Kommentar zum erneuten Auslegungsbeschluss für Möbel Kraft

Kommentar zum erneuten Auslegungsbeschluss für Möbel Kraft

 

Ikea will seine Verkaufsfläche um 20% erweitern, so der Antrag im Februar-Bauauschuss (hier zum entsprechenden SHZ-Artikel). Zusammen mit der geplanten Möbel-Kraft-Sconto Verkaufsfläche ergäbe sich eine grandiose Möbelüberversorgung in Kiel. Zeit also, die berechtigten Interessen des Kieler Einzelhandels und der betroffenen Bevölkerung endlich Ernst zunehmen und entsprechend den Ratsbeschlüssen und dem Kaufvertrag Kieler Interessen zu wahren. Das aktuelle Kommentar im Gegenwind (Ausgabe 2/16) nimmt noch vor Bekanntwerden der Ikea-Pläne zur erneuten Auslegung Stellung.

Möbel Kraft, die dritte

Demnächst ist es mal wieder so weit: Der Entwurf des Bebauungsplans (B-Plan) für Möbel Kraft und Sconto am Hasseldieksdammer Weg in Kiel wird ausgelegt, mittlerweile zum dritten Mal. Also haben BürgerInnen, Verbände, Behörden und Nachbargemeinden erneut die Möglichkeit, Einwände zu erheben, Verbesserungsvorschläge zu machen und Bedenken zu äußern. Was die Stadtverwaltung allerdings von diesen hält, ist der „Abwägung“ zur zweiten Auslegung zu entnehmen:

  1. der (von Möbel Kraft bezahlte) Gutachter hat immer Recht;
  2. wir habe alles bedacht; und
  3. wir machen alles richtig.

Nein, ganz so schlimm ist es nicht, da die nun erfolgte „Nachbesserung“ doch tatsächlich ein paar neue Punkte aufführt:

Der Werbepylon steht jetzt nicht mehr in einer Ausgleichsfläche, sondern in einer Sonderbaufläche, Lärm und Emissionen werden nun nach Möbelhäusern getrennt aufgeführt. Genaugenommen sind es 8 Punkte, die in dem erneuten Antrag auf Auslegung nachzulesen sind. Alles Übrige aber, z.B. die Kritik der IHK in Bezug auf Begrenzung der sogenannten zentrenrelevanten Sortimente (die im Einklang mit dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept INSEKK steht) wird abgeschmettert. Auch den Umweltverbänden, die einen weniger zerrissenen Zuschnitt der Ausgleichsflächen auf dem Gelände selbst gefordert hatten, wird eine Absage erteilt. Und den besorgten BürgerInnen ergeht es nicht besser. Also jetzt neue Chance, neues Glück?

Was soll das Ganze, fragt sich der Kieler Bürger inzwischen. Erst diese Eile: Nach einem Jahr Verhandlungen im Hinterstübchen, vom damaligen OB Torsten Albig unter 6 Augen eingefädelt, wurde das Projekt den „Normal“-Ratsmitgliedern Ende Juli 2011 bekannt gegeben, nur zwei Monate später erfolgte bereits der Aufstellungsbeschluss für den B-Plan. Da war dann auch die Standortalternativenprüfung schon abgeschlossen; Alternativstandorte, die eigentlich als Gewerbegebiete ausgewiesen waren, waren wegen nicht kurzfristiger Verfügbarkeit der Flächen oder wegen noch ausstehender Verkehrsanbindung abgelehnt worden.

Jetzt hingegen dümpelt das Projekt vor sich hin. Der Bürgerentscheid vom März 2014 mag eine Verzögerung von einem halben Jahr bewirkt haben, aber die Verzögerung seit der zweiten Auslegung im August 2014 erscheint nicht mehr nachvollziehbar. Wurde im Sommer in den KN die dritte Auslegung noch für den „Herbst“ angekündigt, so erwähnte der Leiter des Stadtplanungsamtes im November, dass alles fertig in der Schublade liegen würde; trotzdem kommt das Ganze erst jetzt im Januar erneut in den Bauausschuss.

Was steckt dahinter?

