird, jedoch beim Bund. Weder die Ratsversammlung noch der Oberbürgermeister können dies entscheiden. Aber wahrscheinlich würde der Bund keine Anbindung durchdrücken, die von der Lokalpolitik entschieden abgelehnt würde.
2010 erschien eine von Kiel in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie. Sie untersuchte noch zwei weitere Varianten, was zeigt, dass die Variante des Bundes alles andere als alternativlos wäre. Also insgesamt vier Varianten werden im Detail beschrieben und nach bestimmten Kriterien bewertet. Die vier Varianten werden als Null+, Planfall 1 , Planfall 2 und Planfall 3 bezeichnet. Sie werden im Folgenden beschrieben. Ein Gruppe von Umweltschützer*innen macht sich stark für eine fünfte Variante, die noch keinen Namen hat. Ich nenne sie Variante Kronsburg.
Planfall Null+
Bei dieser Variante endet die A21
nördlich der Bahnbrücke bei der Anschlussstelle Karlsburg. Diese
Variante wird unter Umweltaspekten als die beste der vier offiziellen
Varianten bewertet.
Planfall 1
Die A21 wird bis zum Barkauer Kreuz durchgezogen. Zusätzlich wird eine Bundesstraße auf Höhe der Bahnbrücke bis zur B76 – die sogenannte Südspange – gebaut, um den Verkehr an das Ostufer abzuleiten. Diese Südspange würde aber, solange kein Ostring 2 gebaut wird, lediglich das Barkauer Kreuz entlasten. Sie würde ein ökologisch wertvolles Kleingartengebiet zerstören und Nebenstrecken für die angrenzenden Wohngebiete erfordern. Diese Variante plant der Bund . Das ist was passieren wird, wenn sich in Politik und Bevölkerung kein Widerstand bildet.
Planfall 2
Hier verläuft die A21 ab der
Anschlussstelle Karlsburg in einem Bogen zur B76. Die Südspange
würde also Autobahn. Der Verkehr zum Westufer würde ab Karlsburg so
verlaufen wie jetzt. Ab diesem Punkt wären also keine Nebenstrecken
für die Wohngebiete Grünes Herz und Hofteichstraße und für die
Stadtteile Kronsburg und Neumeimersdorf nötig.
Planfall 3
Hier verläuft die A21 auf der Trasse
der jetzigen B404 und der Neuen Hamburger Straße bis zum Barkauer
Kreuz, wie im Planfall 1, aber ohne Südspange.
Unter Umweltaspekten bewertet die
Machbarkeitsstudie die Null+ Variante als deutlichen Gewinner. Aber
weil die anderen Varianten unter verkehrlichen und städtebaulichen
Gründen auch punkteten, ergab sich ein Punktegleichstand, sodass
die Macher der Studie sich zu keiner Empfehlung durchringen konnten.
Mit der Studie beauftragt waren eine
Arbeitsgruppe bestehende aus BDC Dorsch Consult und BHF
Landschaftsarchitekten. Ihr Auftrag: “Zur Vorbereitung der
Entscheidung der Kieler Ratsversammlung ist eine Bewertung der
erarbeiteten Varianten vorzunehmen, mit dem Ziel, wenn möglich eine
Vorzugsvariante auszuwählen”. Allerdings liegt die Entscheidung
formal gesehen nicht bei der Ratsversammlung. Wahrscheinlich würde
der Bund aber nicht gegen den Willen der Ratsversammlung planen.
Nun zur Variante Kronsburg
Hier würde die Autobahn südlich der Bahnbrücke enden. Es würde keine Südspange geben. Die Variante Kronsburg hat den Charme, dass ab Kronsburg alles beim Alten bliebe. Die Natur (Vieburger Gehölz und Kleingärten) würde geschützt und die Innenstadt von Kiel vor dem Verkehrskollaps bewahrt. Ein Zusammenschluss verschiedener Initiativen und Einzelpersonen organisiert sich gerade, um diese Variante ins Gespräch zu bringen. Denn es wäre hilfreich, wenn sich die Ratsversammlung etwa per Resolution – gegen die Südspange und gegen die Weiterführung der A21 über die Bahnbrücke hinaus aussprechen würde.
