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Corona: Update vom 6. April

Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer macht vorsichtig Hoffnung auf eine Lockerung des Shutdowns nach Ostern. Seiner Meinung nach wäre diese Lockerung verhältnismäßig. Grund sind die Zahlen bei den Infektionen. Stand gestern 9 Uhr sind 116 Menschen in Kiel an Covid-19 (Corona) erkrankt. Die Zahl der Infektionen , die seit Beginn der Pandemie gemeldet wurden, beläuft sich auf 160. Davon sind 44 Personen wieder genesen. Zur Zeit befinden sich 394 Personen in häuslicher Quarantäne. Ein Patient ist gestorben.

Die Rate der Ansteckung verläuft nicht mehr exponentiell. Vom 2. auf den 3. April gab es zehn neue bestätigte Ansteckungen, vom 3. auf den 4. April ebenfalls zehn, vom 4. auf den 5. April waren es nur drei. In der letzten Woche lag die Zuwachsrate nur noch bei 7. Prozent. Grundlage sind die Zahlen des Sozialministeriums von Schleswig-Holstein. Aufgrund dieser Abflachung der Kurve beginnt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer die Diskussion um eine Lockerung der Maßnahmen. Spielplätze, Cafés, Geschäfte könnten aus seiner Sicht bei Wahrung von Abstand und Hygiene möglicherweise bald nach Ostern oder im Mai wieder eröffnen. Er würde es auch begrüßen, wenn die Kitas und Schulen Schritt für Schritt wieder den Betrieb aufnehmen könnten.

Weil dieses Statement von Oberbürgermeister Kämpfer nur auf seinem Facebook-Account veröffentlicht wurde, hier der ganze Text:

Seit vier Wochen haben wir nun Beschränkungen des öffentlichen Lebens, seit zwei Wochen einen regelrechten „Shutdown“.

Unternehmen bangen um ihre Existenz, Kranke und Ältere dürfen nicht besucht werden, das öffentliche Leben ist fast ganz zum Erliegen gekommen. Für uns alle ist es unbequem, für viele richtig hart.

Wie ist die Lage in Kiel, und mit welcher Strategie können wir uns unseren Alltag zurückerobern?

Stand heute haben wir in Kiel insgesamt bislang 160 Infizierte. Abzüglich der bereits Genesenen sind es noch 116 Erkrankte. 18 Kieler*innen werden derzeit im Krankenhaus behandelt, ein Patient ist bislang gestorben, 394 Menschen befinden sich in Quarantäne. Von 100.000 Kieler*innen sind 65 infiziert, damit liegen wir leicht über dem SH-Durchschnitt (55) und deutlich unter dem Durchschnitt in Deutschland (110).

Mit diesen Zahlen kommt unser Gesundheitssystem noch gut klar. Wie sorgen wir dafür, dass das so bleibt?

Interessant ist die Entwicklung der letzten zwei Wochen:
Zwar steigt die Zahl der Infizierten noch immer stetig an, aber die Dynamik lässt nach: in der letzten Woche stieg die Zahl von 100 auf 160, in der Woche davon von 39 auf 100, die Zuwächse in absoluten Zahlen sind also fast identisch. Optimistischer stimmen die prozentualen Zuwachsraten: Lag die durchschnittliche tägliche Zuwachsrate in der vorletzten Woche noch bei 14,2 %, hat sie sich in der letzten Woche mit ca. 7 % mehr als halbiert! Die Hoffnung ist, dass wir in den nächsten zwei Wochen mindestens eine weitere Halbierung hinbekommen auf ca. 3 % oder niedriger.

Wenn (WENN!) wir das schaffen, dann könnten wir ab dem 20. April oder spätestens ab Anfang Mai die derzeitigen Beschränkungen nach und nach abbauen, immer vorausgesetzt, dass bei dann möglicherweise wieder steigenden Infektionszahlen die Überlastung der Krankenhäuser sicher verhindert wird.

Um zu entscheiden, was gelockert werden kann und was beschränkt bleiben muss, hilft das juristische Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Welche Beschränkungen sind wirklich erforderlich oder könnten auch durch „mildere Mittel“ abgelöst werden? Welche Beschränkungen sind nicht mehr angemessen, weil Kosten und Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis (mehr) stehen?

Beschränkungen der Lebensqualität und der Wirtschaft, die besonders gravierend sind, die aber für die Infektionsverhinderung weniger bedeutsam sind, sollten zuerst aufgehoben werden, Dinge mit hohem Infektionsrisiko und nicht zentraler Bedeutung für unseren Alltag (z.B. Freizeitveranstaltungen mit tausenden Menschen auf engem Raum) müssen noch länger untersagt bleiben. Dazwischen gibt es viele Zweifelsfälle, über die wir in den nächsten Wochen intensiv diskutieren müssen.

