Höffner-Baustelle Kiel

Inside Höffner: Arbeiten auf Provisionsbasis

Wie ist es eigentlich, Mitarbeiter von Möbel Höffner zu sein? Mich erreichte ein detaillierter Bericht von einem Höffner-Angestellten aus einer anderen Stadt. Auf Schulungen trifft er auch Kolleg*innen von Möbel Kraft. Beide Unternehmen gehören bekanntlich der Krieger-Gruppe. Aber solange die Familie Kraft noch Anteile am Unternehmen hatte, waren die Konditionen besser als bei Höffner. Einige Mitarbeiter genießen noch diese Alt-Verträge.

Sein Bericht, etwas gekürzt:

Sowohl in Kraft- als auch in Höffner-Häusern wird im Verkauf nur auf Provision gearbeitet, d.h. wir verdienen nur etwas, wenn wir etwas verkaufen und sind lediglich durch ein Mindestgehalt abgesichert, das in schlechten Monaten dann mit unseren Provisionen verrechnet wird. Das ist so ähnlich wie Aufstocken mit Hartz-IV.

Wir Höffner-Verkäufer müssen von den Kunden eine Anzahlung erbetteln, damit wir sofort unsere Provision (unser Gehalt) ausgezahlt bekommen. Die Kollegen bei Kraft brauchen keine Anzahlung von den Kunden um sofort ihr Gehalt zu bekommen. Dass die Kunden bei Höffner eine Anzahlung leisten, hat für das Unternehmen doch Vorteile. Der Kunde hat die Ware noch nicht, aber das Unternehmen hat schon Geld von den Kunden, mit dem dann die Gehälter bezahlt werden können. Ist doch toll und genau der Grund warum Höffner nach Kiel kommt und nicht Kraft.

Der Betriebsrat verhandelt mit der Höffner-Geschäftsleitung über die Provisionen

Wir haben einen Betriebsrat, aber den kann man nicht mit dem in anderen Unternehmen vergleichen, da wir nicht gewerkschaftlich organisiert sind, da wir keinen Tarifvertrag haben. Unser Betriebsrat verhandelt z.B. mit der Geschäftsleitung regelmäßig über die Höhe der Provisionssätze. Wenn die Geschäftsleitung die Provisionen ändert, wird der Betriebsrat darüber informiert und dann wir Mitarbeiter, da diese Sätze unseren Verdienst beeinflussen. Die Sätze sind von Hersteller zu Hersteller oft unterschiedlich hoch. Der Betriebsrat verhandelt, wenn bspw. mehrere Sätze auf einmal gesenkt werden sollen. Durch den Betriebsrat haben wir noch andere kleine Vorteile. D.h. wenn es den Betriebsrat nicht gäbe, dann wären unsere Arbeitsbedingungen noch schlechter, obwohl unsere Grundabsicherung sowieso nur knapp über dem Mindestlohn liegt. Die Art wie wir bezahlt werden und das Geschacher um unser Gehalt erinnert an einen Viehmarkt, wo man zwar einen hohen Nutzen von den Tieren erwartet, aber so wenig wie möglich für sie bezahlen möchte.

Die Sache mit den Gutscheinen

Den Zuschlag für Sonderöffnungszeiten, z.B. sonntags, bekommen wir nicht als Gehalt, sondern in Form eines Höffner-Warengutscheins. So bleibt das Geld schön im Unternehmen. Durch die Gutscheine spart sich das Unternehmen die Lohnsteuerabgabe und vor allem den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung. Da es gesetzlich aber nicht erlaubt ist geschuldeten Arbeitslohn in Form von Gutscheinen zu bezahlen, sind diese Gutscheine immer höher als der geschuldete Lohn. Daher ist das rechtlich eine Grau-Zone.

Da dies alles aber mit dem Betriebsrat abgestimmt ist und wir regelmäßig gefragt werden, ob wir damit einverstanden sind und keiner protestiert, ist das Unternehmen hier wohl auch wieder auf der sicheren Seite. Dass wir mit dieser Regelung einverstanden sind, könnte man praktisch als Schweigegeld verstehen. Würde ein Mitarbeiter dagegen klagen, da er lieber den Zuschlag auf seiner Gehaltsabrechnung hat anstatt in Form eines Gutscheins, würde das Unternehmen in Zukunft wohl keine Gutscheine mehr herausgeben von denen wir doch einen gewissen Mehrwert haben, denn wenn wir nur den Zuschlag in Geld erhalten bleibt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben weniger übrig als bei dem Gutschein. Der Mitarbeiter, der klagen würde, wäre dann auch sicher nicht mehr lange im Unternehmen. Höffner könnte sich vor Gericht auch herausreden, dass Sonderöffnungen wie an Sonntagen auf freiwilliger Basis stattfinden und wir daher den Sonntagszuschlag als Gutschein erhalten.

Fakt ist aber, dass kein Verkäufer auf so einen umsatzstarken Tag verzichten kann und finanzielle Nachteile hätte, wenn er da nicht kommen würde und ich denke so würde das auch ein Richter sehen. Das Unternehmen kann auch nicht für jede Sonderschicht Gutscheine ausgeben, denn für Gutscheine gilt eine Freigrenze von 44 Euro pro Monat bzw. 528 Euro im Jahr. Da wir nicht jeden Monat Sonderstunden machen müssen und somit nicht jeden Monat einen Gutschein erhalten wird die jährliche Freigrenze nicht überschritten. Eine Überschreitung der Freigrenze würde Höffner auch nicht riskieren, da es sonst Steuerhinterziehung wäre.