Wir sitzen das Thema so lange aus, bis der Bund mit seinen Planungen so weit ist, dass dann im Rahmen einer großen Bürgerbeteiligung darüber geredet werden kann, welche Farbe die Lärmschutzmauer des Autobahnkreuzes am Vieburger Gehölz haben wird.
Natürlich hat das niemand so gesagt. Aber überspitzt gesagt ist dies
die Position der Mehrheit der in der Kieler Ratsversammlung vertretenen
Parteien. Aber natürlich mit inhaltlichen Nuancen.
Doch der Reihe nach:
Vor dem Hintergrund des Klimanotstandes stellte die Linken-Fraktion am vergangenen Donnerstag im Rat den Antrag,
dass der Oberbürgermeister gebeten wird, u.a. der Ratsversammlung
“zeitnah” Vorschläge zu unterbreiten, wie die Auswirkungen des Ausbaus
der B404 zur A21 für Umwelt und Natur möglichst gering gehalten werden
könnten. Und gleichzeitig dabei der innerstädtische Autoverkehr
möglichst minimiert werden könne.
In der schriftlichen Begründung des Antrages finden sich einige Aspekte, was die kontraproduktive Wirkung auf Verkehr und Umwelt angeht, die auch hier auf bielenbergkoppel.de thematisiert sind.
Darunter auch der Verweis auf Prognosen, dass der Verkehr auch an
neuralgischen Stellen (Messstation TH-Ring!) gegenüber 2013 höher sein
wird, wenn die Südspange gebaut wäre. Was in der Konsequenz natürlich
heißt, dass die von SPD, CDU, CDU und SSW in einer gemeinsamen Presseerklärung von 2017 und zuletzt von der IHK im Zusammenhang mit dem Theodor-Heuss-Ring behauptete Entlastung nicht der Realität entspricht.
Im O-Ton ausgewählte Statements aus dem Plenum:
> Im Mai haben wir den Klimanotstand ausgerufen und einen
Monat später winken wir die Straßenbaumaßnahme B404 zu A21 einfach
durch? > Die Zukunft wird nicht dem motorisierten Individualverkehr gehören, die Zukunft wird nicht der Autobahn gehören. Stefan Rudau, Linke
> Dieser Antrag kommt viel zu früh … Jeder, der sich ein
bisschen länger mit solchen Entscheidungen und Planungsrecht […]
auskennt, weiß dass da noch jede Menge Belange im Laufe des Verfahrens
geprüft werden müssen. Das ist überhaupt gar keine Frage. Belange von
Umwelt und Natur gehören neben vielen weiteren auch dazu. Christina Musculus-Stahnke, FDP
> Das regelt der Bund. Das regelt nicht das Kommunalparlament
oder der Kieler Oberbürgermeister … Wir gehen jetzt in ein
Planungsverfahren rein, das haben wir nun schon in so vielen Bauvorhaben
gemacht … Das ist doch ein üblicher Vorgang! Und jetzt zu sagen: “Wir
greifen dem mal vor, weil wir jetzt den Climate Emergency beschlossen
haben” – das ist alles zu früh gegriffen und wir sollten im Rahmen der
Abläufe bleiben. André Wilkens, SPD
> Es ist ja nicht dem Klimaschutz gedient zu sagen, wir bauen
überhaupt keine Straßen oder Autobahnen mehr und wir fahren alle Fahrrad
und reiten auf Pferden. > Im Stau stehen ist auch schlecht fürs Klima. Florian Weigel, CDU
> Wir sind – leider – als Landeshauptstadt Kiel weitestgehend gar nicht zuständig. >
Das muss das Ziel sein, denke ich, dass man in einigen Jahren sagt:
“Wir brauchen diesen Anschluss nicht, weil dort einfach nicht mehr so
viel Verkehr ist”. Arne Stenger, Grüne
> Manche Fragen kann man vielleicht gar nicht zu früh stellen. > Es ist nicht die einzige Lösung, ein Straßenproblem [damit] zu lösen, dass wir noch mehr Straßen brauchen. >
Es gibt kein Land der Welt, dass ein so dicht ausgebautes und
qualitativ hochwertiges Autobahnsystem hat wie Deutschland … es ist
durchaus berechtigt die Frage zu stellen: Sind noch mehr Autobahnen die
Lösungen für unsere Probleme? Ich glaube das nicht. Andreas Halle, Piraten / FRAKTION
> Die Frage [der ökologischen Verträglichkeit] wird sich
entscheidungsrelevant in den nächsten Jahren dann stellen, wenn die
DEGES die Planung für den Bund übernimmt. > Dass der
Eingriff der Südspange in den Naturhaushalt viel gravierender ist als
wenn man keine Südspange baut: das wissen wir heute schon. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister
Der Antrag wurde gegen die Stimmen der CDU in den Bauausschuss überwiesen und wird dort vermutlich entsorgt werden.
