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OB-Wahl: KN-Talk als Stimmungsbild

Heute Abend füllte sich das Audimax anlässlich des KN-Talks mit den Kandidaten zur OB-Wahl. Insgesamt war die Veranstaltung informativ und kurzweilig. Unmöglich 90 Minuten auf einer Seite zusammenzufassen. Deshalb hier nur einige subjektive Wahrnehmungen von mir zu diesem Abend.

Um gleich mit etwas Kritik zu beginnen: Sehr befremdlich fand ich die Aufforderung, durch die Lautstärke des Klatschens Zustimmung für die Kandidaten auszudrücken. Als das Klatschexperiment erklärt wurde, gab es einige laute Unmutsbekundungen aus dem Publikum. Eigentlich haben wir doch das Prinzip der geheimen Wahl. Ich selber löste das Dilemma , indem ich alle Kandidaten mit höflichem Beifall bedachte. Trotzdem war das Experiment interessant und auch überraschend für mich. Ich hatte Ulf Kämpfer für den eindeutigen Favoriten gehalten, aber tatsächlich schien der Applaus für Kämpfer und Andreas Ellendt gleich stark zu sein. Beide erhielten deutlich mehr Applaus als Björn Thoroe und Florian Wrobel. Bin gespannt, ob die KN die Dezibel gemessen hat und das Ergebnis veröffentlicht.

Schlips verschwindet

Ausgerechnet der jüngste Kandidat (Florian Wrobel/ die “Partei”) trug als einziger Schlips. Sonst kamen die Herren im dunklen Anzug mit offenen Kragen (Kämpfer /SPD und Ellendt/CDU) oder im Sweatshirt (Björn Thoroe/ Linke).

Gleiches und Unterschiede

Alle Kandidaten wollen Wohnungen bauen, eine Stadtbahn planen und Kitas und Schulen sanieren. Kämpfer wies darauf hin, dass in den vergangenen Jahren schon 500 Millionen in Schulen und Kitas investiert worden sind. Klimaschutz hat auch Top-Priorität, wobei Klimaschutz an diesem Abend nicht so gründlich behandelt wurde. Es gab aber doch auch Unterschiede in den Zielvorstellungen.

  • Entwicklung des MfG-5 Geländes: Andreas Ellendt meinte, das könnte viel schneller passieren, Florian Wrobel von der Satire-Partei möchte übrigens bald sein Zelt dort aufstellen und dort wohnen.
  • Björn Thoroe schlägt eine Soziale Erhaltungssatzung vor, mit der die Umwandlung von Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig wäre, ebenso Modernisierungen.
  • Björn Thoroe ist dafür, Kreuzfahrtschiffe zur Abnahme von Landstrom zu verpflichten. Kämpfer setzt auf Freiwilligkeit bzw auf mit anderen Häfen abgesprochene Vorgehensweisen, da die Kreuzfahrtschiffe ein Wirtschaftsfaktor für Kiel sind. Florian Wrobel würde die Kreuzfahrtschiffe ganz nach Laboe verlagern.
  • Andreas Ellendt würde den Prüner Schlag zurückkaufen, wenn es eine Gelegenheit dazu gäbe.

Innenstadtentwicklung und Holstenfleet

Andreas Ellendt sieht die lange Bauphase des Holstenfleets als ein Grund für die Probleme der Holstenstraße. Ulf Kämpfer sieht das Holstenfleet dagegen als Teil der Lösung und verweist auf neue Geschäfte, die eröffnet haben oder es demnächst werden, z.B. Primark. Kämpfer findet es auch in Ordnung, wenn es auf der Holstenstraße einen Ein-Euro Shop gibt. Ellendt stellt sich dagegen eher eine Auswahl an Cafés und hochwertigem Einzelhandel wie in der Holtenauer Straße vor. Allerdings ohne zu sagen, wie er das bewerkstelligen würde. Florian Wrobel würde die Innenstadt gerne komplett fluten und zum Venedig des Nordens machen.

Björn Thoroe war der einzige, der sich zur Weiterführung der A21 äußerte. Er möchte die Südspange und das Autobahnkreuz am Vieburger Gehölz verhindern. Ellendt und Kämpfer sagten nichts zu diesem Thema. Schade, dass die Moderator*innen die A21 nicht weiter thematisierten.

Am 27. Oktober können die Kieler*innen ihren Oberbürgermeister wählen. Diesmal in geheimer Wahl und nicht durch Applaus-Abstimmung.

Weitere Artikel zur OB-Wahl: Gespräch mit Björn Thoroe , Kämpfer beginnt Wahlkampagne , Gespräch mit Andreas Ellendt , Florian Wrobel im Gespräch

Florian Wrobel im Gespräch

Florian Wrobel (26) von der Satire-Partei “Die Partei” stellt sich als Kandidat zur Oberbürgermeisterwahl am 27. Oktober. Er wäre , wenn er gewählt würde, der erste blinde Bürgermeister Europas. Das würde Kiel in die überregionale oder sogar in die internationale Presse katapultieren, was sehr gut wäre für das Selbstbewusstsein der Kieler*innen, meint er. Denn noch ist Kiel kein Venedig, was die Attraktivität der Stadt angeht. Mehr dazu weiter unten.