Aus meiner Sicht bedeutet das: Spielplätze, Strände und Parks, Sportboothäfen, Cafes, Restaurants und Geschäfte könnten relativ bald wieder geöffnet werden, wenn durch gesicherten Abstand und Hygiene das Ansteckungsrisiko in Schach gehalten wird.

Wichtig wäre, Kitas und Schulen schnell (ggf. schrittweise) wieder zu öffnen, weil Betreuung und Bildung gerade für Kinder aus benachteiligten Familien besonders wichtig sind und die Eltern dann wieder zur Arbeit gehen könnten – unter welchen Bedingungen das zu verantworten ist, ist sicher eine der schwierigsten Fragen, für die wir guten Rat der Expert*innen brauchen. Dasselbe gilt für die Aufhebung des strengen Kontaktverbotes, das einerseits eine der stärksten Freiheitsbeschränkungen und andererseits eine der wichtigsten Eindämmungsmaßnahmen ist.

Schwierig ist es auch bei Konzerten, Kino, Theater, Sportevents: Für die Veranstalter ist es natürlich eine existenzielle Notlage, wenn diese Aktivitäten noch länger untersagt bleiben, aber die Ansteckungsgefahr ist erheblich und die Einbußen an Lebensqualität vergleichsweise gering. Hier wird gelten müssen: Better safe than sorry – verbunden mit finanziellen Rettungsschirmen.

In der Summe wird die allmähliche Rückkehr des Alltags gewiss die Ansteckungsgefahren erhöhen. Deshalb wird es notwendig sein, an anderer Stelle mehr zu tun oder besser zu werden.

Es braucht einen Strauß weiterer Maßnahmen, die unseren Alltag nicht so stark beeinträchtigen, aber mithelfen, schweren Erkrankungen und Todesfälle niedrig zu halten:

– Weiterer Ausbau der Testkapazitäten und noch schnelleres Ermitteln und Isolieren von Infizierten und Verdachtsfällen

– Freiwilliges Verwenden von Mund- und Nasenschutz und der neuen Tracking-App, mit der Kontaktpersonen von Infizierten schnell informiert werden können

– Beschaffung ausreichender Schutzausrüstungen (Masken etc.) für Krankenhäuser, Arztpraxen, Alten- und Pflegeheime

– Ermittlung von immunisierten Menschen durch Antikörpertests

– Die Verbesserung der medizinischen Behandlungsmöglichkeiten aufgrund der gegenwärtigen weltweiten Erfahrungen und Forschungen, evt. Einsatz von existierenden Medikamenten auch bei Covid-19-Patienten

All das macht deutlich:
Es besteht Grund zu vorsichtigem Optimismus; wie schnell wir Beschränkungen aufheben können, hängt von vielen unsicheren Faktoren ab, besonders aber von unserer Bereitschaft, weiter unseren individuellen Beitrag zur Eindämmung der Infektionen zu leisten.

Es gibt nicht den einen, glasklaren Weg aus der Krise. Expertenrat ist wichtig, aber in den nächsten Wochen müssen wir als Gesellschaft auch eine politische Diskussion führen, welches der beste Weg ist. Dieser Post ist mein kleiner Beitrag dazu.

Was meint Ihr dazu?” Ende des Zitats.

(Foto: Susanne Jutzeler)

Weiterlesen:

https://www.facebook.com/ulf.kaempfer

https://www.kn-online.de/Kiel/Corona-in-Kiel-Ulf-Kaempfer-fordert-Debatte-ueber-Lockerung-der-Einschraenkungen

Sonne am Corona Himmel

Sonne am Corona Himmel

Gastbeitrag. Man kann derzeit schon in eine depressive Gemütslage kommen bei all den Meldungen über die derzeitige Stimmung in den Medien. Schön ist immer noch der Einkauf auf dem Wochenmarkt. Die Menschen wissen das beste aus der Zeit zu machen und verhalten sich entsprechend der vorgegebenen Regeln.

Das Schöne ist der autofreie Wochenmarkt. Um größere Abstände zwischen den Ständen zu erreichen, sind die freien Parkplätze entfernt worden. Das hat das Ende es ewigen Hupens um das Wetteifern um den begehrten Parkplatz zur Folge. Wo auch immer, eine Ruhe, eine Entschleunigung ist zu vernehmen.Beim Radeln die Holstenstraße hoch sah ich dieses Schild. Stellt doch ein Schelm eine Verbindung zwischen knapper gewordenen Hygiene Artikeln und dem Trend der Privatisierung im Gesundheitswesen her und bekennt sich dann auch noch zur Occupy Kiel Bewegung. Sehr viel Wahres dran.