Wenn es vielleicht das Bemühen mancher Redner*in war, die Linken ein
wenig als auf Krawall gebürstete Trottel darzustellen, so war das
offensichtlich nicht ganz erfolgreich. In der Berichterstattung der
Kieler Nachrichten vom Samstag (24.8.) scheint man sich diesem Tenor
nicht anschließen zu wollen und das Anliegen der Linkspartei wird
durchaus neutral behandelt.
“Highlight” der knapp 25-minütigen Debatte war sicherlich die total
spontane Zwischenfrage von SPD-Ratsherr Falk Stadelmann an den eigenen
SPD-Redner Wilkens. Eine leicht eigenwillige Interpretation des
Linken-Antragstextes war Aufhänger, mit Pathos wieder die hübsche Geschichte von der Entlastung
der Bürger durch die Südspange zu erzählen. Und mit noch größerem und
sehr berechtigtem Pathos zu fragen, ob die Linken nicht komplett schäbig
sind, etwas anderes zu behaupten. So in etwa jedenfalls. Sehr
bewundernswert und natürlich ebenso ohne jeglichen Fremdschamfaktor, wie
der sichtlich von dieser genialen Frage völlig überraschte SPD-Ratsherr
Wilkens in seiner Antwort voll cool und locker vom Hocker zu einem
zerstörenden rhetorischen Schlag gegen die immer wieder
“skandalisierende” Linke ausholte.
Parlamentarismus at its best. Sternstunde der Debattenkultur. Aber zurück zum Thema:
Die Südspange wird geplant – Nichts anderes!
Die Südspange ist von Kieler Seite in den bereits 2008 beschlossenen
Verkehrsentwicklungsplan (VEP) aufgenommen worden. Im Juni 2017
verabschiedete der Rat mit den Stimmen von SPD, CDU, FDP und SSW eine Resolution,
in der ein schneller Bau der Südspange begrüßt wurde. Der Bund hat die
Südspange – und nichts anderes! – in den “vordringlichen Bedarf” des
Bundesverkehrswegeplanes (BVWP) aufgenommen.
Geplant wird die Südspange inklusive Autobahnkreuz und Nebenstraßen.
Nichts anderes. Das wissen alle Beteiligten. Die Öffentlichkeit wird
hinter die Fichte geführt, wenn der Eindruck erweckt wird, im Zuge der
Bürgerbeteiligung könnte man dann in ein paar Jahren noch über bessere Alternativen oder Tunnellösungen ohne Südspange reden.
Der Rat hat es in der Hand!
Sollte die Ratsversammlung die Beschlusslage von 2008 aufheben und
eine Resolution GEGEN die Südspange beschließen: Die Südspange wäre
politisch und faktisch mausetot. Denn der Bund wäre mit dem
Klammerbeutel gepudert, bei einem chronisch unterfinanzierten BVWP und
knapper Planungs- und Baukapazitäten ausgerechnet solche Projekte mit
Priorität umzusetzen, wo es kommunalen Widerstand gibt. Gerade dann,
wenn es sich um eine Landeshauptstadt und nicht um Klein Gladebrügge
handelt. Es gibt genug andere Projekte, egal ob sinnvoll (Ausbau
Marschbahnstrecke), diskutabel (Rader Hochbrücke 6-spurig) oder Horror
(A20 / Elbquerung).
Leider fehlt es einigen Akteuren bisher an Courage, hier rechtzeitig
und eindeutig Farbe zu bekennen. Und das betrifft insbesondere die
Grünen, die es nicht einmal mit 37% bei der Europawahl in Kiel und
weltweiten Klimastreiks im Rücken schaffen, bei einem ureigenen Thema
Klartext zu sprechen.
