Friedenscamp in Kiel

Gewalt und Frieden im antimilitaristischen Camp

Im Werftpark Gaarden haben sich seit Dienstag etwa 600 Friedensaktivistis zu einem mehrtägigen Aktionscamp niedergelassen. Unter dem Motte „Rheinmetall entwaffen“ suchen die Leute, die aus ganz Deutschland und sogar dem Ausland nach Kiel gekommen sind, nach Strategien für ihren gemeinsamen Kampf gegen die Rüstungsindustrie. Aktionen gegen die Rüstungsindustrie sind auch geplant und haben auch statt gefunden. Morgen sollen die Aktionstage mit einem Demonstrationszug vom Bootshafen nach Gaarden enden. Beginn der Demonstation ist 12 Uhr.

Gewalt zwischen Polizei und Aktivisten

Leider kam es heute morgen zu einer gewalttätigen Szene. Um drei Uhr morgens machten sich Menschen aus dem Camp auf den Weg zum Westufer. An der Gablenzbrücke gerieten sie mit Polizisten aneinander. Jonah Fischer aus dem Pressezelt der Gruppe berichtete mir davon. Die Polizisten seien ohne vorher provoziert geworden zu sein, mit Pfefferspray und Schlagstöcken auf die Aktivisten losgegangen, wobei einer Person die Nase gebrochen wurde.

In der polizeilichen Mitteilung zu diesem Vorfall hört es sich etwas anders an. Hier der Wortlaut : „Gegen 03 Uhr verließen circa 300 Personen unangemeldet den Kieler Werftpark und marschierten Richtung Gablenzbrücke. In Höhe der Brücke stoppten Einsatzkräfte der Polizei den Aufzug auf, um ein kooperatives Gespräch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Aufzugs über die beabsichtigte Route zu führen. Ein Teil des Aufzugs ging unvermittelt die Beamten an und versuchte massiv, die polizeiliche Absperrung zu durchbrechen. Die Polizei drängte sie, teils unter Einsatz einfacher körperlicher Gewalt, zurück.“ Im Zuge dieser Aktion seien zwei Beamte verletzt worden, einer sei an dem Tag nicht mehr dienstfähig gewesen. Ein Krankenwagen wurde nicht gerufen.

Nachdem die Route geklärt war, durften die Aktivistis ihren Weg in die Feldstraße fortsetze, so der Polizeibericht.

In einer Folgemitteilung berichtet die Polizei dann doch von Reizgas und Schlagstöcken, die eingesetzt wurden, also mehr als “einfache körperliche Gewalt”.

Impressionen aus dem Werftpark

Heute Nachmittag herrschte rege Betriebsamkeit im Camp. Gleich drei Workshops liefen parallel. Kurz gesellte ich mich im Zirkuszelt zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Feministische Vision für ein Freies Palästina“. Ich lernte, dass Frauenrechte oder andere hehre Ziele oft zur Begründung von Kriegen verwendet werden, etwa im Afghanistankrieg, der damit begründet wurde, dass die Frauen von den sie unterdrückenden Taliban befreit werden sollten.

Das Bündnis “Rheinmetall entwaffnen” gründete sich 2018 infolge der Angriffe auf Afrin. Sie wollen, sagt ihr Pressesprecher Jonah Fischer, darauf aufmerksam machen, dass deutsche Rüstungsfirmen die Waffen herstellen, die in zahlreichen Konflikten und Kriegen eingesetzt werden. Seit der Gründung des Bündnisses würden Rüstungsfirmen in der Gesellschaft positiver gesehen. „Wir sehen unsere Aktionen als noch notwendiger angesichts der derzeitigen Politik und der wachsenden Kriegsbegeisterung. „

Mein Eindruck bei der Besichtigung der Infostände: Das Hauptinteresse liegt auf dem Geschehen im Gaza-Streifen und in Kurdistan. Der Krieg in der Ukraine ist weniger von Interesse.

Die Teilnehmenden und die Besucher sind überwiegend sehr jung, aber einige Graurücken sah ich auch. Und manchmal verirren sich auch Leute aus Gaarden, die einfach nur ihren Park genießen wollen, in das Camp.

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