Der nächste Sonnenstrahl trifft das geschlossene Primark Gebäude. Sicher sind derzeit fast alle Geschäfte in der Holstenstraße geschlossen, aber diese Schließung gibt besonders den Herstellern und der sozialen Umgebung in den Urspungsländern Hoffnung. Vielleicht besinnt sich auch dieser Konzern auf seine Verantwortung, ein erneutes Aufflammen der Krise nach Lockerung der Maßnahmen durch globale Gerechtigkeit zu verhindern, dieser Konzern hat die Möglichkeiten dazu.

Ein bewundernswertes soziales Engagement ist vor der (Kaiser-) Treppe des Bahnhofes zu beobachten: Eine Suppenküche von Edeka Ristow aus Mönkeberg versorgt hungernde Menschen. Und endlich keine Frage nach dem Bedürftigkeits-Beschied mehr. Der Einzige , der nach dem Preis der Speisung fragt, wird mit den Worten: „was es dir wert ist“ bedient.

Ich finde, wir brauchen Gedanken über den Wert von Lebensmitteln und das Wort „Lebensmittel“ einmal ganz langsam und ruhig aussprechen. Wenn wir die Praxis in Orten wie Kampen auf Sylt, Ischgl in Österreich und dem Fürstentum Monaco,in denen große Mengen der hochwertigsten Lebensmittel immer noch vernichtet werden mit den auf tragische Weise geschlossenen Tafeln vergleichen, in denen immer noch Speisen gegen Bedürftigkeits Bescheid abgegeben werden, so komme ich zu dem Schluß, das Lebensmittel IM DURCHSCHNITT kostenfrei sind.

Der Markt bestimmt ganz sicher den Preis nicht, nur die Konzerne mit Werbung und Preis-Manipulation durch Vernichtung setzen ihren maximalen Profit durch. „No need for gread or hunger“, dichtete mal ein berühmter Komponist. Auch hier gilt es, aus der Krise zu lernen und uns bereits jetzt auf ein künftiges Verhalten zugunsten der uns von der Erde nur überlassen Lebensmittel-Produktion ein zustellen.

Keine beatmungsgeräte?
Keine Beatmungsgeräte, Krankenhäuser privatisiert: Zusammenhang?

Alle diese Beobachtungen können, wenn es denn ein erfreuliches Leben nach der Krise gibt, zum Denken und Verändertem Handeln Anlaß sein, wenn der Einzelne möchte

von Ulrich Hühn

Kieler Helden: Versorgung in der Coronakrise

Die Initiative Kieler Helden hat sich vorgenommen, Personen, die zur Zeit wegen der Coronakrise nicht einkaufen können, mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Lebens zu versorgen – ein Unterfangen mit einer nicht ganz einfachen Logistik. Morgen wird die Website wahrscheinlich freigeschaltet für die ersten Bestellungen. Freiwillige können sich schon seit einigen Tagen registrieren, 160 haben das schon getan (Stand heute nachmittag).

Die Initiator*innen sind Leute, die einen Schreibtisch im Co-Working Büro Fleet 7 gemietet haben. Sie arbeiten im Marketing, im Public Relations, in der Informatik oder in der Politik. Heute liegt das Projekt in den letzten Zügen. Der Stapellauf ist für morgen, den 1. April geplant, sagt die Sprecherin Theresa Leinkauf.

Wie bestellt man auf Kieler Helden?

Die Bestellung läuft wie in einem Online-Shop. Man sieht eine Liste mit Artikeln und maximalen Preisen. Die Artikelangaben werden einfach gehalten, 500 Gramm Spagetti oder Kilo Bananen. Es wird also keine Möglichkeit geben, eine bestimmte Marke zu wählen. Rückgaberecht gibt es auch nicht. Aber dafür wird kostenlos geliefert – von den Freiwilligen. Die Ware wird im kooperierenden Einzelhandel eingepackt.

Wie wird bezahlt?

Wie in einem Online-Shop mit Konto- oder Kreditkarte. Die Initiative bastelt aber auch an einer Möglichkeit, auf Rechnung zu bestellen, weil viele Senior*innen mit den technischen Anforderungen der Online-Bezahlung nicht klar kommen oder kein Vertrauen haben. Bei Bezahlung auf Rechnung müsste aber ein Lieferschein unterschrieben werden, was wegen der Kontaktsperre gerade vermieden werden soll. Aus dem gleichen Grund wird keine Barzahlung möglich sein. Es soll anderseits auch möglich sein, für andere zu bestellen, etwa wenn du betagte Verwandte in Kiel hast, die nicht selber bestellen können.

