Für den Haushalt 2022 sind Ausgaben von 1,2 Mrd Euro geplant. Abzüglich der Einnahmen der Kommune ergibt sich ein Defizit von 88,7 Mio Euro. Auch der Nachtragshaushalt für 2021 sieht einen Zuschussbedarf von 25 Millionen Euro vor, wodurch das Defizit auf 84 Mio Euro ansteigt. Auch für die kommenden Jahre sieht die mittelfristige Finanzplanung jährliche Defizite von über 70 Millionen vor. Die aufgelaufenen Defizite werden Ende 2021 eine Summe von 171.374 Millionen Euro erreichen. Bis Ende 2025 wären nach der mittelfristigen Planung 486.637 Millionen Euro aufgelaufen. Damit wäre das Eigenkapital der Landeshauptstadt Kiel 2025 aufgebraucht.
Im Entwurf sind einige Sparmaßnahmen aufgelistet:
- Der eigenfinanzierte Stellenaufwuchs wird für ein Jahr ausgesetzt.
- Anmietungsstopp für neue Räume der Verwaltung
- Neue Leistungen bzw Ausweitungen von bestehenden Leistungen müssen durch Streichen von Mitteln in anderen Bereichen gegenfinanziert werden.
Besonderheiten des Haushalts
Die meisten Ausgaben einer Kommune sind regelmäßige Zahlungen, etwa für Löhne und Gehälter. Aber jeder Haushalt hat auch seine Besonderheiten.
Die Ausgaben für Personal und Versorgungsaufwendungen steigen gegenüber 2021 um 12,5 Millionen Euro. Das ergibt sich vor allem durch Tarifsteigerungen und Besoldungserhöhungen. In diesen Zahlen sind die zu erwartenden Mehraufwendungen für die Service Gesellschaft vom Städtischen Krankenhaus noch nicht enthalten, ein Punkt, der in der Debatte heftig diskutiert wurde.
Auch die Sozialtransfers steigen, und zwar um 31,3 Millionen gegenüber 2021.
Die LH Kiel hat vor, 120 Millionen Euro im nächsten Jahr zu investieren. Die größten Posten betreffen hier den Bereich Schule mit 32,1 Millionen Euro. Allein für die Komplettsanierung des Hans-Geiger-Gymnasiums sind 10, 2 Millionen an selbst bereitgestellten Mitteln (also ohne Zuschüsse und andere Fördermittel) vorgesehen, verteilt auf vier Jahre. Die Sanierung der Friedrich-Junge-Schule gemäß Gutachten wird mit 36 Millionen Euro veranschlagt, verteilt auf vier Jahre. Für dieses Jahr sind es 6,8 Millionen Euro. Für den Bau der Grundschule Gaarden werden insgesamt 28 Millionen Euro bereitgestellt.
Für den Bau von Kitas werden 2,7 Millionen Euro eingeplant für nächstes Jahr, ähnliche Beträge für die Folgejahre im „Investitionskorridor“.
Die Sanierung vom Kieler Schloss wird mit 37 Millionen Euro veranschlagt, verteilt auf vier Jahre.
Ein weiterer Bereich für Investitionen ist die Infrastruktur, also Straßenbau, Abwasserbeseitigung, Schmutz- und Regenwasser, Hafen, Parkhäuser. Der teuerste Einzelposten in diesem Bereich ist der Umbau der Werftstraße für insgesamt 5,9 Millionen Euro, wovon 2,4 Millionen 2022 ausgegeben werden dürfen.
Die Gewerbesteuer macht nur etwa 11 Prozent der kommunalen Einnahmen aus. Größere Posten sind der Gemeindeanteil an der Einkommens- und Umsatzsteuer, Mittel aus dem Finanzausgleich, Gebühren (etwa für die Müllabfuhr) und Kostenerstattungen (etwa für die Grundsicherung).
Anstrengende Videodebatte in der Kieler Ratsversammlung
Die Ratsversammlung fand als öffentliche Videokonferenz statt. Stefan Rudau (die Linke) kritisierte , dass die Debatte nicht in Präsenz abgehalten wurde, während doch gleichzeitig die Weihnachtsmärkte geöffnet sind.
Nach über acht Stunden Debatte wurde der Haushalt final abgestimmt und mit 37 Ja-Stimmen (Grüne, SPD, Linke, SSW, und den Ratsherren Halle, Ove Schroeter und Meincke) angenommen. Die AfD stimmte dagegen. CDU und FDP enthielten sich.
Die AfD kritisierte sowohl die Stadtbahn als als auch die Sanierung der beiden Schroeder-Schulen als zu teuer. Sie hätte lieber den Fokus auf Ordnung und Sauberkeit gelegt und wünschte sich ansonsten mehr Haushaltsdisziplin. In der Generalaussprache bewerteten die Parteien nicht nur den Haushalt sondern die Politik der Verwaltung generell. Hier monierte die AfD vor allem die „politisch betriebene Verdrängung der Autos“ und die „Verwahrlosung“ der Innenstadt durch einen Barbershop und zwei Dönerimbisse. Da die AfD als einzige Partei gegen den Haushaltsentwurf stimmte, hatte sie naturgemäß die meisten Kritikpunkte anzubringen.
Der SSW stimmte für den Haushalt, obwohl er nicht zur Kooperation gehört. Sein Antrag, für die Kieler Wohnungsbaugesellschaft (KiWoG) zusätzliche 8,5 Millionen Euro in den Haushalt einzustellen , wurde nicht angenommen. Das war der wichtigste Kritikpunkt des SSW, dass die KiWoG finanziell nicht gut genug ausgestattet sei. Dennoch Zustimmung zum Gesamtpaket.
Dieser Haushaltsentwurf muss vom Land genehmigt werden, da Kiel wegen der hohen Verschuldung genehmigungspflichtig ist.
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