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Gaarden: Gespräche vor einem bulgarischen Kiosk

Salami und Schinken in der Kühltruhe, Sandwiches im Tresen, frisch gemahlener Kaffe für 1,- Euro, Getränke: das beschreibt im Wesentlichen das Sortiment des bulgarischen Kiosk. Er befindet sich in der Iltisstraße, die vorübergehend in Mercedes-Kierpacz-Straße umbenannt wurde.

Die Besitzer des Kiosk stammen aus Bulgarien, sind seit vier Jahren in Kiel, soviel konnte ich erfahren.

Ich besuche diesen Kiosk öfter, um Kontakt zu Bulgar*innen in Gaarden zu bekommen und mehr über ihre Lebenswelt zu erfahren. Vor dem Laden führe ich Gespräche mit denjenigen, die gut genug Deutsch können. Man merkt, dass es für die bulgarischen Zugwanderten keine Willkommenskreise und Integrationskurse gab, da die Deutschkenntnisse doch arg zu wünschen übrig lassen.

Meine Gesprächspartner versuchen zu verstehen, was ein Blog ist. Meine Visitenkarte wird ans Brett über der Kühltruhe gepinnt. Die Namen habe ich in den folgenden Gesprächen geändert.

Mein erster Gesprächspartner Angel ist ganz glücklich mit Deutschland, bis auf ein Problem: “Die Vermieter wollen nicht an uns Bulgaren vermieten.” Er sagt, viele seiner Landsleute würden putzen gehen, in Hotels oder in Firmen oder “beim Chef”, damit meint er wahrscheinlich in Privathaushalten. Das Gespräch ist kurz, weil er zur Fröbelschule muss, um die Hausaufgaben für seine Kinder abzuholen.

Simeon arbeitet auf dem Bau, als Dekorateur. Deutschland gefällt ihm sehr gut. Er lebt in einer 124 Quadratmeter großen Wohnung mit seiner Frau, ihren fünf Kindern und seiner Mutter. Er ist 2015 nach Kiel gekommen.

Zwei Schwestern, die auf die Fröbelschule gehen. Elisa ist in der 4. Klasse, Emilya in der 2. Klasse.

Ich (zu Elisa): Du hast bestimmt ein gutes Zeugnis bekommen.

Elisa: Ja! Ich habe eine 1 in Deutsch und eine 2 in Mathe. Nur in HSU eine 3.

Ich: Du sprichst perfekt Deutsch!

Elisa: Mein Vater spricht Bulgarisch, Rumänisch, Türkisch und Französisch. Ich fange an, Bulgarisch zu vergessen. Aber ich habe ein bisschen Rumänisch von meiner Freundin Nadia gelernt.

Ich: Habt ihr eine schöne Wohnung?

Elisa: Wir wohnen zu fünft in zwei Zimmern. Es ist zu eng. Aber bald ziehen wir in eine größere Wohnung . Heute oder morgen kommt der Brief.

Emilya: Mein Opa ist gestorben. An einem Herzinfarkt.

Elisa: Meine Mutter hat einen ganzen Tag geweint.

Emilya: Wenn ich groß bin, will ich Erzieherin in der Kita werden.

Soweit mein impressionistischer Einblick in das Leben einiger Bulgar*innen in Kiel-Gaarden. Ich würde mich über weitere Kontakte freuen. Erster Eindruck: Es geht aufwärts, die Kinder lernen Deutsch und die Familien rücken langsam in bessere Wohungen auf.

Im Rahmen der EU-Freizügigkeit, dürfen Bulgar*innen nach Deutschland einreisen und sich niederlassen.

Gemäß dem Statistischen Jahrbuch für 2019 – neuere Daten liegen noch nicht vor – leben 1.641 Bulgar*innen in Kiel, davon 1.159 in Gaarden.

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