Knotenpunkt der Logistik ist der Hörnparkplatz

Die Bestellungen werden von den kooperierenden Einzelhandelsunternehmen eingepackt und zur Logistikzentrale auf dem Hörn-Parkplatz (Nähe Hörnbad) gebracht. Von dort holen sich die Freiwilligen die Pakete und stellen sie den Empfänger*innen vor die Tür. Die Pakete werden nach Postleitzahlen vorsortiert . Gerne können auch Freiwillige mit Fahrrad , besser noch Lastenfahrrad hier mitmachen. Ein eigenes Auto ist natürlich noch praktischer.

Das könnte ein große Sache werden, die wirklich hilfreich ist für Menschen, die aufgrund ihres Alters, einer Vorerkrankung, wegen Quarantäne oder aus Gründen gerade nicht für sich selber einkaufen können.

Weiterlesen: https://www.kielerhelden.de/

Versorgungszaun für Obdachlose

Corona-Update 29.März

Am Freitag erreichte die gemeldete Anzahl an Corona-Infektionen die Zahl 100. Das sind etwa doppelt so viele als vor einer Woche und 26 mehr als am Vortag. Todesfälle wegen Corona gab es noch nicht in Kiel. Wie viele Infizierte mittlerweile wieder geheilt sind, wird statistisch nicht erfasst.

Als ich am Freitag Nachmittag in der Kieler Innenstadt unterwegs war, zeigte sich mir eine fast ausgestorbene Stadt. Alle Cafés und Restaurants geschlossen, wenig Menschen unterwegs. Vor einer Eisdiele beobachtete ich dann doch eine Menschenschlange. Insgesamt hat sich das öffentliche Leben aber von der Straße weitgehend zurückgezogen.

Für Aufregung sorgte eine positiv getestete Mitarbeiterin der Frühchen-Station am Städtischen Krankenhaus. Wegen diesem Vorfall wurde die Geburtshilfe vorübergehend geschlossen. Ein Krisenstab ermittelte Kontaktpersonen, die zum Glück negativ getestet wurden. Am Montag Nachmittag wird die Geburtshilfe wieder öffnen dürfen. KN-Bericht.

Eine Initiative namens Kieler Helden, bei der selbstverständlich auch Frauen mitmachen dürfen, befindet sich im Aufbau. Es geht darum, dass die Held*innen für Leute einkaufen gehen, die das zur Zeit nicht selber können. Zielgruppe sind Personen, die unter Quarantäne stehen oder zu einer Risikogruppe gehören oder als medizinisches Personal keine Zeit zum Einkaufen haben. Wer gerne als Helfer*in mitmachen möchte, kann sich jetzt schon melden: www.kielerhelden.de. Eingekauft wird beim Kieler Einzelhandel, dafür wird zur Zeit eine komplizierte Logistik aufgebaut. Ganz unkompliziert läuft dagegen in vielen Fällen die Nachbarschaftshilfe unter Leuten, die sich kennen.

Versorgungszaun für Obdachlose

(Nachtrag von 27. März: Die Spendensammlung an der Hörnbrücke wurde im Auftrag der Stadt beendet. )

Zur Zeit verwandelt sich der Zaun an der Hörnbrücke zu einer Spendensammlung für Obdachlose: der Versorgungszaun. Als ich heute um etwa 12 Uhr vorbeischaute, bot sich mir folgendes Bild: Vor dem Zaun lagen Plastiksäcke und Tüten, teils waren sie auch am Zaun festgebunden. In einem steten Strom brachten Leuten Spenden oder nahmen sie mit. Die Obdachlosen nehmen dieses Angebot an.

Das Foto zeigt zwar eine eher menschenleere Szene, das lag aber daran, dass ich keine Obdachlosen fotografieren wollte. Die Frau auf dem Foto ist eine Freiwillige, die hier regulierend eingreift. Sie achtet darauf, dass alles ordentlich aussieht, sortiert verschimmelte Lebensmittel aus und schickt Leute, die Kleidung bringen, wieder fort.

Im Gespräch mit dieser Freiwilligen und einigen Obdachlosen verschaffte ich mir einen Eindruck, welche Art von Spenden erwünscht sind:

  • An erster Stelle stehen Hygiene-Artikel. Die Obdachlosen freuen sich sehr über Duschgel, Creme, Zahnbürste, Zahnpasta, und nehmen auch gerne eine Rolle Klopapier.
  • An zweiter Stelle stehen Lebensmittel, die direkt gegessen werden können, vor allem Obst, aber auch Brötchen oder Weißbrot .
  • Dosensuppen werden gerne genommen! Ich lernte, dass sich viele Obdachlose auf dem Campingkocher etwas warm machen.