In der „Gläsernen Akte“ wurde zwar nach der erfolgreichen Klage des Ostseeparkentwicklers F. Weipert im Grundstückskaufvertrag die Schwärzung des Kaufpreises aufgehoben, dieser Vertrag enthält aber noch weitere (immer noch geschwärzte) brisante Bestimmungen:

Die Krieger Immobilien GmbH (Möbel Kraft gehört zum Konzern des Berliner Investors K. Krieger) hat ein Rücktrittsrecht vom Vertrag, wenn bis zum 31.12.2014 kein rechtskräftiger B-Plan vorliegt. Selbst wenn man diesen Zeitpunkt aufgrund des Bürgerentscheids um ein halbes Jahr verschiebt, wäre diese Frist längst abgelaufen. Zum anderen hat sich aber auch die Stadt abgesichert: Krieger muss eine Millionensumme als Strafe bezahlen, wenn das Möbelzentrum nicht innerhalb von drei Jahren nach Rechtskräftigkeit des B-Plans eröffnet wird. Die vereinbarte Strafe liegt allerdings deutlich unter der, die in Lübeck in einem ähnlichen Fall von Krieger nach Ablauf der entsprechenden Frist gezahlt wurde; das (deutlich kleinere) Grundstück wurde inzwischen auch zurückgegeben.

Ist das jetzt also die „Macht der Millionäre“ gegenüber den klammen Kommunen? Muss die Stadt Kiel sich jetzt komplett den Wünschen des Investors unterordnen und darf keinesfalls IHK und BürgerInnen mit auch nur kleinen Zugeständnissen entgegenkommen, um ja den Investor nicht zu verprellen? Darf Krieger den Zeitplan alleine bestimmen?

Ganz so ist es nicht: z. B. wurde schon im Kaufvertrag festgestellt, dass die Vorstellungen des Investors über Wirtschaftlichkeit der Sortimente nicht unbedingt mit denen Kiels in Bezug auf zentrenrelevante Sortimente übereinstimmen müssen. Die Stadt Kiel kann an dieser Stelle also auf ihre Entwicklungskonzepte pochen, ohne vertragsbrüchig zu werden.

Das Ergebnis des knapp gescheiterten Bürgerentscheides ist ja fast endlos diskutiert worden, auch in Bezug auf die Frage, ob sich aus dem knappen Ergebnis eine Verpflichtung zur Flächenminimierung ergibt. Natürlich ist das nicht der Fall, schließlich hätten die Gegner bei einem knappen Erfolg auch kein Möbelzentrum reduzierter Größe akzeptiert. Trotzdem bleibt der fade Beigeschmack, dass die Stadtverwaltung in keiner Weise auf die Wünsche und Bedenken der innerstädtischen Bevölkerung sowie des Einzelhandels eingeht. Wer bezahlt eigentlich die Verwaltung? Die BürgerInnen und die Gewerbesteuer, aber Möbel Kraft (noch?) nicht!

Nun hat sich aber die Situation der Stadt seit Sommer 2011 erheblich geändert: Die Bevölkerung ist allein im letzten Jahr um rund 3000 Menschen gewachsen, weiterer Zuwachs wird prognostiziert. Es fehlt an Wohnraum v.a. im unteren Mietsegment, also für Flüchtlinge, Alleinerziehende, Hartz IV-Empfänger und Rentner. Solcher Wohnraum wird wohl nicht in Neu-Meimersdorf in großem Stil entstehen, und ob der erhoffte Mechanismus – Städter ziehen nach Neu-Meimersdorf und hinterlassen bezahlbaren Wohnraum – wie gewünscht funktionieren wird, ist anzuzweifeln.

Warum also nicht neu überlegen: Ist dieses Möbelzentrum wirklich an gerade diesem Ort optimal anzusiedeln? Ist dieser Ort nicht prädestiniert für sozialen Wohnbau mit grünem Hinterland? Die Anbindung an Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, ÖPNV, etc., alles wäre schon vorhanden.

Um es klar zu stellen: Die Stadt Kiel muss sich an den mit der Krieger Immobilien GmbH geschlossenen Kaufvertrag halten. Sie hätte aber durchaus die Möglichkeit, in vertragskonformer Weise ihre eigenen Interessen in Bezug auf Innenstadtschutz zu verfolgen. Auch sollten in einer Abwägung gewisse Kompromisse möglich sein. Mit dem Ergebnis sollte sie dann ohne erneute Verzögerung an Möbel Kraft herantreten und klären, ob der Konzern überhaupt gewillt ist, innerhalb der dann folgenden drei Jahre zu bauen und zu eröffnen. Übrigens hat die Krieger Immobilien GmbH gemäß Kaufvertrag das Recht, die Fläche innerhalb des Krieger-Konzerns weiter zu verkaufen, z.B. auch an eine Wohnungsbaugesellschaft.

Die Stadt Kiel sollte endlich die Interessen ihrer BürgerInnen vertreten – und die haben ein berechtigtes Interesse daran, dass der Prüner Schlag nicht jahrelang umzäunt und abgeschottet keinerlei Nutzung (außer illegale Müllentsorgung und Vandalismus) erfährt!

Ulrike Hunold

Oringalbeitrag auf https://ttkiel.wordpress.com

 

 

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