Am 15. Januar lud der Ortsbeirat Meimersdorf /Moorsee zu einer besonderen Sitzung ein. Peter Bender vom Kieler Tiefbauamt stellte Ideen für die Nebenstrecken der geplanten A21 auf der Höhe von Wellsee und Meimersdorf vor. Das Interesse an dieser Sitzung war groß. Etwa 80 Personen drängten sich in das Feuerwehrhaus, manche ergatterten nur Stehplätze. Und die Sitzung verlief turbulent, aus mehreren Gründen.
Zunächst gab der Vorsitzende des Ortsbeirats Carsten Rockstein eine kurze Einführung in das Thema des Abends. Danach klickte sich ein Mitarbeiter des Tiefbauamts in Windeseile durch eine Powerpointpräsentation. Ein subjektiver Eindruck: Es sollte nicht so genau hingeschaut werden. Es kamen dennoch sofort die ersten Fragen. Peter Bender versuchte zu relativieren: Es wären nur Ideen, noch nichts fest geplant.
Seit zwanzig Jahren gibt es schon
Pläne für die Nebenstrecken.
An
den Plänen für die Trasse der zukünftigen A21 wird keinen
Millimeter abgewichen. Die Meimersdorfer waren aber sehr verblüfft,
dass die Pläne für die Nebenstrecken, die es auch schon seit
zwanzig Jahren gibt, nunmehr hinfällig sind. Hier wird alles wieder
auf Null gesetzt. Die Nebenstrecken einer Autobahn sind die Straßen
und Wege für langsamere Fahrzeuge wie Busse und Traktoren. Auch
Fuß- und Fahrradwege gehören dazu. Laut Bender sind neue
Umweltgesetze und neue Zuständigkeiten dafür verantwortlich. Die
ganze Zeit und Mühe, die in die alten Pläne gesteckt worden war,
sind also umsonst gewesen.
Die neuen Ideen gefallen nicht.
Die kurze Vorstellung der neuen Ideen zeigte, dass sich alles an Nebenbautätigkeiten auf der westlichen Seite abspielen würde. Durch eine Brücke oder Unterführung sollen Fahrradfahrer auf die westliche Seite kommen, wo es dann eine Premium-Veloroute mit Beleuchtung geben soll . Leider ist für die östliche Seite der Autobahn kein Fahrradweg mehr geplant. In den alten Plänen waren Fahrradwege auf beiden Seiten vorgesehen.
Sehr viel Unmut entzündete sich an
der Abfahrt Edisonstraße
Der Bund finanziert Autobahnanbindungen
in Abständen von zehn Kilometern. Wenn dazwischen eine Anbindung
gewünscht wird, muss die Kommune das finanzieren. Peter Bender
stellte nun die neue Idee für die Edisonstraße vor. Ihm schwebt
eine halbe Anbindung vor. Und das heißt nur eine Ausfahrt , aber
keine Auffahrt. An dieser Stelle der Diskussion sagte jemand aus dem
Publikum , dann könne man ja auf die Südspange verzichten. (Als
Südspange wird eine angedachte Schnellstraße durch ein
Kleingartengebiet in Gaarden bezeichnet – ein Kieler Reizthema.) Es
herrschte Stille im Raum. Die Person führte aus, dass man den
Anschluss Edison zu einer kompletten Anschlussstelle gestalten
könnte, um darauf den Verkehr von der Autobahn auf das Ostufer zu
leiten. Aber auch aus anderen Gründen wurde der Wunsch eines
kompletten Anschlusses auf der Höhe der Edisonstraße geäußert.
Anonymisierung des Straßenbaus
Peter Bender vom Tiefbauamt betonte immer wieder, dass er nur Ideen präsentierte. Am Ende würde eine ganz andere Organisation die festen Pläne machen, und zwar eine Autobahngesellschaft des Bundes, die zur Zeit aufgebaut wird. Es handelt sich um die Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen, kurz IGA . Auch die Südspange, wenn sie denn kommt, wird wahrscheinlich von dieser neuen Gesellschaft geplant werden. Bender sagte, er wäre nur da um Ideen zu präsentieren, die finalen Planungen würde dann diese Gesellschaft machen. Dennoch erwartete er vom Ortsbeirat einen Beschluss zu diesen Ideen.