Kleidung soll nicht mehr gebracht werden. Auch eher ungünstig sind Butter und Aufschnitt und alle Artikel, für die man einen Kühlschrank bräuchte.

Dank der freiwilligen “Ordner” sieht alles tagsüber sehr geregelt aus. Nachts würden dann die Junkies kommen, und danach würde es wie ein Schlachtfeld aussehen. Da waren sich meine Gesprächspartner*innen einig, ich selber habe es nicht überprüft.

Auf dem Weg durch Kiel sprach ich mit einigen Bettlern, die von dieser Spendensammelstelle nichts wussten. Erzählt es weiter! Wichtig ist aber, sich klar zu machen, dass Obdachlose und Bettler*innen noch andere Bedürfnisse haben, für die sie Geld brauchen.

Das Ordnungsamt duldet diesen Versorgungszaun. In der Corona-Krise, wo die Tafeln geschlossen haben und weniger Menschen unterwegs sind, die mal etwas Kleingeld in den Hut werfen würden, kann diese spontan entstandene Spendenaktion die Not lindern.

Demonstration – einmal anders

Die Kieler Initiative tkkg ruft zu einer anderen Art von Demonstration auf. (Pressemitteilungen spiegeln nicht den Standpunkt von kielaktuell. ) Hier eine gekürzte Version der Pressemitteilung:

Kiel // Samstag 28.03.2020 // 14:00 bis 15:00 Uhr: Schilder-Wald: In Soli(t)darity we stand – einzeln, aber nicht alleine

Gründe zum demonstrieren gibt es in diesen Zeiten genug: Im griechischen
Flüchtlingslager Moria werden Menschen zu zehntausenden unter
furchtbaren Zuständen festgesetzt, in Deutschland werden Grundrechte
eingeschränkt, durch Quarantäne steigt die häusliche Gewalt, tausenden
Kulturschaffenden droht der Bankrott, Missstände im Gesundheitssystem
zeigen sich besonders deutlich…

Gleichzeitig sind unsere herkömmlichen Protest-Möglichkeiten stark
eingeschränkt. Deswegen müssen wir neue Wege finden miteinander gegen
Missstände vorzugehen – ohne dabei das Risiko einer Ansteckung
einzugehen. Lasst uns dazu Kiel mit Schildern und Transpis fluten –
diesen Samstag von 14 bis 15 Uhr vom Vinetaplatz bis zum Alten Markt.
Stellt euch alleine oder zu zweit mit eurer Botschaft auf. Um
aufzufallen, eignen sich Pappschilder, Transpis, Symbolkleidung, Kreide,
Straßenmusik uvm. Lasst Passant*innen genügend Raum vorbeizugehen,
haltet Abstand zum nächsten Schilder-Duo und packt euch was vor den
Mund, um Andere nicht anzuhusten.

Es braucht dafür keine Versammlungsanmeldung. Rechtlich gesehen wärt ihr
erst ab drei Personen eine Versammlung.

Sorgen wir gemeinsam dafür, dass selbst in Krisen-Zeiten der Kampf für
ein solidarisches, gutes Leben für alle weiter geht!

Uns ist eine emanzipatorische, kapitalismuskritische und solidarische
Ausrichtung des Protests wichtig. In dieser Krise passiert so vieles, so
schnell – was vor ein paar Wochen noch nicht mal denkbar gewesen wäre,
wird jetzt ohne zu zögern umgesetzt. Warum nicht also jetzt anfangen
unsere Utopien umzusetzen?

Hier eine Liste unserer Ideen frei zum ergänzen:

Bedingungsloses Grundeinkommen: Sowas ist schon lange überfällig. Die
Krise könnte eine Gelegenheit sein es über mehrere Monate hinweg zu
erproben. Und es wäre eine schnelle, unbürokratische Hilfe für all jene,
die gerade darum bangen, wie sie in nächster Zeit ihr Essen bezahlen
sollen:
https://www.change.org/p/finanzminister-olaf-scholz-und-wirtschaftsminister-peter-altmaier-mit-dem-bedingungslosen-grundeinkommen-durch-die-coronakrise-coronavirusde-olafscholz-peteraltmaier
Es sollte selbstverständlich auch für Menschen verfügbar sein, die
gerade aus allen anderen Finanz-Hilfen rausfallen: Illegal arbeitende
Sexarbeiter*innen, illegalisierte Flüchtlinge und andere:
https://www.hydra-berlin.de/aktuelles/

Gesundheitssystem stärken: Krankenhauspersonal muss ein angemessenes
Gehalt verdienen. Dann muss auch niemand durch ein neues
Infektionsschutzgesetz zu dieser Arbeit gezwungen werden. Krankenhäuser
und das Gesundheitssystem sollten allen unabhängig von ihren
finanziellen Mitteln zur Verfügung stehen – deswegen sollten wir sie aus
dem Markt rausnehmen.

