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Kiel: Streit um den „Blumenpflückerpark“

Der Bildhauer Alwin Blaue träumte davon, dass Kinder sorglos vor dem Haus Blumen pflücken können. Diesen Gedanken verkörpert seine Keramikstatue von 1955, die am Westende der Esmarchstraße auf einer kleinen Wiese steht – einem Areal, das man durchaus als Park bezeichnen kann. Anders als die übrigen Rasen-Mittelstreifen der Straße, die eher als Hundetoiletten dienen, besitzt der „Blumenpflückerpark“ echte Aufenthaltsqualität.

Politische Brisanz vor der OB-Wahl

Kurz vor der Oberbürgermeisterwahl brachte eine Abstimmung über den Erhalt des Parks Kiel erneut in die überregionale Presse. Im Bauausschuss entschied letztlich die Stimme des einzigen AfD-Mitglieds über den Ausgang. SPD und CDU, die gegen den Erhalt votierten, beklagten anschließend in Pressemitteilungen den „Tabubruch“. Die Grünen bedauerten im Anschluss, dass sie die Abstimmung nicht zurückgezogen hatten, als sich das Debakel abzeichnete. Auch aus der SPD kamen später Worte des Bedauerns – Sie hätte den Park retten können, sei es durch Zustimmung oder Enthaltung. (Bei einer Enthaltung der SPD wäre eine Mehrheit rechnerisch zustande gekommen, bei der die eine AfD-Stimme nicht den Ausschlag gegeben hätte.)

Vorgeschichte: Sanierung und Widerstand

Auslöser war eine geplante Kanalsanierung, bei der 18 alte Bäume gefällt und das Areal neu gestaltet werden sollten. Vorgesehen waren eine zweite Fahrbahn für Autos sowie zusätzliche Parkplätze. Die Grünfläche wäre auf einen schmalen Mittelstreifen reduziert worden, was nicht nur eine Verhöhnung der Skulptur bedeutete hätte. Die Anwohner hätten ihre idyllische Wiese vor dem Haus verloren. Seitens des Nabu Kiel gab es auch umweltrechtliche Bedenken.

Es formierte sich Widerstand in Form der Interessengemeinschaft „Blumenpflücker“, die über 2.000 Unterschriften für eine Petition ans Land Schleswig-Holstein sammelte. Auf Druck der Anwohner beschloss der Bauausschuss im Dezember 2024 , die Planung wieder aufzurollen. (Drucksache 1354/2024). Das Tiefbauamt entwickelte entwickelte mehrere Konzepte, die im Ortsbeirat zur Diskussion gestellt wurden. Das Konzept, das sich durchgesetzt hat, ist eine„A1“-Variante: 17 der 18 alten Bäume müssen zwar weichen, doch die Raumaufteilung bleibt erhalten, und es sollen 37 neue Bäume gepflanzt werden.

Heftige Debatte im Bauausschuss

Vor der Abstimmung holte man zunächst eine Stellungnahme des Rechtsamts ein, um die Zuständigkeit zu klären Vorausgegangen war eine Kommunalaufsichtsbeschwerde im August, die die Zuständigkeit des Bauausschusses anzweifelt.
In der Sitzung brachte Niclas Köser (Die LINKE/Die Partei) einen Antrag ein, dem die Grünen mit einem Änderungsantrag folgten. Dieser wurde mit 7 zu 6 Stimmen angenommen. Dafür stimmten Grüne, SSW, LINKE, Die Partei und AfD – wobei die AfD-Stimme den Ausschlag gab. SPD und CDU votierten dagegen.

Reaktionen der IG Blumenpflücker

Die Initiative hatte sich für den Erhalt der Bäume und die Beibehaltung der Raumaufteilung eingesetzt. Letzteres Ziel wurde erreicht, doch die Freude ist getrübt:
„Bei aller Freude darüber, dass der Blumenpflückerpark erhalten bleibt und nicht durch eine zweite, überflüssige Fahrspur ersetzt wird, sehen wir im Abstimmungsverhalten ein Versagen der demokratischen Parteien“, heißt es in einer Pressemitteilung.
IG-Mitglied Ines Lemke sagte mir gestern am Telefon: „Jetzt wollen wir weiter um die Bäume kämpfen. Ich persönlich möchte noch nicht aufgeben.“

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