Der Ortsbeirat verweigerte den Segen
Der Vorsitzende sah sich nicht
imstande, dass der Ortsbeirat ohne weitere Beratungen diese “Ideen”
absegnet. “Wir beschließen hier erst einmal gar nichts.”
Stattdessen will der Ortsbeirat die Planungen des Tiefbauamts auf dem
Tisch haben, um sich mit dieser neuen Situation zu befassen.
Zusammenfassend erregten diese
Punkte die Gemüter:
Alle alten Pläne für die Nebenbautätigkeiten sind Makulatur.
Es ist nur eine halbe Anschlussstelle für die Edisonstraße vorgesehen
Fahrradwege und überhaupt Nebenwege sind nur auf einer Seite der Autobahn vorgesehen.
Die finalen Planungen werden wahrscheinlich von der neuen Autobahngesellschaft des Bundes vorgenommen. Kiel hätte dann nur ein Vorschlagsrecht.
Der Ortsbeirat Meimersdorf / Moorsee fühlt sich überrumpelt.
Unser Fazit
Besonders schlimm finden wir, dass die
Planung von Straßen mit erheblicher Auswirkung auf Kieler
Stadtteile demnächst von einer Gesellschaft des Bundes vorgenommen
werden! Sozusagen in der Anonymität.
Die neue Bürgerinitiative gegen den Bau der sogenannten Südspange heißt Süden ohne Spange. Sie lädt ein zu einem gemeinsamen Spaziergang durch das betroffene Gebiet am
28. April 2018 um 14 Uhr.
Treffpunkt ist unter der Brücke der B404 ganz in der Nähe der Bushaltestelle Karlsburg.
Ende Februar gab es ein erstes Treffen von engagierten BürgerInnen, um einen Widerstand gegen die geplante Südspange aufzubauen. Angedacht sind Gespräche mit PolitikerInnen und Betroffenen, und Führungen durch das Gebiet, um ein Bewusstsein für die Zerstörung von 300 Kleingärten zu bewirken. Denn die Südspange würde durch gewachsene Kleingärtengebiete führen. Es kamen ein gutes Dutzend Leute, die sich für die Natur und den Erhalt der Kleingärten in Gaarden-Süd einsetzen, viele sind “Möbel Kraft erprobt”.
Was ist die Südspange überhaupt?
Wenn die A21 dereinst bis Kiel reichen sollte, stellt sich die Frage, wie der zusätzliche Verkehr innerhalb von Kiel weiter geleitet werden soll. Denn wer Straße sät, erntet Autos. Widerstand Südspange weiterlesen →
Es gab letztes Jahr die Möglichkeit, eine Stellungnahme bezüglich des Bundesverkehrswegeplans einzureichen. In leicht gekürzter Form folgt hier der Text, den ich im April 2016 einreichte. Mein Appell am Ende des Textes ist zugegebenermaßen etwas unrealistisch.
Sehr geehrte Damen und Herren,
in meiner Stellungnahme richte ich mich erstens generell gegen den Bau von weiteren Autobahnen und zweitens beziehe ich auf die noch nicht gebaute A21 Stolpe-Kiel und beispielhaft auf die Auswirkung dieses Autobahnabschnitts auf die Lebenswirklichkeit in Löptin an der B404. Ein Dorf wird abgehängt weiterlesen →
Der geplante und teils schon vollzogene Ausbau der B404 zur A21 wird einen erheblichen Zuwachs an Verkehr nach Kiel bringen. Laut KN online vom 14. 4. 2016 wird prognostiziert, dass der Verkehr von jetzt 43150 Fahrzeugen pro Stunde auf 69350 Fahrzeugen im Jahr 2025 steigen soll. Prognosen sind mit Vorsicht zu genießen, aber klar ist auch, dass eine Autobahn das Verkehrsvolumen erhöht. Die Auswirkungen dieser Autoflut auf Kiel beschreibt die Presseerklärung von NABU und BUND vom 20 April 2016: A21 weiterlesen →