Flüchtlingslager auflösen: Die Situation in Flǘchtlingslagern war schon
vorm Ausbruch von Corona untragbar. Diese Lager sollten so schnell wie
möglich evakuiert werden und die Flüchtlinge in leerstehenden Wohnungen
untergebracht werden. Warum gibt es Rettungsflüge für Tourist*innen,
aber nicht für Flüchtlinge?
https://seebruecke.org/news/gesundheitsversorgung-sicherstellen-lager-aufloesen-menschen-und-ihre-rechte-schuetzen/

Solidarische Nachbar*innenschaft: Unterstützt Menschen, die zur
Risikogruppe gehören, durch Einkäufe und haltet digitalen Kontakt
zueinander. Seid aufmerksam in eurer Nachbar*innenschaft und unterstützt
Menschen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind:
https://www.frauenhauskoordinierung.de/aktuelles/detail/pressemeldung-auch-frauenhaeuser-und-fachberatungsstellen-von-corona-krise-betroffen/

Zukünftige Krisen verhindern: Wir müssen raus aus Kohle und Atom –
jetzt! Stattdessen muss die dezentrale, erneuerbare Energieversorgung
massiv ausgebaut werden. Flugzeuge direkt am Boden und Kreuzfahrtschiffe
in den Häfen lassen. Autofreie Innenstädte gerade jetzt, damit im Freien
Platz bleibt, um Abstand zu halten. Klimaschutz sollte ist wichtiger als
die kapitalistische Wirtschaft. Wenn wir es nicht schaffen die
Co2-Emissionen zu senken, dann drohen uns bald die nächsten Kipppunkte
und Krisen: Youtube: Volker Quaschnig – Was kollabiert noch alles nach
Corona? https://www.youtube.com/watch?v=6V-C5q4VxEI

Wohnraum für alle: Es kann nicht sein, dass Menschen auf der Straße
leben und dort wegen des Kontaktverbots neuerdings vertrieben werden,
während Wohnraum leersteht. Leerstehende Wohnungen und Hotelzimmer
sollten Obdachlosen zu Verfügung gestellt werden. Bei drohender
Quarantäne sollte Leerstand auch für Menschen verfügbar sein, die es
nicht bei ihrer Familie oder in ihrer Wohngemeinschaft aushalten.

Corona-Update 23. März

Gestern kurz nach 17:30 trat die Bundekanzlerin vor die Presse und verkündete, was bei einem Schaltgespräch mit den Ministerpräsidenten verabredet worden war. Man hat sich auf ein synchronisiertes Handeln geeinigt: Es soll keine Ausgangssperren geben, aber dafür weitere Beschränkungen des öffentlichen Lebens.

Angela Merkel sprach von einer besorgniserregenden Ausbreitung des Virus. Sie dankte der Bevölkerung für die Bereitschaft zu Verzicht und Opfer. Sie bezeichnete das eigene Verhalten der Menschen als wirksamstes Mittel gegen die Verbreitung des Virus.

Die ausführliche Beratung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten haben zu folgenden weiteren Leitlinien geführt:

  • Ansammlungen mit mehr als zwei Personen sind künftig verboten. Ausgenommen: Mitglieder eines Hausstandes.
  • Das Haus darf nicht ohne triftigen Grund verlassen werden. Sport und Spaziergänge gelten als triftige Gründe.
  • Frisöre, Massagepraxen und Kosmetikstudios müssen schließen.
  • Restaurants sollen geschlossen werden, nur Takeaway zum Abholen oder Liefern ist erlaubt.(Diese Regelung galt in Schleswig-Holstein schon.)
  • Ein Mindestabstand von 1,5 bis 2 Metern soll zu anderen Menschen eingehalten werden. Ausgenommen: Mitglieder eines Hausstandes.
  • Ausführlich nachzulesen hier: Bundesweite Regelung gegen die Pandemie

Für die zahlreichen kleinen Unternehmen soll es Zuschüsse geben. Die Industrie- und Handelskammer SH informiert: Coronavirus/ Finanzierungshilfen

Die Kieler Krankenhäuser bereiten sich auf die Pandemie vor. Aktuell werden an der Lubinus-Klinik zusätzliche Kapzitäten geschaffen für Corona-Patienten, die intensiv-medizinisch behandelt werden müssen und auch für Patienten, die lediglich isoliert behandelt werden müssen. https://www.kn-online.de/Kiel/Kiel-Lubinius-Klinik-bekommt-eigene-Intensivstation-fuer-Corona-Patienten

Heute um 19 Uhr lag die Zahl der mit dem Covid-19-Virus Infizierten in Kiel bei 51.