Mit den Gutscheinen haben somit Höffner und wir Mitarbeiter einen Vorteil. Aber man würde sich als Mitarbeiter geschätzter fühlen wenn man den Feiertagszuschlag als Gehalt und als Anerkennung noch einen kleineren Gutschein zusätzlich erhalten würde. Ein Mitarbeiter, der noch in der Einarbeitung ist, in der er ein Festgehalt bekommt, erhält für einen Sonntag den Zuschlag auch nur als Gutschein. Der Betrag auf dem Gutschein ist geringer als bei einem Kollegen der auf Provision arbeitet und für das Unternehmen Umsatz macht.

Auch Azubis erhalten für Sonntagsarbeit einen geringeren Gutscheinwert. Eigentlich müssten diese Mitarbeiter den Zuschlag in Form von Gehalt bekommen, da sie ihren Sonntag opfern, aber nicht mehr Gehalt bekommen. Wir Verkäufer können an einem Sonntag immerhin mehr verdienen. Als Ausgleich können wir alle einen freien Tag nehmen. Von dem haben dann die Azubis mehr, denn uns Verkäufern fehlt dieser Tag dann wieder als Verdienst. Daran dass Mitarbeiter in der Einarbeitung und Azubis einen geringeren Gutschein erhalten, weil sie (noch) keinen Umsatz für das Unternehmen machen, erkennt man, wie das Unternehmen tickt und dass es nur um’s Geld geht. Wenn ein Mitarbeiter viele Jahre im Unternehmen ist, bekommt er einen nicht unwesentlichen Teil seines Gehalts in Form von Gutscheinen ausbe-zahlt und das könnte sich bei einer sehr langen Betriebszugehörigkeit ja auch auf die Höhe seiner Rente auswirken. Und da geht es um das Geld eines Mitarbeiters. Aber es ist ja mittlerweile in, dass man den Mitarbeitern, anbietet auf einen Teil ihres Gehalts oder auf Gehaltserhöhung zu verzichten, wenn sie im Zuge dafür sog. Benefits durch das Unternehmen haben, wie kostenloses Mittagessen, Fitnessstudio usw. Aber mal ehrlich, dass sind doch dann keine Benefits, keine Vorteile mehr, wenn ich auf einen Teil meines Gehalts verzichte! Auf einer Karriereplattform gab es dazu mal eine Umfrage und ich war total wütend, als ich das las, denn es ist doch klar, dass dies nur Steuersparmodelle für Unternehmen sind.

Teil 2

(Das Foto zeigt die Höffner-Baustelle im Januar.)

Weiterlesen?

https://www.hoeffner.de/jobs

Kiel: Gutachten bescheinigt gravierende Verstöße auf der Höffner-Ausgleichsfläche

7 Gedanken zu „Inside Höffner: Arbeiten auf Provisionsbasis“

    1. Das Arbeiten auf Provision sehe ich auch kritisch. Da wird das unternehmerische Risiko auf die Angestellten übertragen.

  1. Ich habe für ein Unternehmen der Krieger Gruppe gearbeitet, als Buchhalter. Durch die elektronische Zeiterfassung war ich der Meinung, dass die Arbeitszeit korrekt erfasst werden würde. Ich hatte einen Teilzeitvertrag. Zunächst konnte ich vertragsgemäß pünktlich nach Hause gehen. Plötzlich wurde der Abteilungsleiter, der mich eingestellt hatte, entlassen. Er war ein sehr anständiger Chef. Sein Nachfolger verkörperte das Gegenteil. Ich würde genötigt länger zu bleiben, ohne Bezahlung! Das Zeitarbeitssystem wurde dahingehend manipuliert, dass ich Überstunden machte und man gleichzeitig meine Pause verlängerte. Da ich regelmäßig mein Zeitkonto kontrollierte fiel mir auf, dass dort vermehrt Minusstunden eingetragen worden waren. Ich verwies auf meinen Arbeitsvertrag als Teilzeitkraft. Es fand eine Korrektur statt. Der Vorgang bzgl der Minusstunden wiederholte sich. Der Abteilungsleiter hielt mit uns Mitarbeitern Gesprächsrunden ab, in denen sich jeder frei äußern sollte. Mit dem Ergebnis, dass das Gesagte wohl notiert und gegen einen verwendet wurde. Es folgten Psychoterror, unsinnige Aufgaben, die sofort erledigt werden mussten, das Nötigen zu sehr vielen Überstunden. Als ich das Büro zum Feierabend verlassen wollte, wurde mir das verweigert. Diesen Arbeitgeber kann man niemandem empfehlen. Ein Herr Krieger, der ca eine Mrd Euro besitzt, hat es offenbar nötig seine Mitarbeiter massiv Überstunden machen zu lassen und diese nicht zu bezahlen. Damit werden m.E. Steuern und SV Beiträge hinterzogen.

  2. In dem Artikel ist ein gravierender Fehler enthalten. Gutscheine die Mitarbeiter von ihrem Arbeitsgeber ehralten sind sehr wohl Lohnsteuerpflichtig (geldwerter Vorteil). Das kann man auch nicht umgehen, weil es spätestens bei der nächsten Prüfung beim Unternehmer festgestellt wird.

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