von Ulrich Hühn.
Was soll eine Expedition bewirken? Sie soll Neues erkunden und den Weg zu neuen Erkenntnissen für alle bereiten. Warum ist das beim Grundeinkommen so wichtig?
Ein wichtiger Schritt für das Grundeinkommen war die Einrichtung des Zukunftslabors der schleswig holsteinischen Landesregierung im Zuge der Koalitionsverhandlungen zur „Jamaika-Regierung“. Wie zukunftsfähig sind unsere sozialen Sicherungssysteme? Wie könnte ein liberales Bürgergeld oder ein Grundeinkommen eingebaut werden? Das war die Fragestellung. Bald zeigte sich jedoch, dass viele Regierungsvorhaben innerhalb dieser Regierung voran getrieben wurden, nur nicht das Zukunftslabor. Die bürgerlichen Parteien, zu denen mittlerweile auch die Grünen zählen, fürchteten sich wohl zu sehr vor einem tatsächlichen Ende des Hartz IV Systems. Als dann der Energiewende-Minister Robert Habeck nach Berlin ging, kam das Aus für das Zukunftslabor, und somit steckte die Landesregierung auch keine Energie mehr in das Thema Grundeinkommen.
Es dauerte einige Zeit, bis die damaligen Akteure sich wieder trafen und Neues erdachten: Im Rahmen einer Expedition soll die Landesregierung aufgefordert werden, ein Grundeinkommen zu testen. Nicht wieder mit den vielen Fehlern der Vergangenheit: Nur bestimmte soziale Gruppen, zu kurze Befristung, ungenaue Zuständigkeit, aus den obersten Etagen von Parteien ohne Detailkenntnis zusammen geschrieben, und so weiter. Der nach monatelanger Ausarbeitung von den Spezialisten des Netzwerkes Grundeinkommen in Zusammenarbeit mit „mein-Grundeinkommen“ aus Berlin vorgelegte Gesetzes-Entwurf ist zwar sehr umfangreich, vermittelt aber diesen Anspruch, von Parlamenten und deren Ausschüssen Bestand zu haben.
Nun werden Unterschriften gesammelt für die Forderung, diesen Modellversuch staatlich durchzuführen. Bei Beginn der Sammlungsaktion war eines zu Anfang deutlich: viele Menschen haben auf so eine Aktion gewartet. Andererseits aber auch: stets wurden die gleichen Argumente gegen ein Grundeinkommen vorgetragen. Ich empfehle diesen Menschen die Webseite des Netzwerk Grundeinkommen https://www.grundeinkommen.de/grundeinkommen/fragen-und-antworten zu studieren um die meisten Unklarheiten im Zusammenhang mit dem Grundeinkommen auszuräumen. Es fördert aber auch, die direkte Demokratie weiter zu entwickeln. Für Gegner des Grundeinkommens, deren Motivation mich immer wieder interessiert, wäre die Unterstützung eine Gelegenheit , um im Falle des Scheiterns die Diskussion endgültig zu beenden.
Ein interessantes Merkmal ist noch im Zeitablauf: Es ist nicht zu erwarten, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung Anfang 2020 dem Gesetzesentwurf zustimmt. Dann heißt es im Zuge eines folgenden Volksentscheides viele 10.000 Unterschriften zu sammeln, um eine Abstimmung für alle Menschen im Lande darüber zustande kommen zu lassen. Da diese Abstimmung auch in vier weiteren Bundesländern und Stadtstaaten läuft, kann das Glück es wollen, das die Abstimmung über die Durchführung des eingereichten Gesetzentwurfes mit der Bundestagswahl 2021 zusammen stattfindet, eine bundesweite Abstimmung über das Grundeinkommen, eine grandiose Chance .https://expedition-grundeinkommen.de/
Ulrich Hühn, selbstständiger Elektromeister, ist Mitglied der Grünen und engagiert sich seit Jahren für das Bedingungslose Grundeinkommen.
Wir sollten uns darüber im klaren sein! Der Kapitalismus, in der wir leben, basiert auf Ausbeutung von Ressourcen, der Umwelt und menschlicher Arbeitskraft. Es wäre naiv zu glauben, das kapitalistische System würde ein emanzipatorisches Grundeinkommen, welches eine finanzielle Absicherung und damit eine gesellschaftlich-kulturelle Teilhabe eines jeden einzelnen Menschen ermöglichen würde, dass dieses kapitalistische System ein sorgenfreies Leben zulassen würde. Was im alten Rom „Brot und Spiele“ zur Besänftigung des allgemeinen Volkes war, ist heute der „gnadenlose Konsumrausch“ (Wegwerfgesellschaft).
Es wäre auch naiv zu glauben, dass unsere derzeitige Form der parlamentarischen Demokratie eine grundlegende Veränderung und notwendige Transformation unserer Gesellschaft zulassen würde. Merke: Wir leben in einer „Scheindemokratie“. Bedeutet: Macht, Geld und Lobbyismus bestimmen unsere Politik und nicht das Wohl des Volkes!
Schlussfolgerung: Wir brauchen neben einem emanzipatorischen Grundeinkommen auch eine Reform unserer parlamentarischen Demokratie, die durch Volksentscheide, Volksbegehren und durch einen Bürgerrat sich stärker an den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger orientiert, als am Interessen und Wohl von 10% unserer Bevölkerung!