KleingärtnerInnen verunsichert

Ein Schreiben an alle Kleingartenvereine in Kiel verbreitet Angst und Schrecken . Angekündigt werden Kontrollen der Kleingärten. Es geht um verbotene Öfen und Spültoiletten und um zu große Lauben. Eigentlich nichts Neues, denn kontrolliert werden die Kleingärten schon seit Jahren.

Kontrolliert wurde durch das Grünflächenamt, das Amt für Immobilienwirtschaft und das Amt für Bauordnung, aber auch die Kleingartenvereine waren angehalten in ihrem Verantwortungsbereich „law and order“ durchzusetzen. Das Amt für Immobilienwirtschaft stellte eigens für diese Kontrollgänge zusätzliches Personal ein.

An die Stelle von anekdotischen Erfahrungsberichten trat eine geschäftliche Mitteilung des ehemaligen Bürgermeisters Todeskino:  “Die im Jahr 2011 im Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation begonnene und fortwährend anhaltende systematische Bestandsaufnahme von bau- und umweltrechtlichen Mängeln in Kieler Kleingärten weist inzwischen weit über 400 Fälle mit unterschiedlichen Rechtsverstößen auf. “ Wieviel Laubenrückbauforderungen es unter diesen 400 Fällen gab, geht aus der Mitteilung nicht hervor.

Parallel zu diesen Kontrollgängen wurde 2013 ein Kleingartenentwicklungskonzept erarbeitet, dessen Umsetzung vier Jahre später noch auf sich warten lässt. Schon damals gab es unter KleingärtnerInnen den Verdacht, die Anlagen sollten kartografiert werden und auf mögliches Bauland abgetastet werden.

Wenn Zustände, die jahrelang geduldet wurden, auf einmal nicht mehr akzeptiert werden, und die Verwaltung systematisch und energisch gegen diese Zustände angeht, fragen sich so manche KleingartenpächterInnen, warum jetzt auf einmal die Daumenschrauben angelegt werden. Die Kleingärtnerei soll auf jeden Fall ungemütlicher werden und nur in einem eng interpretierten Rahmen überhaupt noch geduldet werden, so der Eindruck.

Ein besonderer Fall sind die sogenannten Behelfsheime. Das sind größere Lauben, die während der Wohnungsnot nach dem Krieg ausgebaut und bewohnt werden durften. Diese Heime waren also erst einmal legal und verfügen auch teilweise über einen Stromanschluss, der von den Stadtwerken gelegt wurde. Zum Teil haben die Bewohner in ihre Häuschen investiert, und es ist eine menschliche Tragödie, das eigene Heim zu verlassen und auch noch auf eigene Kosten abreißen lassen zu müssen. Mit diesen Behelfsheimen, die bis vor ein paar Jahren geduldet wurden, soll jetzt auch Schluss sein. Die Stadt Kiel bietet den Bewohnern zeitlich befristete Duldungsverträge an. Maximal zehn Jahre haben die BewohnerInnen Zeit, sich eine neue Bleibe zu suche

Aber merkwürdiger Weise scheinen gar nicht so viele Abmahnungen verschickt zu werden. Meine Kontakte in verschiedenen Vereinen, die auch gut vernetzt sind, brachten keinen einzigen Fall von konkreter Abmahnung hervor. Die Vorgehensweise scheint eher indirekt zu sein und auf ein Klima der Verunsicherung abzuzielen. Beispielhaft hier die Geschichte einer älteren Kleingärtnerin, die von Verein aufgefordert wurde, ihre Terrassenüberdachung abzubauen. Sie ging zum Vorstand und bat um etwas Schriftliches. Das wollte man ihr nicht geben, und nun überlegt sie, ob sie rückbaut, oder erst einmal abwartet. Mit einer schriftlichen Aufforderung hätte sie zu einem Anwalt gehen können. Aber so ist die Lage zu unkonkret. Manchmal denkt sie daran, ihren Garten aufzugeben.

Tatsächlich scheint es bei der Umsetzung der Rückbauforderungen auch Probleme gegeben zu haben. Für die Stadt ist es einfacher, ein Klima der Verunsicherung zu schaffen, sodass PächterInnen ohne konkrete Aufforderung ihre Gärten in Ordnung bringen oder aufgeben.

Manchmal nimmt das Misstrauen der Kieler Politik gegenüber der Kleingärtnerei geradezu absurde Züge an, wie folgende Debatte in einer Bauauschusssitzung vom Juni 2016 zeigt:

Es ging um das Thema Stromanschlüsse in Kleingärten: Bekannt sind neun Behelfsheime, die mit Strom versorgt sind. Als Behelfsheim bezeichnet man die Lauben , die nach dem zweiten Weltkrieg zum Wohnen umgebaut und genutzt werden durften. Joachim Balzer (Linke): “Das Gesetz sagt nichts über Strom in Kleingärten. In ganz Deutschland gibt es Gärten mit Strom.”

Die Verträge der Behelfsheime sind von vor 1983, dem Inkrafttreten des Bundeskleingartengesetzes, das ein Wohnen in Lauben verbietet. Die Netze, Leitungen und Masten sind von den Stadtwerken installiert worden und dürfen auch gar nicht privat abgebaut werden.

In Kiel bieten einige Vereine gemeinschaftlichen Arbeitsstrom an. Über Verlängerungskabel können elektrische Rasenmäher und Heckenscheren betrieben werden.

Es entbrannte eine Diskussion über die Häufigkeit von illegalen Stromanschlüssen. Theoretisch könnten die für die Behelfsheime aufgestellten Strommasten angezapft werden. Es scheinen aber keine derartigen Fälle bekannt zu sein.

In der geschäftlichen Mitteilung https://ratsinfo.kiel.de/bi/vo020.asp heißt es: „ Eine Duldung von Stromanschlüssen an Lauben oder Parzellen ist aus nachfolgenden Gründen nicht möglich….“

Ratsherr Karschau (SPD) nannte die geschäftliche Mitteilung eine Pauschalverurteilung. “Es sind nur neun Fälle von Lauben mit Strom bekannt, und die haben Verträge mit den Stadtwerken.”

 

 

4 Gedanken zu „KleingärtnerInnen verunsichert“

  1. Stadt euch künstlich über das durchsetzen der gesetzlichen Regelungen aufzuregen, könntet ihr noch viel mehr darüber schreiben wie der Kieler Kreisverbands mit seinen Mitgliedern umgeht Und mit was für verbrecherischen Methoden ein neuer Pachtvertrag erzwungen werden soll…

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