Annikas Rede auf der Klimademo am 20.9.

Annika vom Projekt Prüner Schlag hielt auf der großen Klimademo am 20.9. die einzige Rede zu einem Kieler Thema. Ähnliche Geschichten gibt es wahrscheinlich auch in anderen Städten. Hier zeigt sich das große Problem im Kleinen. Hier ist die Rede:

Liebe Kielerinnen und Kieler!

Spätestens seit brennende Regenwälder in den Medien omnipräsent sind, hat wohl auch der letzte Mensch verstanden, dass Bäume wichtig sind für den Klimaschutz!
Sie binden nicht nur CO­₂ aus der Luft, sondern produzieren auch den Sauerstoff, den wir alle zum Atmen brauchen. Bäume sind Lebensraum und Schutz für zahlreiche Tierarten wie Insekten, Vögel und Fledermäuse.

Nun stehen hierzulande viele da und erheben den Zeigefinger gegen brasilianische Politiker. Das ist auch sicher nicht verkehrt, aber was passiert derweil im eigenen Land, in unserer Stadt Kiel?
Da müssen über 300 Kleingärten und andere Grünflächen weichen für dubiose Baumaßnahmen, die immer wieder umgeplant werden, bis der einfache, kleine Bürger keinen Überblick mehr hat, ob da noch etwas passiert, und wenn ja, was. Nun gibt es Pläne, für eben diese Baumaßnahmen, von denen niemand wirklich sicher zu sein scheint, dass sie auch stattfinden werden, etwa 60 Bäume, größtenteils Buchen, am Westring zu fällen.

Dort soll eine Zufahrt entstehen, mit freiem Blick auf das zukünftige Verkaufsgebäude.


Wir jammern brasilianischen Bäumen hinterher und fällen dafür Bäume direkt vor unserer Haustür. Irgendwie paradox, oder?

Ja, haben wir in Kiel nun den Klimanotstand ausgerufen oder tun wir nur so als ob?

Der Klimawandel ist real und wird uns alle treffen, ja, trifft uns teilweise bereits jetzt! Man denke nur daran, wie trocken die letzten beiden Sommer waren, wie heiß das letzte Jahr und wie die Stürme zunehmen.

Bäume sind ein prima Mittel um den Wind zu brechen. Durch die Verdunstung über die zahlreichen Blätter befeuchten sie die Luft und bessern gerade an heißen Sommertagen für alle Stadtbewohner das Kleinklima. Eine Buche kann in 80 Lebensjahren etwa eine Tonne CO­₂ binden. Oder anders gerechnet: 80 Buchen schaffen das in einem Jahr. Etwa 60 sollen nun gefällt werden, das entspräche rein rechnerisch 750 kg CO­₂. Es geht hier um ausgewachsene, stattliche Buchen. Neupflanzungen werden viele Jahrzehnte brauchen, bis sie diese Größe erreichen, Zeit, die wir nicht mehr haben.

Zeitgleich kommen jedes Jahr mehr Kreuzfahrtschiffe und mit ihnen jede Menge Emissionen.

Kiel braucht seinen Grüngürtel! Jetzt mehr denn je!

Aus dem Prüner Schlag, der nun seit Jahren brach liegt, könnte man wunderbar eine Oase für uns alle machen. Als Prüner Park mit Bäumen, Büschen, Beeten und all den Tieren, die dadurch unterstützt werden würden, könnte man der Stadt die Natur zurückgeben, die sie braucht.

Aber unsere Politiker lassen lieber bauen. Nur eben nicht die Wohnungen, die wir wirklich bräuchten, an Orten, wo es sinnvoll wäre, sondern Geschäfte, die wir nicht brauchen, an Orten wo sie schaden.

Es ist ja auch viel einfacher, mit dem Finger auf andere zu zeigen. „Da ist es ja viel schlimmer als bei uns. Der Regenwald macht ja viel mehr aus.“
Ja, sicher geht da mehr Fläche verloren als am Westring.  Aber wenn wir nicht bald aufhören, die Schuld bei den anderen zu suchen und selbst nichts zu tun, wird sich auch nichts ändern. Jeder muss das tun, was er eben tun kann, jeder Baum zählt.

Daher unser Aufruf:
Lasst die Bäume stehen! Überdenkt das Bauvorhaben noch einmal!

Es gibt hier in diversen Industriegebieten Leerstand, warum wird nicht zuerst der genutzt? Warum muss neue Fläche versiegelt werden? Als Ausgleich werden dann irgendwo im Kieler Umland Bäume gepflanzt, wo es eh schon grün ist. Aber auch Wiesen sind Ökosysteme, die wichtig sind, auch da gibt es Tiere und Pflanzen, die genau diese Bedingungen brauchen. Pflanzt man dort Bäume, zerstört man etwas. Man wandelt dann das eine Ökosystem in ein anderes um. Man schafft aber kein neues.

Echter Ausgleich wäre, eine bereits versiegelte Fläche wieder aufzubrechen, leer stehende Gebäude abzureißen und die Fläche der Natur zurückzugeben. Aber wo passiert das schon?

Ich habe gehört, die Stadt Kiel möchte zum 3.10. ganze 40.000 Bäume pflanzen. Da fragt man sich, wo im Stadtgebiet noch Platz dafür ist. Die Fläche des Prüner Schlags bietet sich hier doch wunderbar an, warum nicht diese nehmen?

Es ist so einfach, die Bäume am Westring stehenzulassen. Dabei entstehen keine Personalkosten, keine Arbeitszeit. Tatsächlich ist hier „Nichtstun“ einmal das richtige!

Einfach nichts tun, dann produzieren diese alten Bäume noch lange Sauerstoff für uns, und binden CO­₂ aus der Luft. Dann können sie unsere Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel sein.

Danke.

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