Kieler Schritte zur nachhaltigen Stadt

Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetags
Markus Lewe, Oberbürgermeister von Münster und Präsident des Deutschen Städtetags

Kiel lud zu einer Info-Veranstaltung zum Thema nachhaltige Ziele ein. In kürzeren und längeren Vorträgen und Interviews wurde heute ein Schlaglicht auf die Nachhaltigkeitsziele , oder sustainable development goals der Agenda 2030 geworfen. Die Frage war, wie Kiel diese Ziele umsetzen könnte.

Zur Begriffsklärung: Was ist die Agenda 2030?

Die Vereinten Nationen einigten sich 2015 auf die Agenda 2030 mit siebzehn Nachhaltigkeitszielen, die die Welt bis 2030 verändern sollen. Auf Englisch sustainable development goals , kurz SDGs, und so werden sie zum Teil auch in der deutschen Diskussion genannt. Diese SDGs sind sehr unterschiedlich und zum Teil auch widersprüchlich. Einerseits nachhaltiger Konsum und andererseits Wirtschaftswachstum. Ob beides gleichzeitig möglich ist, ist umstritten. Historisch gingen ein Mehr an Konsum immer mit mehr Ressourcenverbrauch einher, darauf wies OB Ulf Kämpfer hin. Eine interessante Stellungnahme zu diesem Thema fand ich hier: nachhaltiges Wachstum: geht das?

Der Begriff Nachhaltigkeit kommt aus der Forstwirtschaft und bedeutet dort , dass der Wald so bewirtschaftet wird, dass er stabil bleibt. Die genaue Definition von Nachhaltigkeit in der Wirtschaft ist schwierig und fällt unterschiedlich aus, sagte Hans-Werner Tovar , Stadtpräsident von Kiel, in seiner einführenden Rede .

Beispiel Münster ?

Der Oberbürgermeister von Münster, Markus Lewe, auch Präsident des deutschen Städtetags, hielt einen Vortrag über die Arbeit seiner Stadt an den siebzehn SDGs aus der Agenda 2030. Seine Vorschläge:

  • Schöne Plätze! Eine Stadt braucht Orte der Begegnung, zum Grillen und Chillen und gemeinsamen Feiern
  • Weniger Autos. Lewe nennt sie Blechdosen, die die meiste Zeit auf Parkplätzen stehen und kostbaren städtischen Raum einnehmen.
  • Keine Shopping Malls
  • Er bezeichnet es als Riesenfehler, die Straßenbahn aufgegeben zu haben.
  • Never ever die Grünflächen bebauen. Münster hat “grüne Finger”, die vom Zentrum in die Peripherie reichen, und nicht angetastet werden sollen.
  • Für wachsende Städte empfiehlt er Baugebiete in der Umgebung außerhalb der Stadt , die mit Bus und Bahn gut angebunden sein sollten.
  • Mehr sozialer Wohnungsbau. In Münster darf die Stadt 50 Prozent der Grundstücke in Neubaugebieten erwerben. Die Stadt kauft deshalb in erheblichen Maße Grund.
  • Flächen nicht nach Hochgebot sondern nach niedrigster angebotener Miete vergeben. Bei gleichzeitiger Qualität der Gebäude.
  • Die Bevölkerung bei großen Projekten an der Planung beteiligen. Sein Beispiel: Bei einer Bürgerbeteiligung zur Konversion von Kasernen entschied man, die alten Gebäude zu behalten, ohne umfangreiche Dämmung. Die alten Bäume sollten stehen bleiben. So wurde es gemacht.
  • Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder stärken.
  • Neue Rituale des Zusammenlebens finden.

Schade, dass nicht weiter diskutiert wurde, in  wieweit das in Münster klappt und ob die Ideen auf Kiel anwendbar wären.

Internetseite für Kiel und die Welt

Frauke Wiprich ist Kiels Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik. Sie stellte die Kieler Internetseite zu den siebzehn Ziele für nachhaltige Entwicklung vor. Hier lassen sich die einzelnen Ziele anklicken, und man erfährt, was sich hier in Kiel zum Thema tut. Beispiel Ziel Nr.2: Kein Hunger. Neben einer allgemeinen Einführung finden sich hier Links zu Kieler Initiativen, die für ein warmes Mittagessen für arme Kinder sorgen oder gespendete Lebensmittel verschenken . Etwa die Kieler Tafel, die Kampagne Mach Mittag, die Initiative Resteritter oder der Kieler Ernährungsrat. Hier erfahre ich auch, dass es in Kiel Lachsforellen direkt aus einer Farm in der Kieler Förde gibt. Auf jeden Fall eine sehr interessante Website. Kiel.de/durchstarten

Der Kopf raucht

Bei solchen Veranstaltungen habe ich immer das Gefühl, das Wissen ist da, aber die Umsetzung ist schwierig. Darauf wies auch eine Frau aus dem Publikum hin. Sie fragte, wie sich die zunehmende Flächenversiegelung in Kiel mit den Nachhaltigkeitszielen verträgt. Meike Gäthje, die auf der Veranstaltung kurz Kiels Masterplan Klimaschutz vorgestellt hatte, gab zu , dass es einen Zielkonflikt zwischen Nachverdichtung und Erhalt der Grünflächen in Kiel gibt.

Die Veranstaltung im Kieler Ratssaal war sehr gut besucht. Wer keinen Platz im Saal mehr fand, konnte auf der Empore sitzen. Das Interesse der Kieler*innen an  Nachhaltigkeit ist auf jeden Fall groß. Und ich zumindest habe es geschafft, im Anschluss keinen Coffee to go zu kaufen obwohl ich in ernster Versuchung war, während ich auf meinen Bus wartete.

 

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