Bei der letzten Kommunalwahl trat Dr. Samet Yilmaz für den Stadtteil Gaarden an. Damals reifte in ihm erstmals der Gedanke, sich eines Tages um das Amt des Oberbürgermeisters von Kiel zu bewerben.
Verwurzelt in Gaarden
Yilmaz ist in Gaarden aufgewachsen – als Kind türkischer Einwanderer. Er kennt die Herausforderungen des Stadtteils aus eigener Erfahrung: Bis 1990 lebte seine sechsköpfige Familie auf nur 50 Quadratmetern am Theodor-Heuss-Ring. Trotz dieser ärmlichen Herkunfts-Verhältnisse gelang ihm ein beeindruckender Bildungsweg: Promotion und eine leitende Position als Referatsleiter im Landtag. „Gaarden hat mir viele Chancen gegeben, ich möchte etwas zurückgeben“, sagt er.
Ein Grüner mit eigenem Profil
Yilmaz beschreibt sich als eher untypischen Grünen. Als er 2005 sein erstes Praktikum bei der Partei absolvierte, empfand er sie als „zu öko“ und konnte die starke Fokussierung auf das Thema Kernkraft nicht ganz nachvollziehen. Dennoch erkennt er bei den Grünen viele kommunalpolitische Themen, die ihm besonders am Herzen liegen.
Politik mit den Menschen
Sein Programm entwickelte Yilmaz im Dialog mit Bürgern. Auch im persönlichen Gespräch zeigt sich sein Interesse an den Menschen: Er fragte mich, ob ich mich in Kiel sicher fühle, ob ich mir ein Bauprojekt im eigenen Garten vorstellen könnte und welche Klimaschutzmaßnahmen ich mir wünsche.
Auch wenn ein Oberbürgermeister an die Vorgaben der Ratsversammlung gebunden ist, hat er doch einen großen Einfluss auf die Stadtpolitik. Ich war deshalb neugierig, mehr über seine Vorstellungen zu bestimmten Themen zu erfahren.
Ökologische Mobilität
In Kiel sind rund 111.000 Pkw zugelassen – für Yilmaz eindeutig zu viele. Er setzt allerdings auf attraktive Alternativen statt Verbote: Stadtbahn, Bus, Rad- und Fußwege sollen ausgebaut werden. Vom Abbau von Parkraum hält er nichts. Er ist überzeugt: Wenn die Angebote stimmen, lassen viele ihr Auto freiwillig stehen. Gleichzeitig erkennt er an, dass das Auto in bestimmten Situationen unverzichtbar bleibt.
Stadtbild: Mehr Grün
Yilmaz wünscht sich mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum – mit zusätzlichen Bäumen und grünen Oasen. Die Holstenstraße könnte seiner Vorstellung nach ein „Wohnzimmer für alle“ werden, mit kulturellen Veranstaltungen, die Menschen in die Innenstadt locken. Dabei ist ihm bewusst, dass das Internet das Einkaufsverhalten grundlegend verändert hat.
Bildung und Kultur
Außerschulische Angebote sollen erhalten bleiben, auch wenn der Ganztagsbetrieb an Schulen sie unter Druck setzt. Yilmaz plädiert für stärkere Kooperationen zwischen Schulen und Vereinen, etwa bei der Nutzung von Sporthallen. Ein weiteres Anliegen ist ihm der sichere Schulweg – durch bessere Beleuchtung und klar markierte Übergänge.
Die Investitionen in Schulen, die von der Ratsversammlung angestoßen wurden, möchte er fortführen. Auch Jugendtreffs sollen gestärkt werden. Das Ehrenamt sieht er als tragende Säule der Gesellschaft. Er würde sich wünschen, dass der öffentliche Dienst Freistellungen für ehrenamtliches Engagement ermöglicht. Menschen, die sich für Kultur, Sport oder Soziales einsetzen, verdienen seiner Meinung nach mehr Anerkennung, dafür würde er sich als Oberbürgermeister einsetzen.
Wohnungsbau mit Familienblick
Wie alle Kandidierenden setzt sich Yilmaz für mehr Wohnraum ein – durch neue Baugebiete, etwa im Kieler Süden, und Nachverdichtung im Bestand. Besonders hebt er den Mangel an größeren Wohnungen hervor. Als Vater von drei Kindern kennt er die Bedürfnisse von Familien aus eigener Erfahrung.
Er begrüßt den „Bauturbo“ der Bundesregierung und wünscht sich für Kiel den Hamburger Baustandard (KfW 55), der weniger streng ist als der Kieler. Ökologische Standards sind ihm dennoch wichtig – als Beitrag zum Klimaschutz.
Niemanden zurücklassen
Im Gespräch über Gaarden nennt Yilmaz konkrete Lösungsansätze:
- bessere soziale Durchmischung der Stadtteile
- eine Drogenhilfeeinrichtung nach Lübecker Vorbild, eventuell im ehemaligen Förde-Radiologikum
- öffentliche Toiletten wie auf dem Westufer
Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel
Verpackungsarme Festivals möchte Yilmaz weiter fördern. Generell setzt er auf Umweltbildung und Sensibilisierung statt auf Verbote. Beim Thema Schottergärten etwa will er nicht regulieren, sondern den Mehrwert bepflanzter Vorgärten aufzeigen.
Zum Abschluss unseres Gesprächs sagte er:
„Ich stehe für ein sicheres, soziales und starkes Kiel.“
Beitragsfoto: Unser Treffen fand im Statt-Café statt.
Nach diesem Gespräch erschien ein Artikel im Nachrichtenmagazin Der Spiegel, der eine mediale Wallung auslöste. Der Anlass war vergleichsweise nichtig, zumindest soweit man es weiß. Das sind die bekannten Fakten, über die der NDR und die Kieler Nachrichten berichteten: Im Juni veranstaltete ein türkischer Kulturverein den Türkischen Tag im Werftpark in Kiel. Möglicherweise beteiligten sich türkische Rechtsextreme an den Aktivitäten, was aber nicht sicher ist. Das Fest war von der Verwaltung genehmigt. Der Verein wollte den Abbau der Zelte einen Tag später als vereinbart machen, aber wegen der Feiertage erreichten sie niemanden in der Verwaltung. Der Verein wandte sich an Yilmaz, damit er sich in seiner Funktion als Kieler Ratsherr für ihr Anliegen einsetzt. Yilmaz kam dieser Bitte nach, rief beim Grünflächenamt und bei der Umweltdezernentin Alke Elisabeth Voss an, und hinterließ eine Sprachnachricht. Mein Fazit: Es war ein Sturm in der Teetasse!
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