Verdichtung von Kiel, ein Kommentar

Wir sehen ein, dass Wohnraum geschaffen werden muss. Trotzdem sind wir traurig über all die überbauten Spielplätze und grünen Ecken, die so langsam Platz für aufgeräumte Beliebigkeit machen. Eine von uns empfindet in der letzten Zeit sogar Sympathie für Parkplätze, weil sie immerhin etwas Luft und Licht in die Stadt bringen.

Es war nur eine Frage der Zeit bis Spielplätze für entbehrlich gehalten werden, denn seitdem Kinder immer jünger in die Kita kommen und dort immer länger am Tag verweilen, verschwinden sie aus dem öffentlichen Raum. Auf unseren Streifzügen durch Kiel fallen die vor 16 Uhr verwaisten Spielplätze auf. Manchmal, vor allem in Gaarden, verweilt noch eine einzelne türkische Mutter mit ihren Kindern auf dem Spielplatz, aber oft ist dort gar niemand mehr anzutreffen. Jetzt stehen etliche Spielplätze zur Disposition.

Wie Krauses Eck am großen Kiel verschwinden viele einst lauschige, verwunschene Ecken. Dort, wo sie nicht überbaut werden, setzt sich ein fantasieloser Einheitsstil durch. Beispiel: der jährliche Niederschnitt der üppigen Heckenrosen entlang dem Westring . Oder die Vorliebe für Kirschlorbeerhecken.

Große Bäume werden gefällt, auch in privaten Gärten. Dabei sind gerade diese grünen Eminenzen von großer Bedeutung für Vögel und auch für die Frischluftzufuhr. Die nachgepflanzten Bäume brauchen Jahrzehnte bis sie ihren Platz einnehmen. Im Trend bei Stadtbäumen sind außerdem sowieso kleinkronige Deko-Bäumchen wie die stark zurück geschnittenen “Spargelakazien” am Europaplatz. Hier noch einige Beispiele von gefällten oder gefährdeten Bäumen:

  • Kastanie am Waldwiesenkreisel
  • Eiche an der Alten Feuerwache
  • die erste und nun noch ggf die andere Platane zwischen dem alten Woolworth-Gebäude und dem Starbucks Café
  • Buschwerk Ecke Hasseldieksdammer Weg / Westring
  • der gesamte Grünzug zwischen Langenbeck- und Virchowstraße
  • Pappeln auf der Krusenkoppel, laut Anfrage waren sie unstabil
  • geplant ist die Fällung der Bäume vor der Lessinghalle

Ein ganzes Kleingartenareal, der Prüner Schlag, wurde an den Krieger-Konzern verkauft. Hier sollen zwei Möbelhäuser (Möbel Kraft und Skonto) entstehen. Ausgleichsflächen entstehen außerhalb von Kiel und nutzen der Innenstadt nicht.

Die neuen Gebäude, die für die Geflüchteten auf dem MfG5-Gelände gebaut werden, sollen zwar die energetischen Standards einhalten aber ansonsten in Einfachbauweise entstehen, und das heißt ohne Balkons, Fahrstühle und Keller. Es stellt sich die Frage, wer dort langfristig wohnen möchte.

Der derzeitige Bauboom hat mehrere Gründe. Der Bedarf an Wohnraum ist wohl vorhanden. Die Zinsen sind niedrig. Letztes Jahr gingen am Jahresende ungewöhnlich viele Bauanträge ein, weil mit Beginn des Jahres 2016 eine strengere Energieeinsparverordnung gilt.

Eine von uns wohnt seit 1980 in Kiel, und es schmerzt ihre naturverbundene Seele sehr, wie viel Grün seitdem verschwunden ist. Mit den überbauten Grünflächen verringert sich die Anzahl der Vogelarten. Die Natur – soweit noch vorhanden – ist überwiegend monoton und überpflegt. Wenn man der Natur ihren Lauf ließe, würde sie sich vielfältig regenerieren. Wenn man etwas natürliche Unordnung akzeptieren könnte, wäre auch kein so großer Pflegebedarf notwendig.

Eine verdichtete Stadt ist weniger attraktiv. Auch wenn sich diese Entwicklung wohl nicht vermeiden lässt, wünschen wir uns doch einige kollektive Tränen für das alte charakteristische Kiel, das vor unseren Augen verschwindet.

Von Green Fan und Ursula S.

Ein Gedanke zu „Verdichtung von Kiel, ein Kommentar“

  1. Oh ja, leider zu wahr. In Gaarden wurden dieses Jahr viele Bäume gefällt, weil sie umsturzgefährdet waren. Klar soll so ein Baum niemandem auf den Kopf fallen, aber es ist doch auch seltsam, wenn auf einmal mehrere Bäume in einer Straße wegmüssen. Außerdem müssen mit diesem Argument irgendwann alle Bäume weg, denn der nächste Sturm kommt bestimmt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert