OB-Wahl: auch Hubert Pinto de Kraus tritt an

Herr Pinto de Kraus weiß, dass er wahrscheinlich nicht Oberbürgermeister von Kiel wird. Dennoch ist es auch für kleine Fraktionen wie die AfD in Kiel sinnvoll, einen Kandidaten aufzustellen, weil die Partei und ihre Themen auf diese Art und Weise im Gespräch bleiben. Er wurde von seiner Partei vorgeschlagen und gewählt, wobei sein relativer Bekanntheitsgrad als Entdecker des Silberschatzes in der Förde eine Rolle gespielt hat, aber auch sein akademischer Background.

Ich teilte ihm meine Wahrnehmung mit, dass die Kieler AfD sich seit etwa einem Jahr geändert hat. Früher saßen die AfD-Leute stumm in allen Gremien, und stimmten fast immer gegen alle Anträge, oder wenn sie mal eigentlich für etwas waren, enthielten sie sich. Fundamentalopposition war Programm. Aber seit etwa einem Jahr kommen mehr Wortmeldungen und die AfD stimmt auch mal für etwas. Pinto de Kraus bestätigt das:“ Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass wir positiven Anträgen für die Bürger dieser Stadt, parteiübergreifend, zustimmen werden. „

Ein Oberbürgermeister muss zwar umsetzen, was die Ratsversammlung ihm aufträgt, er hat aber eine große Gestaltungsmacht, nicht nur in der Umsetzung, sondern kann auch Entwicklungen vorantreiben durch eigene Anträge. Es ist also eine spannende Frage, was die Wunschvorstellungen eines Kandidaten sind für die Zukunft dieser Stadt.

Thema Migration

In unserem Gespräch ließ er sich nicht auf das Thema Migration lenken. Allerdings arbeitet sein Programm ( siehe seine Homepage) mit Angst vor Ausländern. Unter der Überschrift „Sicherheit für unsere Bürger“ empfiehlt er einen Aufnahmestopp von Asylbewerbern sowie eine konsequente Rückführung von Ausreisepflichtigen. Die Verknüpfung wird zwar nicht ausbuchstabiert, aber er unterstellt, dass die „Lebensqualität massiv beeinträchtigt“ sei durch die Anwesenheit von Geflüchteten. Aber zurück zu unserem Gespräch.

Mehr Parkplätze, eher keine Stadtbahn

Etwas widersprüchlich war sein Wunsch für das Stadtbild, es sollten mehr Grünflächen und Spielplätze auch im Zentrum geben, und gleichzeitig mehr Parkplätze. Wie das in einer dicht-bebauten Innenstadt gehen soll, blieb unklar. Er wünscht sich eine Vorgabe, dass jeder Neubau eine Tiefgarage erhält, um so den Parkdruck in den Stadtvierteln zu mildern. Auf jeden Fall würden Neubauten dann nicht noch den Parkdruck erhöhen.

Besonders engagiert äußerte er sich, als er über die Notwendigkeit von Parkplätzen für die arbeitende Bevölkerung sprach. Zur Arbeit kommen, auf dem Weg noch ein Kind zur Kita bringen, und eventuell auch noch während der Arbeit Wege zurücklegen zu müssen, das geht seiner Meinung nach nicht dem ÖPNV, wie toll der auch sein mag. Und damit waren wir beim Thema Stadtbahn. Er lehnt das Projekt nicht direkt ab, aber möchte einen Bürgerentscheid, weil es ein teures Projekt ist, das das Stadtbild sehr verändern würde.

Noch ein Mobilitätsthema: die A21. Er befürwortet den Ausbau der B404 bis vor das Barkauer Kreuz aus Kostengründen. Originell ist sein Vorschlag, dass der Wellseedamm Nebenstrecke sein könne, sodass keine Kleingärten geopfert werden müssten.

Die Rattenplage beenden

Eines seiner wichtigsten Themen ist die Rattenbekämpfung in den betroffenen Stadtteilen. Hier hat er konkrete Vorstellungen:

  • Er möchte, dass die Ordnungsdienste bei ihren Rundgängen illegale Müllentsorgung erfassen und melden.
  • Die von dem ABK vorgestellten Initiativen zur Rattenbekämpfung würde er unterstützen.
  • Verstärkte Kontrollen und auch Ahndung müssten daraus folgen.
  • Hausbesitzer möchte er verpflichten, mehr Tonnen bereit zu stellen, falls die bisherige Anzahl nicht reicht.
  • Die Stadt sollte einen Etat freigeben, damit defekte Tonnen ausgetauscht werden können. Es geht um über 5000 Müllbehälter, für die es aber zur Zeit keinen Etat gibt.

Wohnungsbau und Marinearsenal

Das Siedlungsprojekt Holtenau-Ost möchte er fortführen und bedauert die Möglichkeit, dass das Gelände an die Marine zurückfallen könnte Seiner Ansicht nach bietet das Marinearsenal auf dem Ostufer mit 52 Hektar Fläche und 1.550 Metern Kailänge ausreichend Platz für die Marine– es werde derzeit kaum genutzt.

Er versteht nicht, warum die KiWog nicht mehr Gebäude und Grundstücke kauft, um Sozialwohnungen zu bauen. Wie „bezahlbarer Wohnraum“ entstehen könnte, also Wohnraum für Menschen , die wenig verdienen aber kein Bürgergeld beziehen, konnte er nicht sagen.

Engagement für Umwelt und Meer

Pinto de Kraus stammt aus der Zoologie, ist ausgebildeter Berufstaucher und leitet derzeit das Tauchsportzentrum der CAU Kiel – „noch“, wie er betont, denn sein Engagement bei der AfD habe zu Protesten von Studierenden geführt. „Man muss mit Leidenschaft leben“, sagt er.

Diese Leidenschaft zeigt sich besonders beim Thema Meeresschutz. Er fordert mehr Unterstützung für Umweltgruppen, insbesondere für Cleanup-Initiativen, die derzeit selbst für Container zahlen müssen. Zudem spricht er sich für ein Angelverbot an der Hörn während der Laichzeit der Heringe aus

Klimaanpassung

Beim Thema Hitzeschutz zeigt er sich skeptisch: Er habe nicht den Eindruck, dass es in Kiel deutlich heißer geworden sei. Den Druck auf die Küsten erkennt er jedoch an – Dünen- und Küstenschutz seien daher wichtig.

Einsparpotential Verwaltung

In der Verwaltung sieht er Einsparpotenzial: durch Zusammenlegung von Dezernaten, flexibleren Personaleinsatz und den verstärkten Einsatz von Digitalisierung und KI. Außerdem wünscht er, dass es bei Wahlen, die sowieso stattfinden, immer auch Bürgerentscheide gibt. So könnte die demokratische Teilhabe gefördert werden, meint Pinto de Kraus.

Homepage mit Wahlprogramm

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