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Björn Thoroe kandidiert für das Amt des Oberbürgermeisters

Thilo Pfennig vom Blog kielkontrovers und ich trafen uns mit Björn Thoroe (34), um über seine Ziele für Kiel zu sprechen. Als seine wichtigsten Themen nannte Thoroe eine soziale Wohnungspolitik und Klimaschutz. Außerdem wünscht er mehr Transparenz und Bürgernähe. Das Gespräch folgte unseren Fragen und somit setzt dieser Artikel eigene Schwerpunkte .

Warum Thoroe für das Amt des Oberbürgermeisters kandidiert?

Björn Thoroe und seine Partei Die Linke waren sehr überrascht, dass die Grünen nach ihrem sensationellem Erfolg bei der Europawahl keine eigene Kandidat*in aufstellten. Damit es demokratisch zu geht und bei der Wahl auch mehrere Personen zur Auswahl stehen, erklärte sich Thoroe zu einer Kandidatur bereit. Seit letztem Samstag ist er jetzt auch offiziell vom Kreisparteitag der Linken als Kandidat aufgestellt. Mit Florian Wrobel von der Satire-Partei, Ulf Kämpfer von der SPD und Andreas Ellendt von der CDU stellen sich also vier Männer zur Wahl.

Wohnungspolitik ist ein Schwerpunkt von Thoroe

Er würde als Oberbürgermeister die Gründung der beschlossenen Wohnungsbaugesellschaft vorantreiben und in den nächsten zehn Jahren 13.000 Wohnungen kaufen oder bauen. Dieses Jahr sind viele Wohnungen aus der sozialen Preisbindung herausgefallen. Thoroe meint, es würden deshalb vor allem günstige Wohnungen und Sozialwohnungen fehlen. In diesem Zusammenhang möchte er auch gegen Luxussanierungen angehen und Modernisierungen genehmigungspflichtig machen. Das würde den Verhandlungsspielraum gegenüber Vonovia und anderen Immobiliengesellschaften erhöhen. Zu den Modernisierungen gehören nicht nur energetische Maßnahmen sondern auch der Einbau von Balkonen und Fahrstühlen. Modernisierungen können Wohnungen so verteuern, dass die jetzigen Mieter*innen sie sich nicht mehr leisten können. Interessant fand ich Thoroes Ansicht , dass immer mehr Bauen nicht unbedingt die Lösung für Wohnungsnot sei. Es müsse schon auch gebaut werden, aber aus Klimaschutzgründen so wenig wie möglich.

Thoroe nimmt den Klimanotstand ernst.

Für eine Kommune ist der Verkehr der wichtigste Ansatz für mehr Klimaschutz. Thoroe würde als Oberbürgermeister folgende Maßnahmen befürworten:

  • die Entwicklung einer Stadtbahn
  • das 1-Euro Tagesticket für Bus/ Stadtbahn
  • autofreie Innenstadt
  • Theodor-Heuss-Ring: nur eine Autospur in jede Richtung
  • keine Südspange

Außerdem möchte er Landstrom für anlegende Schiffe verpflichtend machen. Das Küstenkraftwerk sollte möglichst mit Biogas befeuert werden.

Die große Wiese von Katzheide erhalten

Eine Stadt braucht schöne Plätze , aber auch Plätze zum Grillen und Chillen. In diesem Zusammenhang kamen wir auf die großzügige Liegewiese vom Freibad Katzheide zu sprechen, ein Thema , dass diesen Blog sehr beschäftigt hat. Thoroe sprach sich dafür aus, Katzheide in seinen jetzigen Ausmaßen zu erhalten, samt 50-Meter-Becken und Liegewiese in ihrem jetzigen Umfang: “Es kann nicht sein, dass sich die Ratsversammlung einem Bürgerbegehren anschließt und dann den Zaun eng ums Becken zieht”. Zur Erinnerung: Es gab ein Bürgerbegehren zum Erhalt des Freibads und eine anschließende Bürgerbeteiligung , in der die Bürger*innen sich sehr deutlich für den Erhalt des Freibads in seinen jetzigen Ausmaßen ausgesprochen hatten.

Wilhelmplatz und Flugplatz

Thoroe könnte sich den “Willi” autofrei und mit Randbebauung vorstellen. In der Zukunft würde Thoroe auch eine Bebauung und Ansiedlung von Gewerbe auf dem Flughafen anstreben, wobei er für die nächsten Jahre das Ergebnis des diesbezüglichen Bürgerentscheids respektiert. Aber in ein paar Jahren könnte es einen neuen Anlauf zur Schließung des Flughafens geben.