Diese Warnung steht auf der Stadt-Seite (kiel.de): “In ganz Deutschland sollen Leute in Schutzkleidung unterwegs sein, die sich als Mitarbeiter*innen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes ausgeben und sich so unrechtmäßig Zutritt zu den Wohnungen verschaffen. Bitte machen Sie auch andere darauf aufmerksam. “
 

Kiel fährt runter, wegen Corona-Krise

Heute hatte ich Wichtiges in Kiel zu erledigen und sah mich bei der Gelegenheit einmal in der Innenstadt um. Und war beeindruckt von der Disziplin der Kieler*innen im Umgang mit der Corona Krise.

Insgesamt war wenig los. Die meisten Leute bleiben wegen der Corona-Krise tatsächlich zu Hause, sofern sie nicht auf der Arbeit sind. Die Busse waren fast leer, sogar die zentrale Linie 11. Die wenigen Menschen an den Bushaltestellen hielten die empfohlenen 1,5 Meter Abstand. Ich sah nur wenige Paare oder Dreiergruppen, die nah beieinander standen . Innerhalb von zwei Stunden sah ich vielleicht vier solcher Konstellationen und vermute, dass es sich um Personen handelt, die im gleichen Haushalt leben und für die die Abstandsregeln nicht gelten.

Im Bahnhof verkaufen die Bäckereien , Schnellimbisse und das Restaurant Sultan’s Speisen nur als Takeaway.

Die Holstenstraße habe ich noch nie so menschenleer gesehen, was kein Wunder ist, da fast alle Geschäfte geschlossen sind.

Nächste Station: Der Bioladen Erdkorn hinter dem Sophienhof. Mit bemerkenswerter Disziplin vollziehen die Kund*innen an der Gemüseauslage das Anderthalb-Meter-Abstands-Ballet. Vor der Kasse markieren Streifen den zu haltenden Abstand. Hier im Erdkorn gibt es übrigens auch noch Klopapier!

Der Sophienhof war überraschenderweise geöffnet. Allerdings waren alle Geschäfte geschlossen, mit Ausnahme von Supermärkten, Drogerien, Zeitungsladen, Optiker und der Confiserie Arko.

Überall wird man gebeten, möglichst mit der Girokarte zu zahlen.

Der innerstädtische Verkehr erscheint mir schon geringer, aber ich hatte eine größere Reduzierung erwartet. Kann es sein, dass viele Leute, die sonst mit dem Bus gefahren wären, jetzt das Auto nehmen, weil es hygienischer ist?

Mein Eindruck: Das Krisenbewusstsein ist in Kiel angekommen. Die meisten Leute achten auf physischen Abstand, zum eigenen Schutz und zum Schutz anderer.

Ob Schleswig-Holstein wie manche andere Bundesländer eine Ausgangssperre verhängt, wird auch vom freiwilligen Verhalten der Bürger abhängen. Das erklärt dieser Artikel von t-online: Ausgangssperre in Schleswig-Holstein bisher nicht geplant

(Das Foto zeigt den menschenleeren Asmus-Bremer-Platz.)

Medusa bittet um Spenden

Mit einer coolen Gutschein- gegen-Spenden-Aktion ruft das Gaardener Kulturzentrum Medusa um Unterstützung. Hier die Pressemitteilung:

Moin,
aufgrund der aktuellen Lage mußten auch wir unseren Laden bis auf weiteres schließen. Ob, wann und wie viel staatliche Unterstützung Locations wie wir erhalten, ist noch völlig offen.
Für kleine Läden wie uns gibt es keine Möglichkeiten, Rücklagen zu bilden, da wir im Normalbetrieb immer am finanziellen Limit arbeiten bzw. oft auch darunter. Bei dem aktuellen Umsatzausfall von 100% benötigen wir sehr dringend und kurzfristig finanzielle Unterstützung. Deswegen hoffen wir auf eure Hilfe und Solidarität. Jede Spende könnt ihr in einen entsprechenden Gegenwert eintauschen (Konzerttickets, Getränke, usw.), sobald es weitergeht. z.B.:

10€ Spende = 1 Konzert im Wert von 8€ + 1 Getränk im Wert von 2€
50€ Spende = 5 Konzerte im Wert von 8€ + 5 Getränke im Wert von 2€
250€ Spende = 1 Privatveranstaltung (Geburtstag, Hochzeit usw.)
500€ Spende = 1 Privatveranstaltung (Geburtstag, Hochzeit usw.) + Candle-Light Dinner mit dem Chef
1000€ Spende = Medusa-Platin-Card (alle Veranstaltungen + Getränke für 1 Jahr frei)

Wir sind dankbar für jede Unterstützung
Wenn ihr das hier teilt, wär das natürlich super…

Bleibt gesund und bis die Tage

Euer Medusa-Team

Förde Sparkasse Kiel
IBAN: DE12 2105 0170 1003 6630 18
BIC: NOLADE21KIE
Zweck: Medusa-Hilfe

oder hier mit PayPal:

https://www.paypal.com/cgi-bin/webscr?cmd=_s-xclick&hosted_button_id=JCUEUYJ3X2NKA&source=url

Bitte diese Petition unterschreiben

https://www.openpetition.de/petition/online/hilfen-fuer-freiberufler-und-kuenstler-waehrend-des-corona-shutdowns-2?fbclid=IwAR0ywya0yNJBXTiJwstfV1Ql2sBBesJ4emvD2R4eC_HjQTOse0eGZpk_HzY

Hier ein Bericht über die Eröffnung 2014

Coronavirus: viele Geschäfte sollen schließen, Tourismus endet

Heute Nachmittag beschloss die Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Verlangsamung der Ansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus. Die schleswig-holsteinische Landesregierung will diese Beschlüsse so schnell wie möglich umsetzen. Die Maßnahmen betreffen vor allem den Tourismus und den Einzelhandel.

Viele Geschäfte sollen schließen, andere dürfen auch sonntags öffnen

Geschäfte, die der Versorgung mit Lebensmitteln oder mit Gütern des täglichen Gebrauchs dienen, dürfen auch sonntags geöffnet bleiben. Das sind der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte und der Großhandel und seltsamerweise auch Frisöre. Diese Geschäfte dürfen zwar auch sonntags öffnen, sollen aber die Zahl der Kundschaft beschränken und besondere Hygienemaßnahmen umsetzen. Alle Geschäfte, die nicht zu den oben aufgelisteten Kategorien gehören, sollen dagegen schließen.

Der Tourismus wird beendet

Alle Touristen sollen bis Mittwoch ihre Pensionen und Hotels verlassen. Ausnahme: Geschäftsreisende und Einsatzkräfte. Auch Campingplätze schließen. Die Beförderung in Reisebussen wird eingestellt werden.

Restaurantbetrieb eingeschränkt

Restaurants dürfen von 6 bis 18 Uhr Gäste bewirten. Sie sollen dabei bestimmte Abstände der Tische beachten und die Kontaktdaten der Gäste notieren, damit eventuelle Infektionsketten zurückverfolgt werden können.

Diese Maßnahmen gelten zusätzlich zu den schon installierten Beschränkungen!

Heute (Stand 15:40 Uhr) gibt es in Kiel 17 bestätigte Corona-Infizierte.

Wirtschaftsminister (SH) Buchholz sagte:” Wir werden erhebliche Hilfen leisten, damit die Betriebe nicht in eine geschäftliche Schieflage geraten.” (Zitat NDR). Denn gerade für Inhaber geführte Geschäfte kann eine vorübergehende Schließung schnell die Existenz bedrohen.

In Frankreich gelten mittlerweile Ausgangssperren. So weit sind wir in Deutschland noch nicht. Kiel hat möglicherweise auch das Glück, dass die Maßnahmen greifen, bevor es sehr viele Infektionen gibt.

Ich höre immer mit großem Interesse die Podcasts mit Christian Drosten, Professor an der Charité in Berlin. Heute betonte er, dass die die Ausbreitung der Infektionen noch eher gering ist. Das gibt die Chance, die neuen Verhaltensweisen einzuüben.

Weiterlesen:

NDR : Coronavirus: Viele Geschäfte geschlossen, Tourismus gestoppt https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Coronavirus-Viele-Geschaefte-dicht-Tourismus-gestoppt,corona832.html

Podcast mit Professor Drosten https://www.ndr.de/nachrichten/info/14-Vorsicht-vor-Vereinfachungen-,audio653978.html

(Bild von Gerd Altmann auf Pixabay)