Florian Wrobel ist sehr lustig, und es wurde herzhaft gelacht während des Gesprächs, das auch einige ernste Komponenten hatte. Er sagt: “Wir nutzen die Hilfsmittel der Comedy. Aber alle unsere Forderungen basieren auf Problemen , die die Stadt wirklich hat”.

Wie Florian Wrobel die Innenstadt beleben würde

Florians Wrobels Partei ist so begeistert von dem im Bau befindlichen Kiel-Kanal, dass sie schon im Kommunalwahlkampf eine Ausweitung des Konzepts anvisierte. Als Oberbürgermeister von Kiel würde Florian Wrobel die Vision “Venedig 2.0” energisch vorantreiben und mit allen Mitteln, die einem Oberbürgermeister zur Verfügung stehen, die ganze Innenstadt mit einem Netz von Kanälen durchziehen. Das Streitthema, ob die Innenstadt autofrei sein sollte oder nicht, hätte sich dabei erledigt, denn innerhalb der Innenstadt käme man nur zu Fuß oder mit Gondel weiter. Genial!

Und die Kreuzfahrtschiffe?

Bekanntlich betreiben die Kreuzfahrtschiffe gerne ihre Motoren mit Diesel, während sie im Hafen liegen. Die Abgase driften über die Förde in die Wohngebiete. Auch hier hat Florian Wrobel eine bestechende Lösung parat. Er würde gerne Laboe als Hafen für die Kreuzfahrtschiffe sehen. Die Touristen , die in die Kieler Innenstadt möchten, würden mit nicht-motorisierten Segelbooten ans Kieler Westufer gebracht. Das ist sauber, hübsch anzusehen und schafft auch noch Arbeitsplätze. Vielleicht sind noch ein paar Gespräche mit den Laboern notwendig, aber so ist das in der Welt der Diplomatie. Es könnte eine absolute „Win-Win-Solution“ sein.

Wohin mit dem Verkehr und den Abgasen?

Kiel schlägt sich schon länger mit den Stickoxiden auf dem Theodor-Heuss-Ring herum. Jetzt kommt auch noch die A21 dazu, die eventuell an die Stadt herangeführt wird. Komplexes Thema, zu dem ich hier nur sagen möchte, dass hierfür ein umfangreiches Straßenbauprogramm mit Autobahnkreuz, Stadtautobahn ans Ostufer und Nebenstrecken durchs Viehburger Gehölz losgetreten werden könnte. Diese Sorge sprach ich im Gespräch mit Florian Wrobel an und bin erleichtert. Seine Lösung ist die Übertunnelung. Die Autos fahren in einer abgeschlossenen Tunnelbrücke. Darunter bleiben die Biotope von Ringelnattern, Kreuzottern und seltenen und nicht so seltenen Fledermäusen unangetastet. Und das Beste: Auf der Tunnel-Brücke könnte auch noch Wohnraum entstehen, was der Wohnungsknappheit entgegenwirken würde. Im Gespräch mit Florian Wrobel stelle ich fest, dass ich viel zu oft in Gegensätzen denke. Ich denke Autos oder Ringelnattern oder Menschen, aber das ist völlig falsch gedacht. Es geht alles gleichzeitig. Die Abgase werden übrigens im Tunnel durch Filter aufgefangen, sodass die Bewohner auf der Brücke saubere Luft atmen.

Gestresste Schüler*innen

Unser nächstes Thema betraf die Schulsituation. Florian Wrobel meint, dass die Schülerschaft durch marode Gebäude und zu viele Schulreformen total gestresst ist. Jetzt kommt auch noch der Klimawandel dazu, weswegen freitags gestreikt werden muss. Florian Wrobel hat auch hier innovative Vorstellungen. Durch die Digitalisierung der Klassenzimmer könnten die Schüler gemütlich im Bett bleiben und online Unterricht (eventuell sogar zeitversetzt möglich) wahrnehmen. Als Anreiz, doch ab und zu ins Schulgebäude zu gehen, schlägt er den Einbau von Saunas in den Schulen vor. Alles gegen den Stress.

Fridays for Future

Florian Wrobel möchte gerne die Vorstellungen von Fridays for Future in Kiel umsetzen und würde sich freuen, wenn eine Abordnung dieser Gruppe einmal in den Kieler Innen- und Umweltausschuss eingeladen würde. Einen eigenen Vorschlag zur Befriedung der Klimaaktivisten machte er selber. Da er es für nicht hinnehmbar hält, die Atomtransporte durch den Nord-Ost-See-Kanal ziehen zu lassen, schlägt er den Kieler Düsternbrook als atomares Endlager vor . Das würde dort die Mieten senken und zudem Kiel eine “strahlende Zukunft” bescheren. Das Ganze natürlich nur in Absprache mit Fridays for Future, versteht sich.

Wir sprachen noch über andere Kieler Probleme, zu denen Wrobel überraschende Lösungsansätze skizzierte. Als eine von Natur aus eher ernste und zu Sorgen neigende Person verließ ich das Gespräch mit einem Gefühl der Heiterkeit und sogar Erleichterung. Denn jetzt vermute ich, dass Kiels Probleme möglicherweise lösbar sind, wenn man sie nur mit Humor angeht.

Ihr erreicht Florian Wrobel über Facebook: Florian Wrobel – DER Oberbürgermeister oder per Email: florian.wrobel@die-partei-kiel.de