Wirtschaftspolitik

Björn Thoroe findet, dass in Kiel Gewerbeflächen fehlen. Hier wäre der Flughafen ein Lösung gewesen. Ganz wichtig ist ihm der Erhalt der Alten Mu und die Förderung von kreativen Zentren. Eher skeptisch ist er dagegen, was den weiteren Hotelbau betrifft. An zu vielen neuen Gästezimmern könnten bestehende Hotels zugrunde gehen. Ein wichtiges Thema ist die Nahversorgung in den Stadtteilen. Seine Vision in Bezug auf das Shoppen: Supermärkte und Apotheken in den Stadtteilen und manchmal mit dem 1-Euro -Ticket in die autofreie Innenstadt. Das brachte uns zum Thema Holstenstraße. Bekanntlich macht Kiels zentrale Shoppingmeile eine sehr schwierige Zeit durch, was am Unwillen der Eigentümer*innen liegt, mit den Mietpreisvorstellungen realistisch zu werden. Thoroe sagt, manche Länder hätten ein Wohnraumschutzgesetz, das der Kommunalpolitik eine Handhabe gibt, aber Schleswig-Holstein hat dieses Gesetz nicht. Die Holstenstraße ist ein kniffliges Problem, für das er auch keine schnelle Lösung parat hat.

Die ersten 100 Tage

Als Kiels Oberbürgermeister würde er als Projekt für die ersten 100 Tagen dafür sorgen, dass Bürger*innen schneller einen Termin im Rathaus für ihre Anliegen bekommen. Er meint, mit Hilfskräften würde sich der Berg von Unerledigtem abbauen lassen.

Herr Thoroe freut sich auf den Wahlkampf, zu dem Podiums-Dikussionen aber auch auch der direkte Kontakt zu den Wähler*innen gehören. Mehr Info und Termine auf seiner Homepage.

OB-Wahl: Kandidaten-Karussell

Vier Monate vor der Kieler Oberbürgermeisterwahl am 27. Oktober ringen die Parteien um die Aufstellung von Kandidaten. Die Grünen entschieden sich am Wochenende definitiv dafür, den amtierenden Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer (SPD) zu unterstützen, wie es die Findungskommission schon vorher empfohlen hatte. Dr. Philipp Schmagold wurde nicht aufgestellt. Die CDU nominierte den Gymnasiallehrer Dr. Andreas Ellendt zum Kandidaten. Überraschend stellte die Linke einen eigenen Kandidaten auf, der noch bestätigt werden muss: Björn Thoroe.

Jahreshauptversammlung der Grünen diskutiert die OB-Wahl

Auf der Jahreshauptversammlung der Grünen am vergangenen Wochenende unterblieben alle sonstigen Antragsdiskussionen, weil sich die Versammlung ausschließlich mit der Frage des Kandidaten beschäftigte. Am Ende bekam der Kandidat der SPD Ulf Kämpfer die meiste Zustimmung mit 68 von 112 Stimmen. Der Grüne Umweltexperte Dr. Philipp Schmagold bemühte sich um eine Nominierung, bekam aber nicht genug Stimmen. Man sah bei ihm keine ausreichende politische Erfahrung für eine erfolgreiche Kandidatur. Im Gespräch war auch eine Kandidatur von Arne Stenger, die aber nicht zur Abstimmung kam. Arne Stenger kritisierte vor allem die Waffenauslieferungen, die von Kiel aus gehen.

CDU nominiert Andreas Ellendt

Die CDU nominierte erwartungsgemäß Dr. Andreas Ellendt. Er ist Lehrer für Chemie und Physik an der Kieler Gelehrtenschule. Er ist außerdem ausgebildeter Waldorfschullehrer. Seine Themenschwerpunkte sind Umwelt und Bildung.

Überraschende Kandidatur bei der Linken

Björn Thoroe (Linke) bezeichnet sich selbst als “unbefristet angestellter Teilzeitberufsrevolutionär”, konkret ist er ein Geschäftsführer des Landesverbandes von Die Linke und studiert gleichzeitig Geschichte mit Soziologie und VWL im Nebenfach. Außerdem sitzt er für seine Partei im Kieler Innen- und Umweltausschuss. Die Sache mit dem Teilzeitberufsrevolutionär hat aber auch noch einen anderen Hintergrund: man trifft ihn auf sehr vielen Demonstrationen – häufig sogar als Redner. In einem Gespräch mit den Kieler Nachrichten nannte er soziale Wohnungspolitik, eine konsequente Klimapolitik, Sanktionsfreiheit für Hartz-IV-Empfänger und den Kita-Bau in sozial benachteiligten Stadtteilen als seine vorrangigen Themen, sollte er Oberbürgermeister werden.

Insgesamt stehen somit folgende Kandidaten zur Wahl:

  • Dr. Ulf Kämpfer für die SPD. Er hat die Unterstützung von Grünen und SSW
  • Dr. Andreas Ellendt für die CDU
  • Björn Thoroe für Die Linke; seine Bestätigung gilt als wahrscheinlich.
  • Florian Wrobel für die Satire-”Partei”

Die FDP hat sich noch nicht entschieden, in welcher Weise sie sich in den OB-Wahlkampf einbringen wird.

So kommt etwas Spannung in den Wahlkampf. Und für die Demokratie ist es gut, wenn mehrere Optionen zur Auswahl stehen.

(Das Foto zeigt einen Vorort von Kiel.)