Kiel: Pavillons unter Denkmalschutz

Streit um die Pavillons auf dem Alten Markt in Kiel
Es gibt eine Blickachse durch die Pavillons auf die Nikolaikirche in Kiel.

Alle Pläne für eine Neugestaltung des Alten Markt in Kiel sind erst einmal gestoppt. Die sechs Pavillons aus den 70ger Jahren wurden unter Denkmalschutz gestellt und können nicht so ohne weiteres entfernt werden. Veränderungen sind nur unter bestimmten Auflagen möglich.

Es gab davor Überlegungen, die Pavillons abzureißen. Der Platz sollte angehoben und nivelliert werden. Dadurch sollte die Sicht auf die Kirche Sankt Nikolai, die Schlossstraße und die Dänische Straße frei werden.

Die Pavillons sind in Privatbesitz und bis auf den größten Pavillon auch vermietet. Für diesen Pavillon, in dem sich zuletzt ein Fahrradgeschäft befand, steht wohl eine Vermietung kurz bevor, wie die KN berichtet:http://www.kn-online.de/Kiel/Alter-Markt-in-Kiel-Jetzt-spricht-ein-Mitinhaber-der-Pavillons

Es gibt auch Gründe, die für den Erhalt der Pavillons sprechen.

  • Die Vorstellung, dass eine Marktkirche als Solitärgebäude frei stehen soll, entspricht vielleicht dem heutigen Empfinden. In früheren Zeiten war es aber durchaus üblich, die Kirchen mit Buden, Kiosken oder Geschäften zu umbauen. Zwei Beispiele aus einer Region, in der ich länger gelebt habe: Sankt Gangolf am Trierer Hauptmarkt ist so komplett umbaut, dass man nur den Kirchturm sieht. Auch der Mainzer Dom verschwindet hinter angebauten Geschäften. Innen Gebet und außen Kommerz, diese traditionelle Kombination wird von den Kieler Pavillons in spielerischer Form aufgegriffen.
  • Ich bin ein Fan von 70ger-Jahre Architektur. Ich mag das Spiel mit versetzten Ebenen, die Auflösung von Symmetrie und traditionellen Formen. Die Pavillons auf dem Kieler Alten Markt sind ein gutes Beispiel für diese Art der Architektur. Es sind eben keine fantasielosen Funktionsgebäude, vielmehr ist das Ensemble durchdacht und wurde in seiner Zeit für attraktiv gehalten. Manche (wie ich) sehen das immer noch so.
  • Noch mal zum freien Blick. Wenn der Platz leer wäre, würde man auch die umliegenden Häuser wahrnehmen und von der Seite des Schlosses in die Holstenstraße einsehen. Da zeigt sich, dass der Alte Markt eben keine durchgehend attraktive Umgebung hat.
  • Die ganze Fußgängerzone leidet unter Leerständen. Aber gerade die Gastronomie in den Pavillons floriert. Es ist ein belebter Ort, der durchaus angenommen wird!
  • Vorsicht vor überstürzten Abrissen! Zur Zeit genießt die Architektur der 70ger Jahre noch kein großes Ansehen, aber das kann sich im Laufe der Jahre durchaus ändern. Man denke nur an die Wertschätzung, die der Stil der 50ger Jahre seit etwa zehn Jahren genießt. Deshalb bin ich froh, dass die Pavillons geschützt werden, denn in 20 Jahren sind die KielerInnen vielleicht froh, diese dann “alten” Pavillons zu haben. Was man als schön empfindet ist zum Teil individuell, aber zum Teil auch eine Sache des Zeitgeschmacks und kann sich ändern.

In der Ratsversammlung vom 15. Februar verteidigte Arne Langniß (Grüne) den Entschluss der Oberen Denkmalbehörde, die Pavillons zu schützen: “Jede ästhetische Idee, die von vielen geteilt wurde, sollte auch wertgeschätzt werden.” Hoffentlich trägt dieser Artikel dazu bei, die Idee hinter den Pavillons zu verstehen und zu schätzen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert