Bauernprotest in Kiel

Bauernprotest: Das Fass läuft über

Der Bauernprotest war gewaltig: Gestern fuhren 3.100 Demonstrationsfahrzeuge, hauptsächlich Trecker nach Kiel, wo am Exerzierplatz die zentrale Kundgebung stattfand.

Den Satz, den ich im Gespräch mit Bauern aber dann auch von den Sprechern auf der Bühne, am häufigsten hörte, war: „Das Fass läuft über.“ Die Kürzungen in der Agrarpolitik, die ja von der Regierung auch teilweise schon wieder zurückgenommen wurden, sind nur der Tropfen, der das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen bringt. Der wahre Grund für die Wut vieler Bauern und Bäuerinnen scheint die Gängelung durch Vorschriften und Dokumentationspflichten zu sein.

Die Unzufriedenheit der Bauern

Bauer Jens: „Diese Geschichte mit dem Agrardiesel hat das Fass zum Überlaufen gebracht.

Bauer Henning: Der ganze Papierkram, den wir haben, wir sind als Branche absolut gläsern.“

Bauer Söhnke, Rinderzüchter, klagt ebenfalls über die Bürokratie. Morgens nach dem Frühstück beugt er sich als erstes über das Medikamentenbuch. Ein anderes Beispiel für den Dokumentierungsaufwand: Wenn er düngt, muss er vorher eine Schätzung der Menge melden, dann bringt er den Dünger aus, und dann muss er innerhalb von zwei Tagen melden, wie viel er tatsächlich ausgebracht hat. Und das obwohl die Mengen über die Jahre konstant blieben.

Bauer Söhnke ärgert sich aber nicht nur über die ganze Reglementierung, sondern auch speziell darüber, dass die Regierung die Rückerstattung der Steuer auf Agrardiesel zurücknehmen wollte. Denn er hat den Diesel gekauft in der Annahme, dass er 21 Cent pro Liter zurückerhält. Auch das ist übrigens ein bürokratischer Aufwand, weil er von seinen Kaufbelegen noch den privat verbrauchten Anteil am Diesel wieder abziehen muss.

Wir stehen vor Söhnkes riesigem Traktor. So eine Maschine schluckt 15- 18 Liter Diesel in der Stunde. Aber was ist die Alternative, fragt er. Wieder die Ochsen vor den Pflug spannen?

Ein Bauer, mit dem ich sprach, würde insgesamt gerne mehr düngen, weil in seiner Wahrnehmung das Korn sonst nicht als Mehl für Brot geeignet sei. „Das geht jetzt in die Schweinezucht, aber mit der geht es auch zu Ende.„ (Hier könnte das Problem allerdings daran liegen, dass die konventionelle Landwirtschaft die Böden auslaugt. Denn Biobauern schaffen es ja, ohne künstlichen Dünger gutes Getreide zu ernten.)

Landwirtschaftsminister Schwarz versteht den Bauernprotest

Am Rande des Exerzierplatzes hatte der Deutsche Bauernverband eine Art Bühne aufgebaut und den Landwirtschaftsminister SH, sowie Sprecher und Sprecherinnen eingeladen, die die Familienbetriebe, die Landfrauen oder die Jungbauern vertreten. Auch Vertreter der Transportbranche und ein Schreiner ergriffen das Wort.

Von Klima- oder Umweltschutz war in den Wortbeiträgen kaum die Rede. Immerhin wurde die Einsicht geäußert, dass Tierställe verbessert werden könnten. Hauptthema in den Reden war die Reglementierung. In der Landwirtschaft würde schon seit Jahren gespart, gesperrt und verboten. Malte Brücker von der Landjugend sagte: „Wir sind bereit, etwas zu ändern, aber wenn uns immer nur Knüppel zwischen die Beine geworfen werden, ist es frustrierend.“

Werner Schwarz, Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, thematisierte noch eine andere Ungerechtigkeit. Er sagte, es müsse gespart werden, aber die Bürden müssten gleichmäßig verteilt werden.

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Frust bei Landwirten

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